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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


33. Oddnys Trauer

Nun kamen sie nach Holm. Kalf ging in das Frauengemach zu Thordis, der Frau Björns, und verkündete ihr den Tod Björns, Und hier ist", fuhr er fort," ein Halsband in Empfang zu nehmen, das er an sich trug." Sie nahm den Halsschmuck und frug, ob Thord da wäre. Kalf sagte, er sei zur Stelle. "Ich will doch mit ihm sprechen," sagte sie. Sie ging aus dem Gemach zu Thord, warf ihm den Schmuck zu und sagte, er solle ihn seiner Frau Oddny zur Erinnerung bringen. Darauf ritten sie talabwärts nach Hausfeld, wo Dalk zurückblieb.

Thord aber ritt weiter nach Feld, und da war Arngeir, Björns Vater, gerade heimgekommen. Thord sagte ihm und seiner Frau, was geschehen war. Diese war draußen und wusch einem Kinde das Haupt. Thord löste das Haupt Björns vom Sattel



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und warf es der Thordis, Björns Mutter, zu. Er rief, sie solle es ansehen, ob sie es wiedererkenne, und fügte hinzu, es wäre mindestens ebenso notwendig dies Haupt zu waschen als das, was sie eben gewaschen habe. Thordis entgegnete: "Gewiß kenne ich das Haupt, und dir ist es sicher auch bekannt. Hast du doch oft genug vor eben diesem Haupte gebebt, als es noch auf dem Rumpfe saß. Geh' nun und bringe es der Oddny. Besser wird ihr dies erscheinen als das kleine unansehnliche Haupt, was auf deinem Halse klebt."

Thord ergrimmte über ihre Rede, ließ Björns Haupt dort und ritt heim nach Hitachkap. Er sagte Oddny, was geschehen war, und brachte ihr Björns Halsband. Da sie es sah, sank sie zurück und wurde bewußtlos. Als aber die Schwäche sie verließ, da verfiel sie in Siechtum und großen Lebensüberdruß. Thord versuchte sie auf alle Weise zu trösten und war freundlich gegen sie Aber so verschlimmerte sich ihr Leiden, daß sie von Schmerzen geplagt wurde. Den ersten Winter danach wurden diese besonders heftig. Die größte Beruhigung gewährte es ihr auf dem Rücken eines Rosses zu sitzen, während es Thord auf- und abführte. Das tat er, weil ihm die Sache nahe ging und er sie gern trösten wollte. Darüber aber dichtete Thord diese Weise:



***
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Stets weilt nun im Sattel
Seidespinnerin leidvoll.
Matt und faul das Fohlen
Führ' ich der Walküre.
Gram macht es des grimmen
Gerschafts blut'gem Färber.
Od' ist's doch für Oddny
Auch —elend Gekrauche 1 !

So lebte Thord qualvoll dahin infolge der Unpäßlichkeit seines Weibes, und man sagt, er habe Björn gern wieder am Leben haben wollen, wenn sich dies hätte tun lassen, um die alte Liebe seiner Frau wiederzugewinnen. Ihm schien ein großes



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Unglück über ihn und Björn, überhaupt über sie alle drei hereingebrochen zu sein. Oddny zehrte und härmte sich immer mehr ab. Sie öffnete kaum mehr den Mund. Doch lebte sie noch lange Zeit in diesem elenden Zustande.

Björns verwandte ließen seinen Leichnam holen, und er wurde in Feld beigesetzt, nahe der Kirche, die er nr den Apostel Thomas hatte erbauen lassen. Er wurde begraben mit seinen Gewändern und dem Königsriemen, wie vorher erzählt war.


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