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Kapitel 

Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


16. Vigdis scheidet sich von Thord

Unterdessen kam Asgaut nach Hause. Vigdis empfing ihn herzlich und fragte ihn, ob sie in Saudafell gute Aufnahme gefunden hätten. Er erzählte, wie gut sie es getroffen hätten, und sagte ihr auch die Worte wieder, die Thorolf zum Schluß gesprochen hatte. Ihr gefiel das wohl. "Du hast nun, Asgaut," sagte sie, deine Sache gut gemacht und getreulich; so sollst du nun auch gleich sehen, wofür du dich gemüht hast. Ich gebe dir die Freiheit, so daß du dich von diesem Tage ab einen freien Mann nennen darfst; dazu sollst du das Geld annehmen, das Thord für den Kopf meines Verwandten Thorolf bekommen hat; so ist das Geld besser angewandt." Asgaut dankte ihr für diese Schenkung mit passenden Worten. Im Sommer darauf nahm sich Asgaut einen Platz auf einem Schiff, das bei Dagverdarnes lag. Das Schiff ging in See. Sie hatten starken Wind und keine lange Reise; sie kamen nach Norwegen. Dann fuhr Asgaut nach Dänemark und machte sich dort seßhaft, und er galt als ein wackerer Mann. Und damit ist seine Geschichte zu Ende.

Infolge der verabredung zwischen Thord Gaddi und Ingjald, dem Saudeygoden, die sie gegen das Leben Thorolfs, des Verwandten der Vigdis, geschlossen hatten, zeigte diese nun offene Feindseligkeit gegen Thord Gaddi sie erklärte, daß sie sich als von ihm geschieden betrachte, und reiste zu ihren verwandten und teilte ihnen das mit. Thord Brüller billigte dieses vorgehen nicht — er war das Oberhaupt der Familie, —indessen blieb alles ruhig. Vigdis hatte aus Goddastadir kein anderes Gut mitgenommen als ihre Schmucksachen. Die Leute



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von Hvamm ließen verlauten, daß sie gedächten, auf die Hälfte des Vermögens Anspruch zu machen, das Thord Gaddi zu seiner verfügung gehabt hatte. Darüber wurde er sehr besorgt und ritt gleich zu Höskuld und berichtete ihm von seiner Not. Höskuld sprach: "Du hast ja schon das Zittern bekommen, wenn du es nicht mit so großmächtigen Gegnern aufnehmen solltest." Da bot Thord Höskuld Geld seine Hilfe und sagte, er wolle sichs etwas kosten lassen. Höskuld sagte: Es ist ja bekannt. daß, wenn es nach dir geht, kein Mensch mit deinem guten Willen von deinem Geld etwas haben soll." Thord antwortete: "Diesmal wird es doch nicht so sein, denn ich bin gern bereit, dir das ganze Geld rechtskräftig zuzusichern. Außerdem will ich mich erbieten, deinen Sohn Olaf zur Erziehung aufzunehmen und ihm nach meinem Tode mein ganzes vermögen zu vermachen; denn ich habe keinen Erben hier im Lande und meine, so ist das Geld besser angewendet, als wenn die Verwandten der Vigdis ihre Tatzen drüber schlagen." Damit war Höskuld einverstanden und ließ alles in einem vertrage festmachen. Melkorka war nicht damit zufrieden; die Erziehung durch Thord kam ihr wie eine Erniedrigung vor. Höskuld sagte: sie sei sehr kurzsichtig: "Thord ist ein alter Mann und kinderlos, ich erwarte, daß sein ganzes vermögen nach seinem Tode Olaf zufällt; und du kannst deinen Sohn besuchen, so oft du willst." Darauf nahm Thord den siebenjährigen Olaf zu sich und gewann ihn sehr lieb. Dies erfuhren die Leute, die Ansprüche an Thord Gaddi machten, und es schien ihnen nun schwieriger, ihre Forderung zur Geltung zu bringen. Höskuld schickte dem Thord Brüller reiche Geschenke und bat ihn, in dieser Sache nicht seinem Unwillen nachzugeben, denn gesetzlich hätten sie kein Geld von Thord zu beanspruchen ; er sagte, Vigdis könne gegen Thord nichts vorbringen, das erwiesen sei und als Scheidungsgrund gelten könne; "und Thord war deshalb nicht unwürdiger. wenn er auf Mittel und Wege sann, sich des Mannes zu entledigen, der auf Thords Kosten lebte und so voller Schuld war wie ein Dornbusch voller Stacheln". —Und als diese Mitteilung von Höskuld mit großen Geldgeschenken an Thord Brüller kam, ließ sich Thord de



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ruhigen und sagte, das vermögen sei in guter Hand, wenn Höskuld darüber verfügung hätte; und er nahm die Geschenke an, und es blieb dann Ruhe in dieser Sache, freilich war das verhältnis kübler. als vorher. Olaf wuchs bei Thord Gaddi auf und wurde groß und stark; er war so schön, daß ihm darin keiner gleich kam. Ab er zwölf Winter alt war, ritt er zum Thing, und die Leute aus andern Gegenden konnten äch nicht genug tun, einen so herrlich gewachsenen Menschen zu bewundern. Olaf war aber auch sehr sorgfältig in seiner Bewaffnung und Kleidung; so fiel er gleich vor allen andern Männern ins Auge. Thords Ansehen hatte sich sehr gehoben, seit Olaf zu ihm gekommen war. Höskuld gab Olaf einen Beinamen und nannte ihn Pfau. Dieser Name haftete an jom.


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