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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


9. Gunnlaug bei Adalrad von England

Damals herrschte über England König Adalrad Jatgeirsson 2, ein tüchtiger Herrscher. Er thronte diesen Winter



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zu London (Lundunaborg). Eine Sprache war damals in England wie in Norwegen und Dänemark. Die Sprachen schieden sich erst in England, als der Bastard Vilhjam dieses eroberte. Seitdem war die herrschende Sprache in England, die wälsche, da jener aus Frankreich stammte 1. Gunnlaug ging sofort vor den König und grüßte ihn höflich und ehrerbietig. Der König , aus welchem Lande er stamme. Gunnlaug gab ihm Bescheid. "Deshalb aber," fuhr er fort, "Herr, suchte ich Euch auf, weil ich ein Gedicht auf Euch gemacht habe, und ich möchte gern, Ihr hörtet das Lied an. Der König sagte, er wolle das gern tun. Nun trug Gunnlaug das Lied schön und mannhaft vor. Es hatte diesen Kehrreim:



***
3
Fast wie Gott den guten
Gerfürst Englands ehrt man.
Alle Edlen huld'gen
Adalrad auf der Walstatt:

Der König dankte ihm das Gedicht und gab ihm als Skaldenlohn einen Scharlachmantel, der mit dem besten Pelzwerk besetzt war und den bis in die Zipfel hinab goldgeschmückte Borte verbrämte. Er machte ihn zu seinem Gefolgsmann, und Gunnlaug weilte den Winter hindurch beim König und stand bei ihm in hohen Ehren.

Eines Tages in der Morgenfrühe traf Gunnlaug auf einer Straße drei Männer. Ihr Anführer nannte sich Thororm. Dieser war groß und stark und sah aus, als ob man sehr schwer mit ihm fertig würde. Er sprach: Mann aus dem Norden, leih' mir etwas Geld:" Gunnlaug erwiderte: Es ist wohl nicht ratsam sein Geld unbekannten Männern zu borgen." Jener entgegnete: "Du wirst es am festgesetzten Tage wiedererhalten. Dann will ich's wagen". meinte Gunnlaug, und er



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gab ibm das Geld. Kurze Zeit darauf kam Gunnlaug zum König und erzählte ihm von der Ausleihung des Geldes. Der König sprach: "Damit wirst du wenig Glück haben. Das ist ein ganz gemeiner Mann, ein großer Räuber und Wikinger, Mache dir lieber nicht mit ihm zu tun. Ich will dir gern die gleiche Geldsumme schenken." Gunnlaug erwiderte: Dann stünde es schlimm um uns, Eure Gefolgsleute, wenn wir schulde-se Männer ausplünderten, jenem aber ruhig unser Eigentum überließen. Das darf nimmermehr sein. Kurze Zeit darauf traf er Thororm und verlangte sein Geld wieder. Der aber sagte, er werde es ihm nicht zurückzahlen. Da sprach Gunnlaug diese Weise:



***
4
Festhieltst, nicht zum Heil dir,
Held, du meine Gelder.
Trogst, —das scheint mir Schande —
Schnöd' den Klingenröter.
Schön wird's, schau'n die Männer,
Schlachtkämp', Gunnlaugs Rache:
Ja, ich hieß von jeher,
Jung schon, Natternsunge 1 !"

"Nun stelle ich dir diese Bedingung," Stahr Gunnlaug fort: "entweder du zahlst mir mein Geld zurück oder du trittst nach Verlauf dreier Nächte zum Zweikampf an mit mir." Da lachte der Wiking auf und sagte: "Das hat sich bisher noch niemand erkühnt, mich zum Holmgang zu fordern. Zogen doch schon so viele mir gegenüber den Kürzeren! Ich bin aber durchaus damit einverstanden."

So trennten sich er und Gunnlaug für diesmal. Gunnlaug sagte dem König, wie es stand. " Nun hat die Sache eine recht schlimme Wendung genommen, sprach dieser, denn jener Mann vermag jede Waffe stumpf zu machen. Folge meinem Rat," fuhr er fort, "hier ist ein Schwert, Gunnlaug, das ich dir schenken will: mit dem sollst du streiten. Jenem aber weise das vor, das du vordem jagest." Gunnlaug dankte dem Könige sehr.



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Da sie nun kampfesgerüstet auf dem Holm standen, frug Thororm Gunnlaug, was er da für ein Schwert habe. Gunnlaug wies ihm seins vor und schwang es durch die Luft. Den Griff der Königswaffe aber umschlang er mit einem Riemen und wand diesen um seine Hand. Als der Berserker Gunnlaugs Schwert sah, sagte er: "Die Waffe fürchte ich nicht." Er hieb auf Gunnlaug mit dem Schwert und zerschlug ibm fast den ganzen Schild. Gunnlaug gab ihm sofort mit dem Königsschwert den Hieb zurück. Der Berserker hielt ihm ohne Schild stand, denn erwähnte, jener hätte noch dasselbe Schwert, das er ihm erst vorwies. Aber Gunnlaug versetzte ihm sofort den Todesstreich.

Der König dankte ihm für diese Tat. Durch sie erntete Gunnlaug viel Ruhm in England und auch sonst rings in den Landen. Im Frühjahr, als die Schiffahrt wieder eröffnet war, bat Gunnlaug König Adalrad um die Erlaubnis, aufs Meer zu segeln. Der König frug, was er denn vorhabe. Gunnlaug sprach:"Ich will ausführen, was ich gelobt habe." Und er sagte diese Weise:



***
5
Nur drei kühnen Kön' gen
Kann ich jetzt sein Manne.
Ehe sichs jährt, zwei Jarlen
Ja auch muß ich nahen.
Neu vereidigt, edler
Adalrad, deiner Halle
Nah' ich: gönnst ja Gunnlaug
Güldenen Schmuck in Fülle ':

"So soll es sein, Skalde," sagte der König. Er gab ihm einen Goldring, der sechs Unzen wert war. " Aber geloben mußt du mir," fügte er hinzu, " im nächsten Herbst wiederzukommen. Denn ich möchte dich nicht ganz missen wegen deiner Geschicklichkeit und deines Mutes." 1


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