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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


10. Gunnlaug und Hrafn in Schweden

Zu dieser seit herrschte über Schweden König Olaf Sönski d. h." der Schwedische , der Sohn König Eiriks Sigrsäli's (des Siegreichen) und Sigrid Storrada's (der Stolzen), der Tochter Sköglar-Tostis. Er war ein gewaltiger und angesehener Herrscher, ein sehr machtbewußter Mann. Gunnlaug kam nach Upsala um die Zeit, da das Frühlingsthing in Schweden statt



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fand, und als man ihn bei dem König vorließ, begrüßte er diesen. Der König nahm ihn wohl auf und frug nach seiner Herkunft . Gunnlaug sprach: "Ich bin ein Isländer." Der König sagte: "Hrafn, was ist das für ein Mann, der aus Island:" Da stand ein Mann von der niederen Bank auf, groß und kühn von Aussehen, trat vor den König und sprach: "Herr, er stammt aus sehr edlem Geschlecht und ist selbst ein höchst tüchtiger Mann." "Dann sei er willkommen und setze sich neben dich," sprach der König. Gunnlaug sagte: "Ich habe ein Gedicht auf Euch gemacht und wollte es Euch aufsagen. Ich möchte, daß Ihr ihm lauschet und mir Gehör gebt!" "Geht zunächst auf eure Plätze," erwiderte der König, "jetzt ist keine Zeit Gedichte anzuhören." Sie taten es.

Nun kamen Gunnlaug und Hrafn miteinander ins Gespräch, und jeder erzählte dem andern von seinen Reisen. Hrafn sagte, er wäre den Sommer vorher von Island nach Norwegen gefahren, bei Beginn des Winters aber von dort nach Schweden Bald wurden sie ganz gute Freunde.

Eines Tages, als das Thing zu Ende war, waren beide beim Könige, Gunnlaug und Hrafn. Da sprach Gunnlaug: "Nun möchte ich, Herr, daß Ihr mein Lied hörtet." "Jetzt mag es sein," erwiderte der König. "Auch ich will jetzt mein Gedicht vortragen, Herr," sagte Hrafn. "Das magst du," sprach der König."Ich möchte aber mein Lied zuerst aufsagen, wenn Ihr es erlaubt,"sagte Gunnlaug."Ich darf wohl mein Gedicht zuerst vortragen," sprach Hrafn,""denn ich kam früher zu Euch." Gunnlaug sagte:"Wo wäre es zwischen unsern vätern je dahin gekommen, daß meiner von deinem abhängig gewesen wäre Nirgends, meine ich, und anders soll es auch zwischen uns beiden nicht sein." Hrafn erwiderte: "Bleiben wir höflich, und lassen wir es nicht in dieser Sache zum Zank kommen. Der König soll entscheiden." Der König sprach: "Gunnlaug mag zuerst vortragen, da es ihm so nahe gebt, wenn er seinen Willen nicht durchsetzt." Da sagte Gunnlaug ein Preisgedicht auf, das er auf König Olaf gedichtet hatte. Als er diese "Drapa" vorgetragen



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hatte, der König: "Hrafn, wie findest du das Gedicht?' "Herr," erwiderte jener; " das Lied ist schwülstig, ohne Anmut und bart im Ausdruck — es stimmt ganz zu Gunnlaugs Sinnesart. "Nun trage du dein Gedicht vor, Hrafn, sagte der König. Der tat es. Als er geschlossen hatte, frug der König: Gunnlaug, was meinst du zu diesem Liede:" Gunnlaug erwiderte: "Es ist hübsch. Herr, wie Hrafn selber, nur etwas unansehnlich ." "Wie konntest du überhaupt nur einen Flock"auf den König dichten Hrafn,"fügte er ,dünkte er dich nicht eines größeren Preisliedes wert: Hrafen versetzte:"Reden wir jetzt nicht länger darüber: wir kommen besser später einmal darauf zurück" Damit schloß ihr Gespräch diesmal.

Bald darauf wurde Hrafn des Königs Gefolgsmann und bat ihn um Urlaub zur Abreise. Der König gewährte ihn. Als aber Hrafn zur Abfahrt gerüstet war, sprach er zu Gunnlaug: Mit unserer Freundschaft ist es jetzt vorbei, denn du wolltest mich hier vor vornehmen Männern höhnen. Ich werde dir aber noch einmal nicht geringere Schande bereiten, als du mir hier zugedacht hattest. "Deine Drohung läßt mich ganz kalt," versetzte Gunnlaug, " es wird schwerlich zwischen uns beiden dahin kommen, daß man mich minder achtet als dich." Der König Olaf gab Hrafn beim Abschied schöne Geschenke, und dann fuhr jener fort.


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