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Kapitel 

Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


37. Kari, Hruts Sohn, wird durch Zauber getötet

Es war eines Sommers während des Thinges, als Thorleik in seiner Thingbude saß, daß ein großer Mann in die Bude eintrat. Er begrüßte Thorleik und der erwiderte den Gruß des Mannes und Sagte ihn nach seinem Namen und woher er sei. sagte, er heiße Eldgrim und wohne im Gebiet des Borgarfjord auf dem Hofe, der Eldgrimssta dir heiße; und dieser Hof liegi in dem Tal, das sich westlich in das Gebirge zwischen Muti und Grisartunga einschneidet; das Tal heißt jetzt Grimstal. Thorleik sagte "Ich habe über dich sprechen hören, und zwar, daß du ein Mann von nicht kleinem Sinne bist." Eld grim sprach: "Das ist mein Geschäft hier, daß ich dir die wertvollen Zuchtpferde abkaufen will. die Kotkel



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dir im vorigen Sommer gegeben hat." Thorleik antwortete Die Pferde sind mir nicht feil. Eldgrim sagte: "Ich biete dir ebensoviele Zuchtpferde und noch eine Zugabe und viele werden sagen, daß ich dir den doppelten Wert anbiete. Thorleik sagte: Ich bin kein Pferdehändler, und diese Pferde bekommst du niemals. wenn du mir auch das Dreifache dafür bietest." Eldgrim sagte: Das ist nicht gelogen, daß du großmächtig und eigensinnig bist. Ich möchte dir wünschen, daß du eine weniger vorteilhafte Bezahlung bekämest, als ich dir jetzt angeboten habe, und doch die Pferde hergehen müßtest." Thorleik wurde dunkelrot bei diesen Worten und sagte: Du wirst schon etwas mehr wagen müssen, Eldgrim, wenn du mir die Pferde abzwingen willst." Eldgrim sprach : Es kommt dir unwahrscheinlich vor, daß du mir unterliegen könntest, aber diesen Sommer werde ich kommen. mir die Pferde zu besehen, wem von uns beiden es beschieden sein mag, sie in Zukunft zu besitzen. Thorleik sagte: "Tue, was du mir androhst, aber komme mir nicht mit Übermacht. Darauf brachen sie das Gespräch ab. Das sagten die Leute, die zugehört hatten, daß da bei ihrem Wortwechsel keiner zu kurz gekommen sei. Darauf reisten die Leute nach Hause vam Thinge und es geschah gar nichts Besonderes.

Es war eines Morgens in der Frühe, daß ein Mann sich draußen umsah beim Bonden Hrut, dem Sohn des Herjolf, auf Hrutsstadir. Und als er wieder herein kam, fragte ihn Hrut, ob es etwas Neues gäbe. Er sagte, er wüste weiter nichts Neues zu erzählen, als daß er habe einen Mann von drüben durch das seichte Wasser heranreiten sehen, dorthin, wo die Pferde Thorleiks stünden; der Mann sei abgestiegen und habe sich mit den Pferden zu schaffen gemacht. Hrut fragte, wo die Pferde stünden. Der Knecht antwortete: Sie haben sich wieder an die gute Weide gehalten, sie standen in deinen Wiesen nicht weit vom Gehege der Hofwiese. Hrut sagte: "Es ist schon wahr, daß mein Neffe Thorleik sich kein Gewissen daraus macht, die Weide zu nehmen, wo er sie findet, und ich glaube nicht, daß die Pferde auf seinen Befehl fortgetrieben werden." Darauf sprang Hrut auf im Hemde und Leinenhosen und warf



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einen grauen Mantel über sich und nahm in die Hand die graße Streitart mit Goldschmuck, die ihm der König Harald geschenkt batie. 1 Er ging hinaus mit einiger Hast und sah, daß ein Mann mit Pferden am Hofgehege vorüber ritt. Heut trat ihm entgegen und sah, daß Eldgrim 2 die Pferde vor sich hertrieb. Hrut grüßte ihn. Eldgrim erwiderte seinen Gruß, aber etwas zögerns. Hun fragte, wohin er die Pferde treiben walle. Eldgrim antwortete: "Ich will dir das nicht verbergen, obgleich ich weiß, daß du ein Verwandter Thorleiks bist: so bin ich zu den Pferden gekommen, daß ich gedenke, sie ihm niemals wieder zu geben. Ich habe auch das ausgeführt, was ich ihm auf dem Thinge gelebte, daß ich nicht mit einer großen Schar die Pferde baien wollte." Hrut sagte: "Das ist kein besonderer Mut, wenn du die Pferde wegnimmst, während Thorleik in seinem Bett liegt und schläft. Du wirst das am besten ausführen, was ihr miteinander ausgemacht habt, wenn du ihn triffst, ehe du mit den Pferden aus unsrer Gegend reitest." Eldgrim sprache "Laß es Thorleik wissen, wenn du willst, du siehst ja, ich habe mich so vorbereitet, daß es mir nur gefallen könnte, wenn Thorleik und ich zusammentrafen," — und dabei schwenkte erden Hakenspeer, den er in der Hand hielt. Er trug auch einen Helm auf dem Kopfe und hatte ein Schwert am Gürtel, einen Schild an der Seite; ertrug eine Brünne. Hrut sprach: "Ich will lieber suras andres versuchen als nach Kambsnes zu gehen, denn ich bin schwerfällig auf den Füßen; aber nicht werde ich Thorleik berauben lassen, wenn ich es verhindern kann, obgleich unsere verwandtschaft nicht viel besagen hat. 3 Eldgrim sprach: "Du denkst doch nicht etwa mir die Pferde wegzunehmen:" Hrut antwortete: "Ich will dir andre Zuchtpferde geben, unter der Bedingung, daß du diese losläßt, wenn meine auch nicht eben so gut sind wie diese." Eldgrim sprach: "Alles sehr gut, was du redest, Hrut, aber, weil ich meine Hand auf die Pferde Thorleiks gelegt habe, so sollst du mir sie nicht entreißen, weder mit Bestechung,



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nach mit Drohung." Da antwortete Hrut: "Ich glaube, du wählst für uns beide eine Entscheidung, die gefährlicher sein wird." Eldgrim wallte nun abbrechen und trieb sein Pferd an. Als aber Hrut das sah, schwang er die Streitart und traf Eldgrim zwischen den Schultern, so daß gleich die Brünne zerriß und die Art durch die Brust herausdrang. Eldgrim fiel tot vom Pferde, wie zu erwarten war. Darauf bedeckte Hrut die Leiche; 1 die Stelle heißt Eldgrimsholt, südlich von Kambsnes. Dann ritt Hrut binah nach Kambsnes und brachte Thorleik diese Nachricht. Er brach in Zorn aus und meinte, daß durch den ganzen Hergang ihm große Beschämung zugefügt sei, während Hrut dachte, ihm einen großen Freundschaftsdienst geleistet zu haben. Thorleik sagte, dieses üble Spiel könne er auch nichts Gutes erwarten. Hrut sagte, er möge tun, was er für richtig halte. Sie schieden ohne Freundlichkeit van einander. Hrut war achtzig Jahre alt. -its er Eldgrim erschlug, und er stand groß da durch diese Tai. Nur Thorleik wollte Hrut deshalb nicht mehr gelten lassen, weil man diese Tat so erhob; er hielt es für selbstverständlich, daß er Eldgrim überwunden haben würde, hätten sie sich miteinander gemessen, so wenig wie das Glück dem Eldgrim hold gewesen war.

Thorleik begab sich nun zu seinen Pächtern. Kotkel und Grima, und bat irgend etwas auszuführen, warin für Hrut eine Beschämung liege. Sie zeigten sich sehr willig dazu und sagten, sie seien völlig gerüstet für sa etwas. Darauf kehrte Thorleik heim.

