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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


7. Björn und Thord auf den Brenneyjar

Es wird gemeldet, daß Thord Kolbeinsson erfuhr, das Hroi der Reiche, sein Mutterbruder, gestorben sei. Thord hatte ihn zu beerben. Er kaufte nun ein Schiff und gedachte auszufahren, um sich das Vermögen zu holen. Es heißt nun weiter von Thords Fahrt, daß er König Olaf aussuchte. wurde wohl aufgenommen. Er erzählte dem Könige die näheren Umstände seiner Reise. Thorkel war damals dort und führte Thords Sache beim Könige gut, daß jener sein Erbe erhielte. Der König ließ ihm einen Brief an seine Freunde in Dänemark ausstellen und versah ihn mit seinem Siegel. Es waren damals mit Thord zusammen die Söhne Eids, Thorvald und Thord. Auch Kalf der Schlimme war mit dorthin gefahren. Thord hatte eine Drapa auf den König gedichtet. Nun ging er und sagte sie ihm selbst auf. Er empfing vom König einen Goldring, einen bortenverbrämten Pelzrock und ein tüchtiges Schwert.

Thord erkundigte sich im stillen, ob einer von den Männern



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etwas von Björn wüßte. Ihm wurde gesagt, er sei mit vielen Mannen auf der Heerfahrt. Thord hatte ein kleines Schiff. Einige Männer aus Vik waren bei ihm. Im ganzen betrug die Besatzung etwa dreißig. Er kam diesen Sommer nach Röskilde in Dänemark und erhielt einen großen Teil des vermögens, wenn auch manches davon abgesplittert war. Dann fuhr erinit seinen Leuten gegen Ende des Sommers nach Norden , und ihr Kurs ging an Brennö (Brenneyjar)1 vorüber. Das sind viele, damals wenig bewohnte Inseln. Da lagen verschwiegene Buchten. Stets war dort Gefahr vor Wikingern. Es war auch Wald auf den Eilanden. Björn war dort zwischen diesen Häfen hindurchgefahren, und es war schon spät am Tage, als sie zwei Landzungen von den Brenneyjar vorspringen sahen. Die eine hieß Oddaeyr, die andere Thrälaeyr. Da ankerte Björn mit seinen Schiffen.

Am selben Abend kam Thord zu den Inseln und lag dort mit seinem Schiff die Nacht. Da kamen zwei Männer heran und fugen, wem das Schiff gehöre. Ein schnellzüngiger und wenig vorsichtiger Mann sagte, es gehöre Thord Kolbnnsson. Thord sprach: " Du bist ein unbesonnener Mann, sage doch, daß Thorar Weitsegler das Schiff hat." So tat jener. Der Mann von der Insel sprach: "Tut, was ihr wollt, lügt ödet sagt die Wahrheit." Die Männer zogen sich zurück. Es waren Späher Björns gewesen. Dieser lag mit neun Schiffen am anderm Ende der Insel.

Thord sprach, als sie fort waren: "Das müssen Kundschafter von jemand gewesen sein. Ich werde jetzt auf die Insel gehen und sehen, ob ich etwas erkunde. Björn sprach zu Audun, als dessen Männer zurückkamen und über Thord berichteten: "Ich glaube nach dem Bericht das Schiff zu kennen. Es wird Thord gehören, und es fügt sich gut, daß wir uns treffen." Thord ging nun auf die Insel und mit ihm Kalf der Schlimme und einige andere Männer. Da sie ein wenig landeinwärts gekommen waren, sprach Thord: "Geht ihr jetzt zum Schiffe zurück. Ich



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möchte, daß ihr sagtet, ich wäre noch in Dänemark zurückgeblieben, da ich dort nichts von meinem Erbe erhalten hätte — wenn es so kommt, wie ich vermute, daß Björn nicht fern ist und hierherkommt. Ich aber werde mich verstecken."Kalf der Schlimme sagte: "Der Plan mag gut sein, falls man dich nicht findet. Sonst aber wirst du große Schande davon haben. Ich möchte lieber, wir verteidigten unser Leben und unsere Habe, so lange wir können." "Dies ist so doch rätlicher," erwiderte Thord" ,man wird allen Frieden gewähren außer mir." Er ging nun die Insel aufwärts und setzte sich an einem Hügel unter einen Busch und sah zum Schiff hin. Er hatte einen Mantel über seinen Gewändern.

