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Kapitel 

Die Geschichte von dem starken Grettir dem Geächteten


Übertragen von Paul Herrmann


Mit 8 Ansichten und einer Karte

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


80. Die Blutvergiftung

Am Abend gingen sie zu Beit. Gegen Mitternacht begann Grettir sich hin und her zu werfen. Jllugi fragte, warum er so unruhig wäre.

Grettir antwortete, er fühlte Schmerzen im Bein: "Ich glaube, es hat seine Farbe verändert."

Sie zündeten Licht an. Und als der verband abgenommen war, war das Bein geschwollen und schwarzblau, die Wunde war



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aufgesprungen und sah viel schlechter aus als im Anfang. Es folgten starke Schmerzen, so daß er nicht einen Augenblick still liegen konnte, und kein Schlaf kam in seine Augen.

Da sprach Grettir: "Wir müssen darauf gefaßt sein, daß die Krankheit, die ich bekommen habe, unheilbar ist, denn sie ist durch Zauberei hervorgerufen, und die Alte wird glauben, sie habe sich für den Steinwurf gerächt."

Jllugi antwortete: "Ich habe schon einmal gesagt, daß sie uns Unglück bringt!"

Es kommt alles auf eins heraus," entgegnete Grettir und sprach die verse:



***
65
Lang kannt ich mein Leben
Schützen wider Schützen;
Hinterhalt der Feinde
Hielt mein beller Schild ab.
Alte Hexe hat durch
Zauber heut geraubt mir
Kraft. Bin schwach. Der Schurken
Tücke schafft nicht Glück uns.


***
65 a
Oft entschied das Schwert zum
Glück der Männer Schicksal.
Meine mächtgen Kräfte
Berserker bemerkten.
Hjarrandi büßte dort ein
Beide Hände, leider
Leib und Leben Gunnar,
Bald sank Björns Gestalt auch. 1


***
65 b
Kam mit breitem Boote
Weiland auf ein Eiland,
(Wölbung wie ein Tor hat's),



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Lang mit Waffen rang ich.
Torsi, Vebrands Sprößling,
Tapfer kämpfen tat er.
In dem Spiel der Speere
Spart' er keine Scharte. 1


***
65 c
In der Waffen Wortstreit, 2
Wahrlich, oftmals war ich.
Solch ein Ausgang immer
Ward dem Kampf, dem harten:
Von der Walstatt wich er,
Fern der Mut dem Herrn war.
Schieden wir, so schenkt er
Hengst, den hofft ich längst mir.


***
65 d
Mir gemeldet war einst,
Thorbjörn 3 träte vor mich,
Töten wollt' der Tapfre,
Leben mir nicht geben.
Kaum erklang die Klinge,
(Kläglich war's unsäglich!) —
Fort vom Kampffeld floh er,
Keiner war mehr bei mir.

"Nun müssen wir gut aufpassen!" sagte Grettir. "Denn Thorbjörn und die Alte sind sicher nicht gewillt, es dabei sein Bewenden haben zu lasen. Ich gebiete, daß du, Glaum, jeden Tag von nun an auf die Leiter Obacht gibst und sie am Abend in die Höhe ziehst. Tu das getreulich, denn es kommt viel darauf an; aber wenn du uns betrügst, wird das Unglück dich bald erreichen."

Glaum versprach das beste. Nun trat sehr schlechtes Wetter ein. Ein scharfer Nordostwind blies, und es war grimmig kalt. Grettir fragte jeden Abend, ob die Leiter in die Höhe gezogen wäre.



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Glaum sprach: Wie sollte man jetzt hier Menschen erwarten? Glaubst du, jemandem liegt soviel daran, dich zu erschlagen, daß er dafür sein eigenes Leben aufs Spiel setzen soll: Bei diesem Wetter kann niemand hierher kommen. Ich meine, jetzt ist es aus mit deinem Mut und mit deiner Tapferkeit, seit du glaubst, überall den Tod zu sehen."

"Du wirst dich jedenfalls feiger betragen," antwortete Grettir; wenn es darauf ankommt. Aber auf die Leiter sollst du aufpassen , ob du willst oder nicht!"

Sie jagten ihn jeden Morgen hinaus. Das gefiel ihm gar nicht. Der Schmerz in der Wunde nahm zu, so daß das ganze Bein anschwoll, der Schenkel wurde oben und unten ausgehöhlt, und die ganze Wunde ging in Eiterung über, so daß Grettir dem Tode nahe war. Jllugi wachte über ihm Nacht und Tag und vergaß darüber alles andere. So war ein Teil der zweiten Woche vergangen, seit Grettir die Wunde erhielt.


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