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Kapitel 

Die Geschichte von dem starken Grettir dem Geächteten


Übertragen von Paul Herrmann


Mit 8 Ansichten und einer Karte

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


65. Grettir und die Riesin

Nun ist von Gest zu erzählen, daß er gegen Mitternacht ein starkes Dröhnen draußen hörte. Dann trat eine mächtige Riesin in die Stube. Sie hatte in der einen Hand einen Trog, in der andern ein großes Messer. Sie blickte sich um, als sie in die Stube kam, sah, wo Grettir lag, und sprang auf ihn los, er richtete sich schnell empor, und sie packten sich und rangen mit einander lange in der Stube. Sie war stärker, aber er entzog sich ihr behende. Alles, was ihnen in den Weg kam, zerbrachen sie, selbst die Bretterverkleidung der Stubenwand. Sie zog ibn durch die Stubentür hinaus und dann nach dem Flur; dort leistete er heftigen Widerstand. Sie wollte ibn mit aller Macht aus dem Gehöft hinauszerren. aber das gelang ihr erst, nachdem sie den ganzen Türrahmen in Stücke zerrissen hatten, und sie trug ihn auf ihren Schultern hinaus. Sie schleppte ihn nach dem Fluß hinab, nach der Kluft oberhalb des Wasserfalls . Gest war entsetzlich müde, aber eins von beiden mußte er tun: entweder alle Kräfte anspannen oder sich von ihr in die Kluft stürzen lassen. Sie kämpften die ganze Nacht hindurch . Niemals, dünkte ihn, waren seine Kräfte auf eine härtere Probe gesetzt. So fest hatte sie ihn umschlungen, daß er seine Hände nur dazu rühren konnte, sie mitten um ihren Leib zu spannen. Und als sie an die Flußkluft gekommen waren, schüttelte er die Unholdin so furchtbar, daß er den rechten Arm frei bekam. Schnell zog er sein Schwert, das an seiner Seite bing, und bolte aus; er traf die Schulter des Trollweibes, so daß ihr der rechte Arm abgehauen wurde, und er ward frei von ihr. Sie aber stürzte sich in die Kluft hinab und verschwand in dem Waßerfall. Gest war steif und matt und lag lange dort auf der Klippe. Als es zu tagen begann, ging er heim und legte sich ins Bett. Er war am ganzen Leibe geschwollen und blau.

Als die Hausbau vom Gottesdienste nach Hause kam, war sie über die Unordnung im ganzen Hause sehr verwundert. Sie ging zu Gest und fragte, was sich begeben hätte, daß alles zerspalten und zersplittert wäre. Er erzählte ihr alles, was geschehen



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war. Das dünkte sie aller Ehre wert, und sie Sagte, wer er wäre. Er sagte ihr da seinen wahren Namen und bat sie, den Priester zu holen, er wolle gern mit ihm reden. Das geschah auch. Als der Priester Stein nach Sandbaugar kam, erfuhr er sogleich, das der Mann, der sich Gest nannte, Grettir war, der Sohn des Asmund. Der Priester fragte, was nach seiner Meinung aus den verschwundenen Männern geworden wäre. Grettir sagte, er glaube, daß sie in die Kluft geworfen wären. Der Priester hatte indessen wenig Zutrauen zu Grettirs Ansicht, so lange kein Beweis für die Richtigkeit seiner Behauptung zur Stelle wäre. Grettir erwiderte, den würde er später schon bekommen. Der Priester ging nach Hause. Grettir lag manche Nacht und manchen Tag im Bett. Die Hausfrau pflegte ihn getreulich; so kam die Weihnachtszeit heran. So lautet Grettirs eigene Aussage, das die Riesin sich in die Kluft des Wasserfalles stürzte, als sie die Wunde erhielt, aber die Bewohner des Bardardalr sagen, sie sei bei Tagesanbruch zu Stein geworden. während sie mit einander rangen, und sie sei zersprungen, als er ihr die Hand abhieb, und stünde noch da oben auf dem Felsen in Gestalt einer Frau. Die Bewohner des Tals versteckten dort Grettir.

Im Winter, etwa nach Weihnachten, geschah es eines Tages, daß Grettir nach Eyjadalsa ging. Und als er den Priester traf; sprach er:"Ich sehe wohl, Priester." sagte er, "daß du wenig Zutraun zu meiner Ansicht hast. Nun sollst du mit mir nach dem Flusse gehen, ob es nicht seine Richtigkeit hat."

Der Priester tai so. Als sie an den Wasserfall kamen, sahen sie eine von einem überhängenden Felsen gebildete Höhle, die sich aufwärts unter dem Felsen hinzog; dieser war steil abfallend, so daß man nirgends hinaufklimmen konnte, und von der Höhe des Felsens bis zu dem Wasser deo Flusses waren nahezu zehn Klaftern. Sie hatten ein Seil mit. Da sprach der Priester: "Es scheint mir allzu gefährlich, dort hinunter zu steigen."

Grettir antwortete: "Man kann wohl hinuntersteigen; aber es gehört Mut dazu. Ich habe Lugt zu sehen, was in dem Wasserfall ist, aber du mußt auf das Seil aufpassen."



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Der Priester war damit einverstanden, sie schlugen einen Pfahl ein zwischen zwei großen Steinen, befestigten das Seil daran, und der Priester setzte sich hin, um aufzupassen.


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