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Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


75. Thorstein und Thorkel machen einen vergeblichen Versuch, Halldor zum Verkauf von Hjardarholt zu zwingen

In diesem Winter nach Weihnachten brach Thorkel von Hause auf nach dem Hrutafjord im Nordlande, um seine Bauhölzer südwärts zu schaffen. Er ritt zuerst in den Tälerbezirk hinein und zwar nach Ljarskogar zu seinem verwandten Thorstein und besorgte sich Männer und Pferde. Dann ritt er weiter nordwärrs zum Hrutafjord und hielt sich da eine Zeitlang auf und überlegte sich, wie er die Rückreise einrichten sollte; er brachte da aus der Fjordgegend Pferde zusammen, denn er wollte, wenn es möglich wäre, nicht mehrere Fahrten machen. Es ging das nicht so schnell. Thorkel hatte damit bis in die Zeit der Langfasten zu tun, ehe dieses Unternehmen in Gang kam; er schleppte das Bauholz mit mehr als zwanzig 1 Pferden aus dem Nordlande und ließ das Holz an der Mündung der Lja aufstapeln. von dort gedachte er es zu Schiff hinaus nach Helgafell zu schaffen.

Thorstein besaß ein großes Reiseboot, und Thorkel hatte vor, das Schiff zu benutzen, wenn erden Heimweg antreten würde. Thorkel war in Ljarwgar während der Fastenzeit; denn zwischen den verwandten bestand herzliches Einvernehmen

Thorstein redete mit Thorkel darüber, daß es ihm gut passen würde, wenn sie zusammen nach Hjardarholt ritten. — "ich



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will das Land von Halldor kaufen, denn er hai wenig Geld, seitdem er den Bollisöhnen die Vaterbuße hai zahlen müssen, und das Land ist so, daß ich es sehr gern besitzen möchte." Thorkel sagte, er habe nur zu bestimmen. Sie ritten von Hause fort und waren zusammen an zwanzig Mann. Sie kamen nach Hjardarholt; Halldor nahm sie gui auf und war sehr gesprächig mit ihnen. Es waren wenig Männer daheim, denn Halldor batie Leute ins Nordland um Steiiigrimsfjord 1 geschickt. Da war ein Walfisch angetrieben, an dem er Anteil hatte. Beinir der Starke war zu Hause. Er war allein noch von den Männern am Leben, die bei Olaf, Halldors Vater gewesen waren.

Halldor hatte mit Beinir gesprochen, gleich als er Thorstein und seine Leute heranreiten sah: Ich sehe deutlich voraus. was diese beiden Vettern wollen; sie werden mir mein Land abkaufen wollen, und wenn es so ist, so werden sie mich ;u einer Unterredung holen. Ich vermute, daß sie sich rechts und links von mir niedersetzen werden, und wenn sie mir irgend ein Leid antun wollen, so sei du ebenso schnell, Thorstein anzugreifen, wie ich Thorkel. Du bist seit langer Zeit unserer Familie treu gewesen. Ich habe auch auf die nächsten Höfe nach Männern geschickt; ich möchte, daß es sich genau so träfe, daß diese Leute kämen, wenn wir mit unserm Gespräch zu Ende sind." Und als der Tag weiter vorgeschritten war, schlug Thorstein Halldor vor, daß sie zusammen zu einer Unterredung gehen wollten. "Wir haben etwas mit dir zu besprechen." Halldor sagte, es sei ihm recht. Thorstein sprach zu seinen Gefährten, es sei nicht nötig, daß sie mitkämen. Aber Beinir ging nichts destoweniger mit; denn ihm schien die Sache ganz so zu verlaufen , wie Halldor vermutet hatte. Sie gingen ein weites Stück hinaus auf die Hofwiese. Halldor hatte einen enganschließenden Mantel an mit langer Brustspange, wie es damals Brauch war. Halldor setzte sich nieder auf die Erde und rechts und links von ibm die beiden Vettern, und sie setzten sich dicht zu ihm auf den Mantel. 2 Aber Beinir stand hinter ihnen und hatte eine große Art im Arme. 1 vgl. S. 39, Anm. i. Ähnliche Situation in einer meisterhaft entworfenen Szene der Saga vom Hühnerthorir (Kap. io). Auch hier drängen



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Da sprach Thorstein: "Das ist mein Geschäft hier, das ich dir dein Land abkaufen will. Ich bringe das deshalb jetzt zur Besprechung, weil gerade mein Vetter Thorkel dabei ist. Ich meine, dies müßte auch dir gut passen, denn mir ist gesagt, daß du nicht genügend Geld bast und daß dein Land dir viele Kosten macht. Ich werde dir dafür einen Wohnsitz geben, der dir anständig ist, und dabei so viel noch. wie wir beide untereinander ausmachen werden."

