Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


68. Thorkel, Eyjolfs Sohn, kehrt nach Island zurück. Snorri wirbt für ihn um Gudrun. Die Hochzeit wird festgesetzt

In demselben Sommer, da Thorgils, der Halla Sohn, erschlagen wurde, kam ein Schiff nach Bjarnarhöfn. 3 Das gehörte Thorkel, dem Sohne Eyjolfs. Er war ein so reicher Mann, daß er zwei Frachtschiffe unterwegs hatte; das andere kam nach Bordeyri im Hrutafjord, 4 beide waren mit Holz beladen.

Und als der Gode Snorri erfahren hatte, das Thorkel in Island gelandet sei, ritt er gleich zum Schiffe. Thorkel empfing ihn mit aller Freundlichkeit. Thorkel hatte auch Getränk in Menge an Bord; es gab da Bewirtung aus dem vollen, und sie redeten viel mit einander. Snorri fragte nach Neuigkeiten aus Norwegen. Thorkel erzählte von allem gut und genau. Snorri berichtete dagegen, was sich hierzulande neues zugetragen hatte, während Thorkel draußen war. "

Es würde mir nun rätlich scheinen," sagte Snorri, wie wir beide es schon besprochen haben, ehe du ausgesegelt bist, daß du deine Reisen aufgiebst und dich zur Ruhe setzest und für dich die Heirat zustande bringst, von der damals die Rede war.



Thule-Bd. 06-205 Geschichten v. Landwassertal Flip arpa

Thorkel antwortete: Ich merke, worauf du ausgehst; und meine Gesinnung ist noch durchaus dieselbe wie damals bei unserer Besprechung, denn ich werde mir nicht die ansehnlichste Heirat entgehen lassen, wenn das Ziel erreichbar ist."

Snorri sprach: Ich bin erbötig und bereit, diese Sache für dich zu führen; nun sind ja auch die zwei voraussetzungen für deine Werbung um Gudrun, die dir so besonders schwierig erschienen, erledigt, daß Bolli gerächt und Thorgils beseitigt ist."

Thorkel sprach:"Tief sind deine Anschläge, Snorri, und gewißlich will ich diese Sache nun ins Auge fassen."

Snorri blieb einige Nächte auf dem Schiffe. Darauf nahmen sie den Zehnruderer. der am Handelsschiffe lag, und bereiteten sich zur Fahrt, fünfundzwanzig Mann. Sie fuhren nach Helgafell. Gudrun nahm Snorri mit großer Herzlichkeit auf; sie wurden vortrefflich bewirtet; und als sie dort eine Nacht gewesen waren, bai Snorri Gudrun um eine Unterredung und sprach: "So liegt die Sache, daß ich diese Fahrt Thorkel, dem Sohne Eyjolfs, meinem Freunde, zu Gefallen getan habe; er ist nun hier, wie du siehst, und das hat ibn hergeführt, daß er um deine Hand anhalten will. Thorkel ist ein Mann von Ansehen; du weißt ja genau Bescheid um seine Familie und sein Auftreten; es fehlt ihm auch nicht an Vermögen. Er scheint uns vor allen andern zu einem Häuptling hier im Westlande geeignet, wenn er seinen Sinn darauf richten will. Thorkel genießt große Ehre, wenn er hier in Island ist; aber noch viel mehr wird er geschätzt, wenn er in Norwegen sich bei hochstehenden Männern aufhält.

Da antwortete Gudrun: "Meine Söhne werden hierbei das meiste zu sagen haben, Thorleik und Bolli; aber du bist dann der dritte Mann, Snorri, an den ich mich vor allem mit solchen Sachen wenden werde, die mir von so besonders großer Wichtigkeit scheinen; denn du bist seit langem mein guter Ratgeber gewesen." Snorri sagte, es sei selbstverständlich, daß man Thorkel nicht zur Seite schieben könne.

Darauf ließ Snorri die Söhne der Gudrun herbeirufen; er trug ihnen nun die Sache vor und suchte ihnen klar zu machen, welch großer Macht zu wachs sich ihnen durch Thorkel biete, in



Thule-Bd. 06-206 Geschichten v. Landwassertal Flip arpa

seinem großem vermögen und seiner Fürsorge, und sprach über alles in gewinnender Weise. Da antwortete Bolle "Meine Mutter wird das am klarsten beurteilen können; ich werde hierin ihrem Willen mich anschließen; und gewiß muß es uns rätlich scheinen, darauf Gewicht zu legen, daß Ihr diese Sache befürwortet, Snorri denn du hast vieles sehr gutes an uns getan." Da sprach Gudrun: "Gern werden wir uns Snorris Leitung in dieser Sache unterwerfen, denn seine Ratschläge sind zu unserem Glücke ausgegangen." Snorri redete auf jede Weise zu, und es wurde abgemacht, daß Gudrun sich mit Thorkel vermählen sollte.

Snorri bot ihnen an, die Hochzeit in seinem Hause auszurichten, Thorkel gefiel das wohl — " denn es fehlt mir nicht an Mitteln, soviel zuzuschießen, als eg Euch gefällt." Da sprach Gudrun: "Es ist mein Wille, daß die Hochzeitsfeier hier in Helgafell stattfindet; es macht mir den Kopf nicht schwer, die Kosten dafür aufzubringen. Ich werde weder Thorkel noch andere aufjordern, sich damit zu bemühen." "Immer wieder zeigst du, Gudrun," sagte Snorri, "das du eine großartige Frau bist." Es wurde nun abgemacht, das die Hochzeit in Helgafell sechs Wochen vor Winteranfang stattfinden sollte. Darauf fuhren Snorri und Thorkel ab; Snorri fuhr nach Hause und Thorkel zu seinem Schiff; er war abwechselnd während des Sommers in Tunga oder beim Schiff.

Die Zeit des Festes rückte nun heran. Gudrun machte große Zurüstungen und Anschaffungen. Der Gode Snorri kam zu diesem Fest mit Thorkel, sie hatten beinahe sechzig Mann bei sich, das war ein sehr auserlesenes Gefolge, denn die meisten Männer waren in bunten Kleidern. 1 Gudrun hatte ihrerseits fast hundert Gäste gebeten. Die Brüder Bolli und Thorleik gingen Snorri entgegen und mit ihnen die von Gudrun Geladenen. Snorri und seine Schar wurde auf das herrlichste empfangen. man nahm nun ihre Pferde und Kleider in verwahrung. Sie wurden in die Gasthalle geleitet; Thorkel und Snorri besetzten die eine Bank, und zwar die vornehmere, und die Eingeladenen der Gudrun saßen auf der anderen Bank.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt