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Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


24. Olaf baut den Hof Hjardarholt

Olaf und Thorgerd waren nun in Höskuldsstadir und faßten große Liebe zu einander. Leicht war es zu er



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kennen für jedermann, daß sie eine Frau von großartigern Wesen war. In alltägliche Dinge mischte sie sich wenig ein, aber das mußte geschehen, was Thorgerd wollte, wenn sie sich einmal für etwas eingesetzt hatte. Olaf und Thorgerd waren abwechselnd diesen Winter über in Höskuldsstadir und bei Olafs Pflegevater. Im Frühling übernahm Olaf die Wirtschaft in Goddastadir. Im Sommer fiel Thord Gaddi in eine Krankheit, die zum Tode führte. Olaf ließ über dem Toten einen Hügel aufwerfen auf der Landzunge, die in den Lachsfluß hineingeht und Drafnarnes heiße. Dabei ist eine Einhegung. die nach dem Hügel benannt ist 1.

Nun sammelten sich Leute unter Olafs Schutzherrschaft und er wurde ein großer Häuptling. Höskuld mißgönnte ihm das durchaus nicht, er war immer dafür, daß Olaf bei allen wichtigen Streitfragen angerufen wurde. Die Wirtschaft. die Olaf hatte, war die bedeutendste im Lachswassertal. Zwei Brüder waren bei Olaf, die beide An hießen; einer wurde genannt An der Weiße, der andre An der Schwarze. Ein dritter Mann hieß Beinir der Starke. Das waren Olafs Handwerksleute, alle drei tapfere Männer. Thorgerd und Olaf hatten eine Taster, die Thurid hieß.

Die Ländereien, die Hrapp gehabt hatte, lagen wüst, wie oben geschrieben ist. Olaf schienen sie günstig gelegen sein; er schlug es einmal seinem Vater vor, daß sie Leute zu Thorkel Zipfel mit der Mitteilung schicken wollten, daß Olaf ihm das Land von Hrappsstadir und die anderen dazu gehörenden Grundstücke abkaufen wolle. Das Geschäft war leicht erledigt, der Kauf wurde abgeschlossen, denn Thorkel hielt dafür, daß eine Krähe in der Hand ihm mehr wert sei als zwei im Walde. Sie machten ihren Handel so, daß Olaf drei Mark Silber fur das Land zahlen sollte. Aber die Vorteile dabei standen nicht gleich, denn es waren weite und schöne und sehr gewinnbringende Ländereien; gute Lachssischereien und Seehundsplätze gehörten dazu; auch waren da große Wälder.

Etwas talaufwärts von Höskuldsstadir, aber nördlich vom Lachswasser; war eine Rodung in den Wald geschlagen, und



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man konnte äch ziemlich darauf verlassen, daß Olafs vieh sich dort sammelte, 1 mochte die Witterung gut oder schlecht sein.

Es war in einem Herbste, daß in derselben Lichtung Olaf einen Hof bauen ließ aus den Stämmen, die dort im Walde geschlagen waren; 2 ein Teil kam auch vom Treibholzstrande. Dieser Hof war ansehnlich. Die Gebäude standen den Winter über leer. Im Frühling darauf wollte Olaf dort einziehen und ließ vorher sein vieh zusammentreiben, das war eine große Masse geworden, denn keiner am Breidifjord war damals reicher an vieh.

Olaf sandte nun zu seinem Vater mit der Bitte, daß er draußen stehen und sich den Zug ansehen solle, wenn Olaf in diesen neuen Hof einziehen würde, und daß er segnende Worte ausspräche. Höskuld sagte, das solle so geschehen. Olaf ordnete nun alles an, er ließ zuerst das Schafvieh treiben, das am scheusten war; dahinter kam das Milchvieh. Darnach wurde das Geltvieh getrieben; zum Schluß kamen die Packpferde. Die Leute waren so in dem Zuge verteilt, das im Marsch kein Haken geschlagen wurde. Die Spitze des Zuges war an dem neuen Hofe im gleichen Augenblick angekommen, da Olaf aus dem Hofe von Goddastadir abritt, 3 und im Zuge war nirgends eine Lücke.

Höskuld stand draußen mit den Leuten seines Hofes. Da sprach Höskuld, sein Sohn Olaf solle willkommen sein und gute Zeit haben auf dieser neuen Wohnstätte, " und so sagt mir meine Ahnung, es wird geschehen, daß sein Name lange fortleben wird." Jorunn, seine Frau sagte:"Dieser Magdssohn hat schon Reichtum genug dazu, daß sein Name fortleben wird."

