Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


69. Hochzeit in Helgafell. Gudrun schützt den geächteten Gunnar Thidrandi-Töter gegen Thorkel

In diesem Herbst war Gunnar, der Thidrandi-Töter, zu Gudrun geschickt worden, um bei ihr Schutz und Hilfe zu finden; er war auch von ihr aufgenommen worden, und seinen Namen hatte man geheim gehalten. Gunnar war geächtet wegen des Totschlags an Thidrandi, dem Sohne des Geitir aus Krossavik, wie in der Saga von den Njardwikingern erzählt wird. 1 Er hielt sich sehr heimlich, denn viele Großen verfolgten diese Sache.

Am ersten Abende der Bewirtung, als die Männer zum Waschen gingen, stand da ein großer Mann beim Wasser, mit starken Schultern und breiter Brust; der Mann hatte einen Hut auf dem Kopfe. Thorkel Sagte ihn, wer er sei. Der nannte sich so, wie es ihm gut schien. Thorkel sagte: "Ich glaube, du sagst nicht die Wahrheit; du schienest mir eher, nach allem was ich von ihm gehört habe, dem Gunnar Thidrandi-Töter gleich; und wenn du ein solcher Kämpe bist. wie die andern sagen, da wirst du doch deinen Namen nicht verheimlichen wollen." Da antwortete Gunnar: "Du forderst das mit großem Nachdruck; ich glaube auch, daß ich nicht nötig habe, mich vor dir zu verbergen; du hast deinen Mann richtig erkannt; und was hast du nun mit mir vor:" Thorkel sagte, er wolle ihm das sehr bald wissen lassen; er rief seinen Leuten zu, daß sie ihn festnehmen sollt en.

Aber Gudrun saß drinnen auf der Querbank und bei ihr die Frauen in ihren Festschleiern; und sobald sie den vorgang bemerkt hatte, kam sie herunter von der Brautbank und rief ihren Leuten zu, Gunnar zu helfen; sie befahl auch, keinen zu schonen, der sich da etwas herausnehmen sollte. Gudrun hatte eine viel größere Schar, die Sache wandte sich da anders, als maii gedacht hatte.

Snorri der Gode trat zwischen die Männer und bat sie, diesen Sturm zu besänftigen, — " es ist das einzig vernünftige für



Thule-Bd. 06-208 Geschichten v. Landwassertal Flip arpa

dich. Thorkel, in dieser Sache nicht so hitzig zu verfahren, kannst sehen, was für ein Herrenweib Gudrun ist; daß sie uns beide zu überwältigen vermag." Thorkel wies darauf hin, daß er seinem Namensvetter Thorkel, 1 dem Sahne Geitirs, versprochen habe, Gunnar, wenn er sich hier im Westen zeige, u töten — und Thorkel ist einer meiner besten Freunde. Snorri sprach: "Weit größer ist deine verpflichtung, nach unserm Willen zu handeln; und das ist auch für dich selbst das allernotwendigste, denn niemals bekommst du eine solche Frau wie Gudrun ist, magst du auch weit suchen."

Und infolge der Reden Snorris, und weil er selbst erkannte, daß Snorri recht hatte, besänftigte sich Thorkel. aber Gunnar wurde während des Abends anderswohin geleitet.

Die Bewirtung ging dann weiter in Lust und Pracht. Und ab das Fest zu Ende war, machten sich die Leute auf die Heimreise . Thorkel gab Snorri sehr kostbare Geschenke und ebenso allen andern vornehmeren Männern. Snorri lud Bolli, Bollis Sohn, zu sich ein und bat ihn, sich überhaupt bei ihm jederzeit aufzuhalten, wie es ihm gut schiene. Bolli nahm das an und ritt mit ibm nach Tunga.

Thorkel nahm nun seinen Wohnsitz in Helgafell und begann sich mit der Wirtschaft zu befassen; da konnte man bald sehen, daß ihm das nicht weniger lag als die Rauffahrtei. Er ließ gleich im Herbst das Schlafhaus niederlegen, es wurde im Winter wieder vollendet und war groß und ansehnlich. Große Liebe einstand zwischen Thorkel und Gudrun.

Der Winter verging. Im Frühjahr darauf fragte Gudrun, was er für Gunnar Thidrandi-Töter tun wolle. Thorkel sagte, das solle sie nur bestimmen, —"du hast dich der Sache so eisig angenommen, daß du nicht anders zufrieden sein wirst, als wenn er von uns ehrenvoll entlassen wird." Gudrun sagte, seine vermutung sei gans richtig. "Ich will, sagte sie, daß du ibm ein Schiff gibst und dazu alles das, was er dabei nicht entbehren kann." Thorkel antwortete und lächelte dazu: Du denkst nicht klein, Gudrun; in vielen Dingen zeigt sich das,



Thule-Bd. 06-209 Geschichten v. Landwassertal Flip arpa

sagte er. Dir ist es nicht dienlich, einen armen Kerl zum Mann zu haben; das paßt gar nicht zu deinem Wesen; ich werde dies nach deinem Willen tun." Das wurde nun ausgeführt. Gunnar nahm die Gabe mit dem größten Dank an, ein Arm ist leider nicht lang genug, euch etwas zurückzureichen für alle die Ehre, die ihr beiden mir antut." Gunnar segelte aus und kam nach Norwegen. Darauf begab er sich auf seinen Hof. Gunnar war sehr reich und ein mächtiger Herr und ein wackerer mann.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt