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Kapitel 

Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


45. Kjartan wirbt um Hrefna und schnyt ihr bei der Hochzeit das kostbare Kopftuch

Bolli ging Olaf und seinen Leuten entgegen mit den Söhnen des Osvifr und bewillkommte sie freundlich, Bolli ging auf Kjartan zu und küßte ihn. Kjartan nahm seinen Gruß an. Darauf wurden sie hineingeführt. Bolli war äußerst heiter mit ihnen. Olaf ging bereitwillig darauf ein, aber Kjartan hielt sich ziemlich zurück. Das Gastmahl nahm einen guten verlauf.

Bolli hatte Zuchtpferde, die als ganz vortreflich galten. Ein Hengst war groß und schön und hatte niemals versagt beim Kampf; 1 er war von weißer Farbe, Ohren und Stirnbüschel rötlich; dazu gehörten drei Stuten von derselben Farbe wie der Hengst. Diese Pferde wollte Bolli Kjartan schenken, aber Kjartan sagte, er sei kein Pferdeliebhaber, und wollte sie nicht annehmen. Olaf bat ihn, die Pferde nicht zurückzuweisen, — das ist doch eine kostbare Gabe." Kjartan setzte dem ein bestimmtes Nein entgegen. Darauf schieden sie von einander ohne Freundlichkeit, und die Leute von Hjardarholt ritten nach Hause. Es blieb nun ruhig.

Kjartan war ziemlich still während des Winters. Die Leute hatten wenig Unterhaltung von ihm. Olaf schien das sehr betrüblich. In diesem Winter nach dem Weihnachtsfest machte sich Kjartan von Hause auf und die zwölfe mit ihm. Sie wollten in die Bezirke im Norden. Sie ritten ihres Weges, bis sie in das vidital im Nordlande kamen, nach Asbjarnarnes, dort wurde Kjartan mit der größten Freundlichkeit und Herzlichkeit empfangen . Da war das stattlichste Hauswesen. Hall, der Sohn Gudmunds, war damals etwa zwanzig Jahr alt und schlug ganz nach der Art der Männer vom Lachstal. Es wird allgemein gesagt, daß es keinen vollkommneren Mann im ganzen Nordvieriel gegeben habe. Hall nahm seinen verwandten mit



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der größten Freundlichkeit auf. Es wurden da sogleich Spiele angesetzt in Asbjarnarnes, und dazu weit herum in den Bezirken Leute aufgeboten; man kam dazu vom Westen heraus dem Midfjord und von vamsnes, und aus dem vatnstal und bis von der Küste vom Langatal; da war eine große Menschenmenge beisammen. Alle Leute sprachen darüber, wie sehr Kjartan über andere Männer hervorrage. Darauf rüstete man sich zum Spiel, und Hall übernahm die Leitung; er forderte Kjartan zum Spiele auf, — " wir möchten, Lieber; daß du uns deine Ritterlichkeit dabei sehen läßt." Kjartan ausartete: Wenig habe ich mich in Spielen geübt in letzter Zeit; denn anders war der Brauch bei König Olaf; doch will ich mich zu Ehren des Tages nicht weigern."Kjartan machte sich nun fertig für die Spiele; die Männer wurden ibm entgegengestellt; die da die stärksten waren. Es wurde nun den Tag über gespielt; da hatte keiner gegen Kjartan aufkommen können, weder an Kraft noch an Gewandtheit.

Und am Abend, als das Spiel geschlossen war; da stand auf Hall, Gudmunds Sohn, und sprach: "Das ist die Einladung meines vaters und sein Wille an alle, die hierher aus der Feme gekommen sind, daß sie alle hier die Nacht über bleiben und hier am Morgen sich wieder vergnügen." Dieser Botschaft folgte großer Beifall und die Einladung fand man eines Häuptlings würdig.

Kalf, Asgeirs Sohn, war dorthin gekommen, und Kjartan und er begrüßten sich überaus herzlich. Da war auch Hrefna, seine Schwester, sie hatte sich sorgfältig geschmückt. Es waren da über hundert Gäste in der Nacht auf dem Hofe.

