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Kapitel 

Die Geschichte von dem starken Grettir dem Geächteten


Übertragen von Paul Herrmann


Mit 8 Ansichten und einer Karte

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


66. Grettir steigt in die Höhle unter dem Wasser hinab und tötet einen Riesen

Nun ist von Grettir zu erzählen, daß er einen Stein an der Schlinge des Seils befestigte und ibn in den Wasserfall hinabließ.

"Wie willst du's nun machen" fragte der Priester.

"Ich will nicht gebunden sein," antwortete Grettir, " wenn ich in den Wasserfall hinunter komme; mir ahnt, daß ich den Seien Gebrauch meiner Glieder nötig habe."

Darauf machte er sich fertig für die Fahrt; er hatte nur wenige Kleider an, hatte das Schwert an seiner Seite und weiter keine Waffe. Dann sprang er von dem Felsen, von dem der Wasserfall herabstürzt, in den Fall hinunter. Der Priester sah kurze Zeit seine Fußsohlen, wußte aber sonst nicht, was aus ihm geworden war. Grettir tauchte unter hinter dem Fall, und das war schwer genug, denn der Wasserwirbel war reißend, und er mußte bis auf den Grund tauchen, bis er hinter den Wasserfall kam. Dort war eine Anhöhe, und diese kletterte er hinauf. Dort war eine große Höhle hinter dem Wasserfall, und der Fluß stürzt vor der Höhle von dem Felsen herab. Er ging in die Höhle hinein, und in ihr brannte mächtiges Feuer. Grettir sah da einen Riesen sitzen, fürcherlich groß und gräßlich anzusehen. Als Grettir auf ibn zukam, sprang der Riese auf. ergriff einen Spieß und schlug nach dem Ankömmling, denn man konnte damit sowohl stechen wie hauen, Ein Holzschaft war daran; die Waffe, die so beschaffen war, nannte man Heptisar, d. h. Schaftschwert. Grettir schlug mit dem Schwert nach ihm und traf den Schaft, so daß er in Stücke ging. Der Riese wollte hinter sich nach dem Schwerte langen, das in der Höhle hing. In diesem Augenblicke traf ihn Grettir an die Brust und durchschlug ihm die untersten Brustknochen und den Bauch, so daß die Eingeweide aus ihm herausstürzten



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in den Fluß, und der Strom trieb sie weiter. Und der Priester, der auf das Seil aufpassen sollte, sah, wie die blutigen Fasern vor dem Strom trieben. Da hielt er in der Gefahr nicht stand und war überzeugt; daß Grettir tot wäre. Er lief von der Stelle weg, wo das Tau festgebunden war, und eilte nach Hause. Der Abend war schon hereingebrochen. Der Priester erzählte als gewiß, daß Grettir tot wäre, und sagte, es wäre ein großer Schade um ihn — einen Mann wie er gewesen wäre!

Nun ist wieder von Grettir zu erzählen: er schlug einen Hieb nach dem andern, bis der Riese tot war. Dann ging er tiefer in die Höhle hinein. Er zündete ein Licht an und untersuchte die Höhle. Davon wird nichts erzählt, wieviel Geld er in der Höhle gefunden habe; aber man glaubt, daß es etwas war. Er fand dort die Gebeine von zwei Menschen und legte sie in einen Sack. Darauf verließ er die Höhle, schwamm nach dem Seil hin und rüttelte daran, denn er dachte, der Priester wäre noch da. Als er erkannte, daß der Priester nach Hause gegangen wäre, mußte er sich mit den Händen emporziehen, und es gelang ihm auch, den Felsen zu erreichen. Er ging nach Eyjadalsa und legte den Sack mit den Gebeinen vor dem Eingang der Kirche nieder, und dabei einen Runenstock, auf den er folgende verse hübsch eingeritzt hatte:



***
so
Ging hinab zur Grotte,
Gähnend um mich dehnte
Feucht der Wasserfall sich
Nieder um die Glieder.
Brausend brach des Wirbels
Lust 1 die breite Brust mir.
Stark drang gegen meine
Achseln des Stromes Wachsen.

Weiter heißt es:



***
60
Fahler Freund der Riesin 1
Kroch aus finsterm Loche,



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Schlug sich, das beschwör ich,
Schrecklich mit dem Recken,
Bis abhieb den Holzgriff
Kraft des Schwerts vom Schafte.
Auch durch Brust und Bauch drang
Balmungs 1 scharfer Stahl ihm.

Auf dem Runenstocke stand auch, daß Grettir diese Menschengebeine aus der Höhle mitgebracht hätte. Als der Priester am nächsten Morgen nach der Kirche kam, fand er den Runenstock mit dem, was dabei lag, und las die Runen. Grettir war heim nach Sandhaugar gegangen.


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