Nun hieß Björn seine Mannen sich waffnen und nach den Kaufleuten sehen. Er meinte, wahr wäre, was zuerst gesagt wurde, Thord Kolbeinsson würde der Herr des Schiffes sein. Sie taten, wie Björn gesagt hatte. Sie gingen zu dem Handelsschiff, und die Besatzung schien führerlos zu sein. Björn frug, wer der Führer des Schiffes wäre. Sie wußten Björn wenig Dank für seinen Besuch und gaben die Auskunft, die Thord ihnen aufgetragen hatte. Björn traute dieser nicht und wollte die Insel durchsuchen. "Die Insel ist klein, und wir werden ihn dort finden, wenn er auf ihr ist." Nun durchsuchten sie erst das Schiff und fanden ihn nicht. Darauf gingen sie auf die Insel, und es waren ungefähr zweihundert Mann auf der Suche. Und da Björn und seine Leute dorthinkamen, wo Thord saß, sprang er auf und grüßte Björn friedlich. "Hier bist du also, Thord," sagte Björn, "und nicht in Dänemark. Warum sitzest du hier so geduckt: Erzähle uns Neues aus Island. Lange waren wir nicht bei einander." Ich kann viel erzählen, sagte Thord. " warst du im Winter:" Thord antwortete dem Björn. Er sprach: "Beim Norwegerkönige." Björn frug: "Wo im Land hielt sich der König auf?" "Im Norden," sagte Thord, " im Frühjahr aber fuhr er nach Btk, und dort ist er sicher noch."Björn sprach: Was sind nun die neuesten Nachrichten aus Island:" "Skuli ist tot," sagte Thord, aber dein Vater und dein Ziehvater lebt." Björn erwiderte: "Das ist eine schlimme Botschaft, daß Skuli tot ist. Aber ist es richtig, das



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du Oddny Thorkelstochter geheiratet hast kur; e Zeit, nachdem wir uns trennten" Thord versetzte: Es ist wahr." Björn sprach: "Wie konntest du glauben mir mit solcher Tat treulich die Freundschaft zu halten?' Thord sprach: "Ich wußte nicht, daß sie länger als drei Winter auf dich warten sollte." Björn versetzte: "Solche Kniffe nützen dir nichts. denn ich weiß längst die ganze Wahrheit." Thord bot ibm Entschädigung an. "Es dürfte ratsamer sein," erwiderte Björn, "ich erschlüge dich: die Sache hätte dann mit uns ein Ende."

Es endete nun so, daß Björn ihnen das Leben schenkte, doch nahm er ihnen das Gut und auch das Handelsschiff. Darauf raubte er Thord seine Kostbarkeiten und brachte ihn in die erbärmlichste Lage. Thord bat seine Wertsachen behalten zu dürfen, erreichte aber nichts. Dann ließ Björn Thord und alle seine Fahrtgenossen mit ihren Kleidern auf ein Schiffsboot bringen und so ans Festland schaffen. Und bevor sie sich trennten , sagte Björn: "Thord, ich habe dir nun Schande und Schmach angetan und dich am vermögen geschädigt, und doch ist das alles noch weniger, als du verdient hast. Fahre nun zu den Orkneys und weile nur wenig in Norwegen. Ich werde den König aufsuchen. Ich schätze ihn, ohne ibn gesehen zu haben, so hoch, daß ich dich nicht töte, weil du sein Gast warst. Wo ich dich aber von nun an treffe, sollst du vor mir nicht sicher sein, es komme denn ganz anders, als mir schwant."

Thord und seine Leute gingen nun aufs Boot, mit ihnen auch die Männer aus Vik. Sie wollten ihre Habe behalten: die Waffen blieben ihnen. Sie trafen dann den König und sagten ihm diese Botschaft, von Björns Raub und seinen Anklagen gegen Thord.


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