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Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


71. Thorleik und Bolli beschließen, die Brüder Kjartans anzugreifen. Snorri bringt eine endgültige Sühne zustande

In diesem Winter trafen sich die Brüder oft und hatten Unterredungen miteinander, und durchaus nicht kümmerten



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sie sich um Spiele und andern Zeitvertreib; und einmal, als Thorleik in Tunga war, redeten die Brüder tagelang miteinander. Snorri glaubte da zu wissen, daß sie irgend etwas großes mit einander berieten. Da ging Snorri zu den beiden Brüdern, während sie miteinander redeten. Sie begrüßten ihn herzlich und brachen sofort ihr Gespräch ab. Er erwiderte ihren Gruß freundlich.

Darauf sprach Snorri: "Was habt ihr beide für Anschläge in Beratung, daß ihr Schlaf und Essen darüber vergeßt:" Bolli antwortete: "Das sind keine Anschläge, die wir beraten; unser Gespräch ist von geringer Bedeutung, das wir miteinander führen." Und als Snorri bemerkte, daß sie das alles vor ihm verheimlichen wollten, was ihnen im Sinne lag, und er hatte doch den verdacht, daß sie gerade über etwas redeten, das zu großen verwicklungen führen konnte, wenn es ins Werk gesetzt würde — Snorri sprach da zu ihnen: Ich vermute, daß es weder Narreteien noch lustige Geschichten sind, die ihr beide so ausführlich su verhandeln habt, und ich verdenke es euch gar nicht, wenn es sich wirklich so verhält; seid nun so gut und verheimlicht mir das nicht. Zusammen werden wir ebensowohl diese Sache beraten können, denn ich werde euch gewiß nicht im Wege stehen, wenn etwas geschehen soll, wodurch euer beider Ansehen gefördert wird. Thorleik dachte, daß Snorri ihre Sache gut aufnehme. und sagte ihm in kurzen Worten, daß sie, die Brüder, vorhätten, die Olafssöhne anzugreifen, und diese sollten nun ihre Strafe erdulden; sie sagten, sie seien durchaus in der Lage, sich mit den Olafssöhnen zu messen, seitdem Thorleik ein geschworner Mann des Königs Olaf und Bolli der Schwiegersohn eines solchen Häuptlings wie Snorri sei.

Snorri antwortete in folgender Weise: "Genug ist damit für den an Bolli verübten Totschlag getan, daß Helgi mit seinem Leben dafür bezahlen mußte, der Sohn Hardbeins; und auch, wenn es damit zum Abschluß gekommen ist; scheint mir Unheil genug geschehen zu sein." Bolli sagte da: "Was bedeutet das, Snorri: bist du auf einmal nicht mehr so eifrig, uns Hilfe zu leisten, wie du eben noch vorgabst Übrigens



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würde dir Thorleik diesen Plan nicht mitgeteilt haben, wenn er mich vorher darüber su Rate gezogen hätte. Und wenn du sagst, daß Helgis Fall als Rache für Bolli zu gelten habe, so ist allgemein bekannt, daß für den erschlagenen Helgi Bussgeld bezahlt worden ist, aber mein Vater ist ungebüßt."

Als aber Snorri sah, daß er ihnen ihre Gedanken nicht ausreden konnte, da erbot er sich dazu, zu versuchen, ob er von den Olafssöhnen einen Ausgleich erlangen könnte, lieber, alg daß es wieder zu Totschlugen käme; und damit erklärten sich die Brüder einverstanden.

Darauf ritt Snorri nach Hjardarholt mit einigen Männern. Halldor empfing ihn gut und lud ihn ein, dazubleiben. Snorri sagte, er müsse am Abend heimreiten, 1 — "aber ich habe etwas Wichtiges mit dir zu besprechen." Darauf begannen sie ihre Unterredung, und Snorri trug sein Anliegen vor; indem er sagte, er sei gewahr geworden, daß Bolli und Thorleik es nicht länger ertragen wallten, daß für ihren Vater keine Buße käme von den Olafssöhnen, — und nun wollte ich versuchen , einen Ausgleich herbeizuführen, und sehen, ob nicht einmal ein Ende gemalt werden könnte mit dem Unheil unter euch verwandten."

Halldor wies das durchaus nicht von sich und antwortete:"Sehr wohl ist mir bekannt, das Thorgils, der Sohn der Halla, und die Bollisöhne vorhatten, mich und meine Brüder zu überfallen, bis du ihrer Rache eine andere Richtung gabst, so daß sie infolgedessen beschlossen, Helgi, Hardbeins Sohn, zu töten; du hast dir in diesen Händeln große verdienste erworben, so wie du dich auch schon verhalten hast bei den früheren Zwistigkeiten zwischen uns Verwandten." Snorri sprach: "Es scheint mir sehr wichtig zu sein, daß mein versuch glückt und es bier nun so weitergeht , wie es mein höchster Wunsch ist, daß unter euch verwandten eine gute Sühne zustande kommt; denn ich kenne die Sinnesart der Männer, mit denen ihr es in dieser Sache zu tun habt: sie werden alles getreulich halten, wie sie es bei der Sühne vereinbaren."Halldor erwiderte: "Dazu werde ich mich bereit erklären, wenn es auch der Wille meiner Brüder ist,



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Geld zu bezahlen für den Totschlag an Bolli, eine Summe, wie sie durch das Urteil der Männer, die zur Abmachung bestimmt werden, festgesetzt wird; aber ich will ausgeschlossen wissen alle Ächtungen, ebenso den Verlust meiner Godenwürde und veränderung meiner Wohnstätte; letzteres soll auch von den Wohnstätten meiner Brüder gelten; ich will, daß sie im ungestörten Besitz bleiben beim Abschluß der Verhandlungen. Ferner soll jede Partei ihren Mann ernennen für die schiedsgerichtliche Entscheidung."

Snorri sagte: "Was du anbietefi, ist gut und hochsinnig; die Brüder werden auf diesen vorschlag eingehen, wenn sie auf meine Mithilfe rechnen."

Darauf ritt Snorri beim und sagte den Brüdern, welchen Erfolg seine Sendung gehabt hatte, und dabei zugleich, daß er sich völlig von ihrer Sache zurückziehen würde, wenn sie nicht ihre Zustimmung gäben. Bolli sagte, Snorri solle zu entscheiden haben, — und ich wünsche, Snorri, daß Ihr für unsere Partei Schiedsrichter seid." Darauf sandte Snorri Nachricht an Halldor , daß die Sühneverhandlung beschlossen sei, und bat ihn einen Mann von der Gegenseite zu bestimmen, der mit ihm Schiedsrichter sein solle. Halldor wählte zum Schiedsrichter Steinthor, den Sohn des Thorlak von Eyr. 1 Die Zusammenkunft zum Schiedsspruch sollte sein in Dran gar am Skogarstrand , vier Wochen nach Sommeranfang.

Thorleik, Bollis Sohn, ritt nach Helgafell, und während des Winters ereignete sich gar nichts. Und als die Zeit heranrückte, die für die Zusammenkunft bestimmt war, da kam der Gode Snorri mit den Bollisöhnen, sie waren im ganzen fünfzehn zusammen; ebensostark waren die andern auf Steinthors Seite zur Stelle. Snorri und Steinthor verhandelten nun mit einander und kamen einem Ausgleich in dieser Sache. Darauf entschieden sie auf eine Geldbuße, doch ist es hier nicht angegeben , wie hoch sie festgesezt wurde; aber es wird erzählt, daß die Summe richtig bezahlt und die Sühnebestimmungen gut gehalten wurden. Auf dem Thorsnesthing fand die Auszahlung statt. Halldor gab Bolli ein gutes Schwert; und Stein 1 Er ist im Kap. 3 erwähnt; vgl. S. 29, Anm. 3.



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thor, Olafs Sohn, gab Thorleik einen Schild, das war auch ein wertvolles Stück; dann wurde das Thing geschlossen, und beide Parteien schienen durch diesen Abschluß an Ehren gewachsen zu sein72.


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