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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


3. Björn und Thord beim Jarl Eirik

In demselben Sommer lief ziemlich frühzeitig ein Schiff aus Norwegen in den Stromfjord (Straumfjörd) ein, Thord Kolbeinsson ritt zum Schiff, und da erhörte; daß die Kaufleute wieder nach Norwegen zurückfahren wollten, kaufte er sich einen Anteil an dem Schiff und ließ bekannt werden, daß er ins Ausland führe. Thord hatte nämlich einen verwandten in Dänemark, Hroi den Reichen. Er hatte ein Besitztum in Röskilde (Hroiskelda). Thord fiel dessen ganzes Erbe zu. Man rüstete sich nun zur Auslandsfahrt, wurde aber spät reisefertig.

Da erfuhr man in der Gefolgschaft des Jarls, daß Thord nach Norwegen von Island gekommen sei auf dem Schiffe, das im Sommer dort hin und zurück gefahren war. Auch daß es ihm gehöre und er dem Jarl ein Gedicht überbringen wolle. Der Jarl frug Björn ob er ibm Auskunft über Thord geben könne. Björn sagte, er kenne Thord ganz genau, und meinte, er wäre ein tüchtiger Skalde:" Es wird ein stattliches Gedicht sein, was er vortragen will." Der Jarl frug: Scheint es dir richtig, Björn, daß ich das Gedicht anhöre?"'"Gewiß," erwiderte Björn",denn das wird euch beiden zum Ruhme gereichen.

Kurze Zeit darauf langte Thord beim Jarl an und begrüßte ihn höflich. Der Jarl nahm das wohl auf und fing nach seiner Herkunft. Er sprach: "Ich heiße Thord und bin aus Island. Ich möchte gern, daß Ihr das Gedicht hörtet, das ich über Euch gemacht habe." Der Jarl sagte, das wolle er. Thord trug das Gedicht vor. Es war eine Drapa, und ein recht schönes Gedicht-Der Jarl lobte es und bot ihm an, den Winter über bei ihm zu verweilen. Thord nahm das an, und er wurde gut behandelt. So waren beide, Björn und Thord, den Winter hindurch beim Jarl.

Es waren aber Männer in der Gefolgschaft des Jarles, die diesem hinterbrachten, Thord und Björn wären keine guten Freunde. Und einstmals, heißt es, rief der Jarl Eirik Thord zu sich und frug ihn, ob Björn ihm bekannt wäre, oder ob er wisse, weshalb ihm wohl Skuli diesen Mann gesandt habe. Thord



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aber sagte: Björn ist ein sehr forscher Mann und mir als tüchtig bekannt. Skuli sandte ihn Euch, da er keinen anderen verwandten hatte, der würdiger dazu gewesen wäre." "Das ist wohl richtig," erwiderte der Jarl. Thord sprach:"Habt Ihr etwa schon gehört, wie alt Björn ist:" "Nein," sagte der Jarl. Thord sagte: "Er ist jetzt achtzehn Jahr. viele rüstige Männer sind hier bei Euch, aber Björn dürfte sich zu den allermutigsten gesellen." Das hörte der Jarl gern. Thord ließ sich nichts davon merken, daß er nicht allezeit gut mit Björn gestanden hatte,

Eines Wintertages ging Thord zu Björn und bat ihn, einen Trunk mit ihm zu tun. Gewiß, sind wir doch bier an einem Platz, wo es sich für uns schickt, in gutem Einvernehmen zu leben. Der Zwist, den wir unter uns hatten, ist nicht der Rede wert, und ihn lassen wir wohl künftig ruhen." Björn nahm das wohl auf. So kam das Julfest 1 heran. Und am achten Jultag gab der Jarl Eirik seinen Mannen Geschenke, wie es der Brauch vornehmer Männer in andern Ländern ist. Er gab Björn einen goldenen Ring, eine halbe Mark an Wert. Das geschah um seiner Tüchtigkeit und Skulis, seines Verwandten, willen. Dem Thord gab der Jarl ein Schwert, ein treffliches Schmuckstück; als Lohn für sein Gedicht.

Es traf sich nun an einem Abend im Winter, daß Thord mit Björn sprach —sie waren da beide trunken, aber Björn mehr —: "Was gedenkst du im Frühjahr zu unternehmen Oder willst du nach Island " "Ich will im Sommer nicht nach Island," sagte Björn" ,ich denke vielmehr den Jarl Eirik um Urlaub zu bitten, daß er mich auf Wikingfahrt ziehen läßt, damit ich mir Gut und Ehre erwerbe, wenn es so werden soll." Thord erwiderte: "Das scheint mir wenig ratsam: du hast doch schon vorher reichlich Ehre und Ruhm geerntet. Was willst du nun solch Wagnis unternehmen: Viel besser ist's, du fährst mit mir im Sommer nach Island zurück zu deinen edlen verwandten und kümmerst dich um deine Heirat." Björn erwiderte'"Diesen



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Sommer fahre ich nicht nach Island. Thord sagte Das scheint mir doch ein unüberlegtes Beginnen von dir, mit reicher Habe außer Landes zu fahren und nicht zu wissen, ob du wiederkehrst oder nicht." " Wer wagt, der gewinnt," sprach Björn, ich werde die Heerfahrt unternehmen." Thord sprach: Dann sende Oddny, deiner Braut, den Ring, das Jarlsgeschenk; und vertraue ihn mir an. Jene weiß dann doch, daß du ihrer noch ganz in ernsthafter Liebe gedenkst, wenn du ihr ein solches Kleinod sendest. Du wirst ihr so noch viel lieber als vorher sein, und sie wird dir sicher nicht abspenstig werden. Wenn du dann aber nach Island zurückkommst, wie wir erwarteten, dann hast du alles, den Ring und das Weib und die ganze Mitgift, die dir mit ihrem Besitz zugesagt war. Und wahrhaftig," fügte Thord hinzu, solche gute Heirat gibt es auf Island nicht wieder als mit Oddny." Björn sagte:"Das ist richtig, Thord, daß Oddny das schmuckste Weib ist und in jeder Hinsicht für mich passend. Wärst du zu mir, als wir auf Island waren, immer so gewesen wie jetzt, dann würde ich alles das tun, was du vorschlägst. Ich glaube aber, ich fahre schlecht, wenn ich dir traue- man wird sagen, ich gehe leicht um mit dem Jarlsgeschenk, wenn ich den Ring in deine Hände kommen lasse." Thord sagte: "Dann besuche deine Braut! Björn erwiderte, er habe schon Männer mit der Wahrnehmung seiner Sache betraut." Du aber, Thord, fügte er hinzu",sprich die Wahrheit über meine Heerfahrt , wenn du nach Island fährst. Ich glaube, ich habe mich noch wenig erprobt im Kampfsturm und noch nicht weit herum genug die Art tüchtiger Männer kennen gelernt. Wenn ich aber gleich nach Island fahre, dann würde ich es nicht so bald über mich gewinnen, mich von meiner Braut zu trennen."Thord sagte Björn das zu. "Deshalb bat ich dich aber um das Kleinod, um meine Aussage zu bewahrheiten. Du darst mir nicht mißtrauen, Björn, denn ich werde dir treu sein." " So will ich es denn diesmal wagen, sprach Björn" betrügst du mich aber, dann traue ich dir niemals wieder, so lange ich lebe. Björn bändigte nun Thord den Ring, das Jarlskleinod, ein und bat ihn, es der Oddny zu überbringen. Thord verhieß dies und sprach mit schmeichelnden Worten auf ihn ein. Er gelobte ihm alles Gute



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und versprach ihm treu zu sein und seinen Auftrag gut auszurichten . Damit schloß ihr Gespräch für diesmal. Da Björn aber nüchtern war, glaubte er zuviel zu Thord gesprochen und diesem zu großes Vertrauen geschenkt zu haben.

Der Winter verging nun, und Thord rüstete sein Schiff. Da traf er sich noch einmal im Gespräch mit Björn. Denke daran, Thord", sagte Björn, " was wir besprochen haben, und führe nun meine Botschaft gut aus." Thord verhieß alles Gute, und sie schieden in gutem vernehmen. Die Männer wußten nichts Genaueres von diesem Gespräche Thords und Björns. Es heißt, daß Thord fünfzehn Jahre älter als Björn war. Sein Preisgedicht auf Jarl Eirik hieß "Belgskaka -Drapa".

Thord fuhr früh im Sommer ab und landete um die Zeit des Allthings in Dampfachmünde. Er ritt sogleich zum Thing, und das war den Männern angenehm, denn er konnte schöne Neuigkeiten berichten. Auch richtete er Björns Botschaft für diesmal gut aus sagte, jener würde kommen, um seine verbindung mit Oddny zu vollziehen, und gab ihr den Ring. Thord fügte aber hinzu, Björn habe ihm die Heirat abgetreten, den Fall, daß erstürbe oder nicht wieder nach Island käme.


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