Aber kurze Zeit darauf brachen sie auf. Kotkel und Grima und ihre Söhne; es war in der Nacht. Sie begaben sich zum Hofe Hruis und begannen dort einen starken Sauber. Und als die Zauberklänge sich erhoben, da konnten die Leute im Hause sich gar nicht denken. was das bedeuten sollte; aber schön war die Weise anzuhören. Hrut allein kannte diese Töne und ver



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bot allen, während dieser Nacht hinauszuschauen — und bleibe jeder wach, so weit er kann, dann wird uns kein Schaden ankommen, wenn wir uns so halten. Aber doch schliefen alle ein. Hrut hielt sich am längsten wach, dann schlief er auch ein. Kari hieß ein Sohn Hruts, er war damals zwölf Jahr alt und der trefflichste unter Hruts Söhnen. Der liebte ihn sehr. Kari schlief fast gar nicht; gegen ibn war der Zauber gerichtet, daher konnte er sich nicht beruhigen. Er sprang auf, um hinauszuschauen. Er ging auf die Zauberstelle zu und stürzte sofort tot nieder. Am Morgen erwachte Hrut mit seinen Leuten und vermißte seinen Sohn; man fand ihn leblos nicht weit von der Tür. Hrut empfand das als den schwersten verlust und ließ einen Hügel über dem Toten aufwerfen.

Dann ritt er zu Olaf, Höskulds Sohn, und berichtete ihm, was geschehen war. Olaf wurde wütend über diese Kunde und sagte, es sei eine große Gedankenlosigkeit von ihnen gewesen, daß sie hätten solche Bösewichter wie die Kotkelleute so in ihrer Nähe sitzen lassen; er sagte, Thorleik habe sich gegenüber Hun in eine sehr böse Sache eingelassen, doch sei die Wirkung wohl schlimmer gewesen, als er gedacht habe. Olaf sagte, sie wallten nun auf der Stelle Kotkel, seine Frau und seine Söhne töten, —"und das hätte längst geschehen sollen. 1 Olaf und Hrut zogen aus mit fünfzehn Mann. Und als Kotkel und die Seinen den Trupp anreiten sahen, flohen sie ins Gebirge. Da wurde Hallbjörn Schleifsteinauge gefangen und ihm ein Sack übern Kopf gezogen. 2 Es wurden Leute bestimmt, die ihn zu bewachen hatten, und andere verfolgten Kotkel, Grima und Stigandi ins Gebirge. Man holte sie ein auf dem Rücken zwischen dem Haukatal und dem Lachswassertal; da wurden sie mit Steinen erschlagen und über ihnen ein Steinhaufen aufgeworfen, man siebt noch Reste davon , die Stelle heißt Skrattavardi. 3 Stigandi floh vom Bergrücken südwärts hinunter ins Haukatal und da entschwand er ihnen. Hrut und seine Söhne führten Hallbjörn mit sich zum Strande. Sie zogen ein Boot ins Wasser und ruderten mit



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ihm vom Lande. Dann nahmen sie ihm den Sack vom Kopfe und banden ihm einen Stein an den Hals. Hallbjörn warf einen Blick nach dem Lande, und der Ausdruck der Augen bedeutete nichts Gutes. Hallbjörn sprach: "Es war kein günstiger Tag für uns, als unsre Familie dort bei Kambsnes mit Thorleik zusammentraf. So bestimme ich denn," sagte er, "daß Thorleik von nun an dort keinen Sahen Tag mehr haben und alle eine leidvolle Wohnstätte finden sollen, die sich an seine Stelle setzen." Diese verwünschung scheint ganz eingetroffen zu sein. Darauf ertränkten sie ihn und ruderten an Land.

Kurze Zeit darauf kam Hrut zu seinem Neffen Olaf und sagte ihm, er wolle die Sache mit Thorleik nicht so auf sich beruhen lassen und bat ihn um Leute; Thorleik anzugreifen. Olaf antwortete: Das gehört sich nicht, daß ihr verwandten Hand aneinander legt; unglückselig hat sich das Thorleik gewendet; wir wollen lieber versuchen, euch beide zu versöhnen. Du hast ja schon früher mit Ehren und lange ausgeharrt, bis dir dein Recht wurde. 1 Hrut sagte: "Hier ist an so etwas nicht zu denken, zwischen uns beiden kann der Bruch niemals mehr heilen; es ist mein verlangen, daß wir beide nun nicht lange mehr nebeneinander im Lachswassertal wohnen. Olaf antwortete: Es wird dir nicht dienlich sein, weiter gegen Thorleik vorzugehen, als ich es erlaube; und wenn du es doch tust, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß auf das Hinauf ein Hinunter folgt." Hrut merkte nun, daß hier nichts zu machen war, er kehrte heim und war sehr übel damit zufrieden, aber äußerlich blieb es ruhig und die Leute verhielten sich das Jahr über.


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