Halldor wies das zuerst durchaus nicht von sich, und sie gingen auf die Kaufbedingungen ein, und da er ihnen nicht abgeneigt schien, so mischte Thorkel sich eifrig in die verhandlung ein und wollte den Kauf zwischen den beiden zum Abschluß bringen. Da begann Halldor sich ihnen um so mehr zu entziehen, als sie eifriger ibm zuredeten, und schließlich kam es so, daß das Ziel ihnen um so ferner rückte, je mehr sie auf Halldor eindrangen. Da sprach Thorkel: "Siehst du nicht, Vetter Thorstein, wie es steht: Er hai diese Sache den ganzen Tag hingezogen vor uns, und wir haben hier gesessen für ihn zu Spott und Hohn. Wenn dein Sinn auf dem Landkauf besteht, so sind wir genötigt, schärfer vorzugehen." Thorstein sagte, er wolle nun seinen Bescheid haben. Er forderte Halldor auf, ihnen nun keinen Dunst mehr vorzumachen; ob er sich auf den Landkauf einlassen wolle oder nicht. Halldor antwortete: "Ich denke, wir wollen das nicht im Dunkeln lassen, daß du ohne Kauf nach Hause reiten mußt heute abend." Da sagte Thorstein: "Ich glaube, wir brauchen nun auch nicht länger mehr mit der Erklärung zurückzuhalten , was wir im voraus beschlossen haben, nämlich dir die Wahl zwischen zwei Dingen stellen, denn wir meinen, die stärkere Sache zu haben durch unsere Übermacht. Das eine ist. daß du diesen Handel freiwillig eingehst und dafür unsere Freundschaft bekommst. Aber das andere und gewiß das schlimmere ist, daß du gezwungen deine Hand ausstrecken mußt und Hof und Land Hjardarbolt in meine Hand übergibst." Und als Thorstein ihn auf diese Weise bedrohte, da sprang Halldor so heftig auf, daß die Spange des Mantels zerbrach, und sagte: gen



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Eher wird nach anderes geschehen, als daß ich etwas ausspreche , was ich nicht will." "Und was wird geschehen?' Sagte Thorstein. Eine Holzart wird dir in den Kopf geschlagen werden von dem elendesten Mann und so dein Übermut und deine Ungerechtigkeit zu nichte werden. 1 Thorkel antwortete: Das ist eine böse Prophezeiung, und wir hoffen, daß ue nicht in Erfüllung gehen wird; und nun, sage ich, liegt genug Grund vor, wenn du, Halldor, dein Land lassen mußt und gar kein Geld dafür bekommst." Da antwortete Halldor: "Eher sollst du nach den Tangblasen greifen im Breidifjord, 2 ehe ich gezwungen mein Land verkaufe."

Halldor ging zum Hause zurück nach diesen Worten.

Zu gleicher Zeit sammelten sich die Männer auf dem Hofe, nach denen er geschickt hatte. Thorstein war furchtbar zornig und wollte auf der Stelle Halldor angreifen. Thorkel bat ihn. das nicht zu tun, — " das wäre sehr unschicklich in dieser heiligen Zeit; aber wenn sie vorüber ist, will ich mich nicht widersetzen, daß wir es auf einen Zusammenstoß ankommen lassen." Halldor sagte, er traue sich zu, jederzeit fur sie gerüstet ;u sein.

Darauf ritten die beiden fort und redeten noch viel miteinander über ihre Fahrt. Thorstein sprach, es sei wahr, sagte er, ihre Fahrt sei ganz jämmerlich verlaufen, — "aber warum bast du dich so gescheut, Vetter Thorkel, Halldor anzugreifen und ibm eine Schmach anzutun: Thorkel antwortete: "Sahst du nicht Beinir , wie er hinter dir stand mit der bereiten Art. Das war ja gerade das allerbedenklichste dabei; denn er hätte dir sofort die Uri in den Kopf geschlagen, wenn ich Miene gemacht hätte. irgend etwas zu wagen." Sie ritten nun beim nach Ljarskogar. Die Fastenzeit ging weiter und die Karwoche kam heran.


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