Am nächsten Tage wandte man sich wieder dem Spiele zu. Kjartan saß da bei dem Spiel als Zuschauer. Thurid, seine Schwester, trat zu ihm und begann eine Unterhaltung und sprach so: Es ist mir erzählt worden, Bruder, du seist ziemlich still gewesen während des Winters; die Leute reden davon, daß du noch Sehnsucht hast nach Gudrun; man schließt das daraus, daß kein freundliches verhältnis mehr ist zwischen euch Vettern, zwischen dir und Bolli, nach so großer Liebe, wie sie unter euch beiden allezeit bestanden hat. Tu nun, was recht



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und verständig ist, und laß dich die Sache nicht anfechten und gönne deinem Freunde die gute Heirat. Mir schiene dag am vernünftigsten, wenn du dich so verheiraten würdest, wie du es im letzten Sommer sagtest, wenn man auch nicht von völliger Ebenbürtigkeit reden kann, was Hrefna angeht, aber das wirst du hier zu Lande nicht finden. Asgeir, ihr Vater ist ein Mann von Ansehen und guter Familie. Es fehlt ihm auch nicht an Geld, diese Heirat ansehnlich zu machen; auch ist seine andere Tochter 1 an einen mächtigen mann vermählt. Du hast mir auch gesagt, daß Kalf, Asgeirs Sohn, der tüchtigste Mann ser die Stellung der Leute ist durchaus hervorragend. Es ist mein Wunsch, daß du dich mit Hrefna unterhältst. und ich vermute , du wirst finden, daß ihr Verstand nicht zurücksteht hinter ihrer Schönheit."Kjartan ging darauf bereitwillig ein und sagte, daß sie die Sache auf den richtigen Weg bringe.

Darauf kamen Hrefna und Kjartan miteinander ins Gespräch und unterhielten sich den Tag über. 2 Am Abend Sagte Thurid, welchen Eindruck er aus der Unterredung mit Hrefna bekommen habe. Kjartan zeigte sich sehr befriedigt, er sagte, nach allem, was er bemerkt habe, schiene sie ihm in jeder Beziehung ein außergewöhnliches Mädchen zu sein.

Am Morgen darauf wurden Leute nach Asgeir gesandt und er nach Asbjarnarnes eingeladen. Nun begann eine Besprechung über diese Angelegenheit, und Kjartan hielt um Hrefna, die Tochter Asgeirs, an. Der nahm die Werbung mit Befriedigung auf, denn er war ein kluger Mann, und sah ein, daß ihm mit dem Antrage hohe Ehre erwiesen wurde. Kalf war eisig, diese Sache zu befördern, — "ich will nicht, daß man sich hier zurückhaltend benimmt." Hrefna gab ihrerseits auch keine abschlägige Antwort und überließ ihrem Vater die Entscheidung. So wurde denn diese Sache in Ordnung gebracht und mit Zeugen beglaubigt. Kjartan ließ sich auf nichts anderes ein, als daß die Hochzeit in Hjardarholt stattfinden sollte, 3 32 Asgeir und Kalf widersetzten sich dem nicht. So wurde denn



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festgesetzt, das man sich fünf Wochen nach Sommeranfang zur Hochzeit einfinden wolle. Darauf ritt Kjartan heim mit reichen Geschenken. Olaf zeigte sich sehr befriedigt über diese Neuigkeit , denn Kjartan war nun viel heitrer, als bevor er von Hause weggeritten war.

Kjartan hielt trockene Langfasten und tat das ohne vorgang anderer hierzulande; denn so ist die Überlieferung, daß er als erster trocken gefastet habe hier in Island. So wundersam kam es den Leuten vor, daß Kjartan so lange ohne rechte Nahrung lebte; daß sie von weit herkamen, ihn zu sehen. Ebenso erhob sich auch sonst Kjartans verb-itten über das andrer männer. Ostern ging so vorüber.

Darauf ließen Kjartan und Olaf für ein großes Fest vorbereitungen treffen. Es kamen von Norden Asgeir und Kalf zur verabredeten Zeit und Gudmund und Hall, sie hatten alle zusammen sechzig Mann mit sich. Auch auf Kjartans Seite war eine große Menge zur Stelle. Dieses Fest war prächtig, denn acht Tage lang saß man bei der Bewirtung. Kjartan gab Hrefna als Brautgabe das Kopftuch, und diese Gabe wurde hochberühmt, denn niemand war so welterfahren oder von so gr sem Reichtum, daß er eine solche Kostbarkeit gesehen oder besessen hätte; verständige Männer haben behauptet, daß acht Öre Gold in das Kopftuch gewebt gewesen seien. Kjartan war auch so heiter bei dem Feste, daß er mit seinem Gespräch jeden einzelnen unterhielt und von seinen Reiseerlebnissen erzählte; den Männern machte es einen großen Eindruck, was für bedeutsame Dinge da zur Sprache kamen, da erlange Zeit dem hervorragendsten Fürsten, dem König Olaf, Tryggvis Sohn, gedient hatte. Und als das Fest zu Ende war; wählte Kjartan wertvolle Geschenke aus für Gudmund und Hall und die andern Großen. Vater und Sohn erwarben sich hohes Lob mit diesem Fest. Kjartan und Hrefna faßten herzliche Liebe zu einander.


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