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Kapitel 

Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


16. Der Holmgang auf Dinganes

Jetzt reiste Gunnlaug mit sechs Mann von Lade nach Levanger. Aber gerade am Morgen des Tages, an dessen Abend Gunnlaug ankam, war Hrafn mit vier Mann von dort aufgebrochen. von Levanger zog Gunnlaug ins Verdal (Veradal). Er kam immer am Abend dahin, wo Hrafn die Nacht vorher gewesen war. So sag Gunnlaug immer weiter, bis er in das letzte Gehöft des Tales kam, das Sul (Sula) heißt. Auch dies hatte Hrafn am Morgen verlassen. Gunnlaug rastete nun gar nicht. Er ging gleich die Nacht weiter; und bei Tagesanbruch sahen sie einander. Hrafn war an eine Stelle gekommen, wo zwei Seen lagen, in der Mitte von beiden aber war eine Ebene.



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Sie heißt Gleichnisvellir. In dem einen der Seen ragte eine kleine Landspitze hervor: die hieß Dinganes. Dort auf der Landspitze machten Hrafn und seine Begleiter halt. Sie waren fünf Mann zusammen, darunter Hrafns Verwandte Grim und Olaf-

Als sich beide Teile trafen, sagte Gunnlaug:"Das ist doch schön, daß wir uns endlich fanden."Hrafn versetzte, auch er habe nichts daran auszusetzen. "Du magst nun wählen," fuhr er fort: "Willst du, daß wir uns alle schlagen oder nur wir beide, so daß wir gleich stark sind:" "Mir ist beides gleich recht," erwiderte Gunnlaug. Nun erklärten Hrafns verwandte Grim und Olaf, sie wollten nicht beiseite stehen, wenn die beiden sich schlagen . Dasselbe erklärte auch Thorkel der Schwarze, Gunnlaugs Verwandter. Da sagte Gunnlaug zu den Führern des Jarles: "Ihr sollt bier ruhig dabei sitzen und keinem Teile helfen. Später mögt ihr von unserem Kampf erzählen." Und so geschah es.

Darauf schritten sie zum Angriff vor und kämpften alle tapfer. Grim und Olaf gingen beide auf Gunnlaug allein los, und ihr Kampf endete damit, daß er sie beide tötete. Er selbst wurde nicht verwundet. Dies bestätigt der Skalde Thord Kolbeinsson 1 in dem Gedicht, das er auf Gunnlaug Schlangenzunge dichtete:



***
20
Grim erst fiel und Olaf
Unterm Schwerte Gunglaugs.
Dann klang seine Kling' auf
Krieger Hrafn bin sieghaft.
Zorndroh' nd fällt' drei Männer
Dort er mit dem Mordschwert.
Bot dem Tode Beute,
Blutend selbst noch mutig.

Inzwischen kämpften auch Hrafn und Thorkel der Schwarze, der verwandte Gunnlaugs, und Thorkel fiel durch Hrafn und mußte sein Leben lassen. So waren schließlich alle ihre Begleiter tot.



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Da schlugen sich die zwei allein, Hrafn und Gunnlaug. Furchtlos griff einer den andern an, und mächtig waren die Hiebe, die sie sich beide versetzten. Unablässig stürmten sie voller Wut auf einander. Gunnlaug hatte dort als Schwert das"Adalradkleinod". Eine bessere Waffe gab es nicht. Da traf Gunnlaug endlich Hrafn mit einem gewaltigen Hiebe seines Schwertes und schlug ihm einen Fuß ab. Doch fiel Hrafn nicht zu Boden. Er wich zu einem Baumstumpf zurück und stützte sich auf diesen. Da sprach Gunnlaug: "Jetzt bist du kampfunfähig, und ich mag nicht länger wider dich streiten, du verstümmelter Mann !" Hrafn erwiderte: "Das ist richtig, mir ist gar übel mitgespielt. Aber doch würde es mir wohltun, bekäme ich etwas zu trinken." Gunnlaug versetzte: "Daß du mich aber nicht beträgst, wenn ich dir Wasser in meinem Helm bringen" Hrafn sprach: "Ich werde dich nicht betrügen."

Da ging Gunnlaug zu einem Bach, bolte Wasser im Helm und brachte es Hrafn. Dieser griff danach mit der linken Hand, mit der rechten aber schlug er Gunnlaug sein Schweri ins Haupt. Das ward eine sehr böse Wunde. Da sprach Gunnlaug: "Schlimm hast du mich betrogen, und unrühmlich bandeltest du, da ich dir vertrauen zeigte." Hrafn erwiderte: "Es ist so, aber ich konnte nicht anders, da ich dir die Umarmung der schönen Helga nicht gönne." Und nun stritten sie noch einmal mit großer Heftigkeit. Das Ende war, daß Gunnlaug über Hrafn siegte und dieser sein Leben lassen mußte. Da traten die Führer des Jarles hinzu und verbanden Gunnlaugs Kopfwunde. Er setzte sich indes und sprach diese Weise:



***
21
Herrlich stritt der Heerfürst
Hrafn im Sturm der Waffen.
Gegen mich Gervolks Sieger
Ging zum Kampf auf Ding'nes.
Speeres Regen spürt' ich
Sprühen in der Frühe:
Manchem Wiking weckt' er
Wunden da um Gunnlaug.

Darauf bestatteten sie die Toten, setzten dann Gunnlaug auf



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sein Pferd und sogen mit ihm wieder hinab nach Levanger, Dort lag er drei Tage und Nächte und empfing vom Priester die Sterbesakramente. Dann starb er und wurde bei der Kirche bestattet. Allen deuchte es ein großer Verlust um die beiden, Gunnlaug und Hrafn, wenn sie daran dachten, wie jene ihr Leben hatten lassen müssen.


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