Gerade, als die Knechte die Lasten von den Packpferden abgeladen hatten, ritt Olaf in den Hof. Da nahm er so das Wort: "Nun soll den Männern die Neugierde gestillt werden, wie dieser Hof heißen wird, worüber den ganzen Winter hindurch 1 Diese Bemerkung begründet die Wahl des namens für den Hof, den Olaf dort anlegt. 2 Sonderbar ist, daß hier nickst das Bauholz erwähnt wird, das Olaf von K nig Harald erhalten hatte. Daß der isländische ,Wald' Bau- bolz geliefert hase, sagenhafte Ausschmückung. Der Zug müßte dar- nach etwa fünf Kilometer lang gewesen sein!



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geredet worden ist. Er soll heißen: im Hjardarholt." 1 Dieser Name schien den Leuten gut erfunden nach dem, was da vorgegangen war.

Olaf richtete nun die Wirtschaft ein in Hjardarbolt. Der Hof war bald in prächtigem Stande; da fehlte es an nichts. Nun stieg Olafs Ansehen sehr. Dazu trug mancherlei ber Olaf war vor allen andern beliebt, denn, wenn er sich darauf einließ, etwas zu entscheiden in Streitsachen der Männer, so war jeder wohl zufrieden mit seinem Teil. Sein Vater unterstützte ihn kräftig in seiner Stellung. Olaf empfing auch eine große Stärkung durch seine Verbindung mit den Myrarmännern. Olaf galt als der mächtigste unter den Söhnen Höskulds.

Im ersten Winter, den Olaf in Hjardarholt zubrachte, haue er viele Hausleute und ?Arbeiter; die ganze Arbeit war verteilt unter den Knechten; einer hatte für das Geltvieh. ein anderer für die Milchkühe zu sorgen. Der Ochsenstall lag abseits im Walde, ziemlich entfernt vom Hofe. Eines Abends kam der Mann zu Olaf, der das Geltvieh zu besorgen hatte, und bat ihn, einen andern Mann für die Viehwartung zu bestimmen, "ich möchte gern eine andere Arbeit haben." Olaf antwortete: "Ich will, daß du deine Arbeit behältst wie bisher." Der Mann sagte, dann wolle er lieber fort. "Da muß etwas nichtin Ordnung sein," sagte Olaf, "ich will heute abend mit dir gehen, wenn du das Vieh im Stall anbindest, und wenn ich da etwas finde, das dich entschuldigt, will ich nichts weiter sagen, andernfalls wirst du deinen gebührenden Teil schon bekommen." Olaf nahm seinen mit Gold eingelegten Speer in die Hand, das Königskleinod; erging nun aus dem Hause und der Knecht mit ihm. Es lag etwas Schnee auf der Erde. Sie kamen um Stall, der stand offen; Olaf sagte, daß der Knecht hineingehen solle: "Ich werde dir die Rinder zutreiben, und du bindest sie dann an." Der Knecht ging auf die Stalltür zu. Aber ehe Olaf sichs versah, kam der Knecht zurück ibm in die Arme gelaufen . Olaf Sagte ihn, was ihn so erschreckt habe. Er antwortete: "Hrapp steht in der Stallthür und wollte nach mir langen, und ich habe die Ringerei mit ihm satt." Olaf trat nun



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zur Tür und stieß mit dem Speer nach ihm. Hrapp griff mit beiden Händen um die Tülle der Spitze und drehte sie zur Seite, so daß gleich der Schaft zerbrach. Olaf wollte da auf Hrapp zustürzen, aber Hrapp versank dort, wo er stand. So trennten sie sich: Olaf hatte den Schaft und Hrapp die Spitze. Darauf band Olaf mit dem Knecht die Rinder fest, und sie gingen dann beim. Olaf sagte zu dem Knecht, er würde ihm keine vorwürfe mehr machen für seine Worte. Am nächsten Morgen ritt Olaf aus dem Hofe nach der Stelle, wo Hrapp unter einem Steinhaufen beigesetzt war und ließ dari nachgraben . Hrapp war da noch unverwest. Dort fand Olaf auch seine Speerspitze. Darauf ließ er einen Scheiterhaufen errichten, Hrapp wurde verbrannt und seine Asche ins Meer hinausgeschaut. Von da ab kam es nicht mehr vor, daß jemandem durch Widergängerei von Hrapp ein Leid geschah.


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