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Kapitel 

Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


15. Vigdis rettet Thorolf

Dann standen Ingjald und seine Leute auf und kleideten sich an. Vigdis Sagte Thord, worüber er und Ingjald am Abend gesprochen hätten. Er sagte, sie hätten vielerlei gesprochen und seien übereingekommen, es solle eine Haussuchung abgehalten werden und er und Vigdis aus der Sache sein, wenn gefunden würde:"Ich habe nun durch meinen Knecht Asgaut den Mann wegbringen lassen." Vigdis sagte, sie gebe nichts auf Lügen, es sei ihr auch verhaßt, daß Ingjald in ihrem Haus herumschnüffeln solle, Thord möge aber in dieser Sache tun, was er für gut halte. Dann hielt Ingjald dort eine Haussuchung ab und fand den Mann nicht. Unterdessen kam Asgaut zurück, und Vigdis Sagte ihn, wo er sich von Thorolf getrennt habe Asgaut antwortete: "Ich habe ihn in unsern Schafstall gebracht, so wie Thord befohlen hatte."Vigdis sagte:"Kann etwas bequemer für Ingjald auf der Straße liegen, wenn er zum Schiff zurückkehrt: Es ist nicht schwer zu erraten, daß sie diesen Plan gestern abend zusammen verabredet haben. Ich will, daß du auf der Stelle gehst und ihn so schnell als möglich fortbringst. Du sollst ihn nach Saudafell zu Thorolf schaffen. Wenn du dad tust was ich dir befehle, sollst du auch etwas dafür bekommen: die Freiheit will ich dir geben und so viel Geld, daß du reisen kannst, wohin du willst." Asgaut versprach das und ging zum Schafstall und fand Thorolf dort. Er forderte ihn auf, so schnell als möglich sich auf den Weg zu machen. Zur selben Zeit ritt Ingjald von Goddastadir ab, denn er dachte nun die Ware für sein Geld



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einzufordern. Und als er vom Hofe etwas weiter talab gekommen war, sahen sie zwei Männer auf sich zuschreiten, das waren Asgaut und Thorolf. Es war früh am Morgen und noch wenig Tageslicht. Asgaut und Thorolf waren nun in die schlimme Klemme geraten, daß sie auf der einen Seite den Ingjald, auf der andern das Lachswasser hatten. Der Fluß war sehr hoch, festes Eis lag an beiden Ufern, aber nach der Mitte zu war das Eis aufgegangen, der Fluß sah sehr gefährlich aus. Thorolf sprach zu Asgaut "Nun, scheint mir, haben wir zwischen zwei Dingen zu wählen. Das eine ist, wir warten hier am Ufer und wehren uns, so wie Mut und Manneskraft uns taugt; freilich ist wohl zu befürchten, daß Ingjald bald unser Leben in seiner Hand haben wird. Das andere ist, wir versuchen es mit dem Flusse; allerdings wird das auch nicht gefahrlos sein."Asgaut bai ihn, selbst sich zu entschieden , er sagte, er würde ihn nicht verlassen, " was für einen Entschluß du hier auch fassen magst." Thorolf erwiderte: "Wir wollen in den Fluß." Und das tun sie nun; sie machen sich so leicht als möglich. Dann gingen sie hinunter zum Eise, sprangen in den Fluß und schwammen. Und weil sie Kraft und Mannheit hatten und ihnen längeres Leben bestimmt war, kamen sie über den Fluß und auf das feste Eis auf der andern Seite. Gerade in dem Augenblick, als sie das Ufer erreicht hatten, kam gegenüber Ingjald mit seinen Begleitern an den Fluß, Da nahm Ingjald das Wort und sagte zu seinen Begleitern: Was ist nun zu tun: Sollen wir in den Fluß oder nicht?"' Sie sagten, er habe zu bestimmen; sie würden sich seiner Einsicht unterwerfen doch schiene ihnen der Fluß unpassierbar. Ingjald sagte, das sei auch so; wir wollen den Fluß aufgeben ." Und als Thorolf und Asgaut das sahen, daß Ingjald und seine Leute sich nicht in den Fluß wagten, da rangen sie erst ihre Kleider aus und machten sich dann auf die Wanderung und wanderten den ganzen Tag; sie kamen abends nach Saudafell. Dort wurden sie wohl aufgenommen, denn da war Herberge für jedermann. Und noch am selben Abend trat Asg vor Thorolf Rotnase und erzählte ihm die ganze Geschichte, die sie dorthin geführt hatte, daß Vigdis, seine verwandte, ihm



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diesen Mann geschickt habe, der zu ihm gekommen sei, damit er bei ihm Halt und Schutz finde. Er sagte ibm alles, was auf dem Hofe des Thord Gaddi vorgefallen war. Dazu wies er die Wahrzeichen vor, die ihm Vigdis für Thorolf mitgegeben hatte. Thorolf antwortete folgenderweise: "Nicht werde ich diese Wahrzeichen verleugnen; ich will gewiß nach ihrer Weisung mich dieses Mannes annehmen; ich finde, daß Vigdis diese Sache brav durchgeführt hat; es ist ein großer Jammer, daß eine solche Frau so unwürdig verheiratet ist; und du, Asgaut, magst hier bleiben, so lange es dir beliebt." Asgaut sagte, daß er nicht lange dableiben könne. Thorolf nimmt sich nun seines Namensvetters an und macht ihn zu seinem Gefolgsmann. Er und Asgaut scheiden als gute Freunde, und Asgaut macht sich auf den Heimweg.

Nun ist ven Ingjald zu erzählen, daß er nach Goddastadir zurückkehrte, nachdem Thorolf ihm entkommen war. Da hatten sich Männer aus den nächsten Höfen auf das Gebot der Vigdis eingefunden; es waren da nicht weniger als zwanzig Mann beisammen. Und als Ingjald mit seinen Leuten auf den Hof gekommen war, rief er Thord zu sich und sprach:"Unehrlich haft du dich gegen uns benommen, Thord," sagte er, "denn wir wissen das bestimmt, daß du diesem Mann zur Flucht verholfen hast." Thord sagte, das sei eine unbegründete Beschuldigung; nun kam ihre ganze verabredung, die Ingjald und Thord miteinander getroffen hatten, ans Licht. Ingjald wollte nun sein Geld wiederhaben, das er dem Thord gegeben hatte. Vigdis war bei ihrer Unterredung zugegen und sagte, es sei ihnen ergangen, wie sies verdient hätten; sie verlangte von Thord, daß er dieses Geld nicht behalte: " denn du hast, Thord," sagte sie, "dieses Geld auf unehrliche Weise erworben." Thord erwiderte, es müsse nun schon alles nach ihrem Willen gehen. Darauf ging Vigdis hinein zu der Kiste, die Thord gehörte, und fand da am Boden einen schweren Geldbeutel . Sie nahm den Beutel und kam damit heraus, dorthin, wo Ingjald stand, und bat ihn, das Geld in Empfang zu nehmen. Ingjald machte fröhliche Augen, als er den Beutel sah, und streckte die Hand darnach aus. Vigdis hob den Geldbeutel und



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schlug ihn damit auf die Nase, so daß gleich das Blut zur Erde floß. Dabei bedachte sie ihn mit vielen höhnenden Worten, sagte ihm auch, daß er dieses Geld niemals mehr zurückerhalten solle, und hieß ihn sich fortscheren. Ingjald sah, daß es das beste für ihn sei, sich so schnell als möglich auf den Weg zu machen. Das tat er auch und rastete nicht eher auf der Fahrt, bis er nach Hause kam, und er war übel zufrieden mit seiner Reise.


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