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Kapitel 

Die Geschichte von dem starken Grettir dem Geächteten


Übertragen von Paul Herrmann


Mit 8 Ansichten und einer Karte

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


64. Der Spuk im Bardardalr

Stein hieß ein Priester, der auf dem Pfarrhofe Eyjardalsa im Bardardalr wohnte. Sein Sohn hieß Kjartan, ein tüchtiger, wohlhabender Mann. Auf dem Hofe Sandhaugar, 2 südlich von Eyjardalsa, wohnte Thorstein der Weiße. Seine Frau Steinvör war jung und von fröhlicher Art. Sie hatten Kinder. aber diese waren damals noch jung. Es schien den Leuten nicht recht geheuer auf dem Hofe zu sein, Trolle trieben dort ihr Unwesen. Es begab sich wei Winter; bevor er nach



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Der Wasserfall Godafoß



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dem Nordlande kam, daß die Hausfrau Steinvör von Sandhaugar zur Weihnachtszeit wie gewöhnlich nach Eyjardalsa ging, aber der Bauer blieb daheim. Die Leute gingen am Abend schlafen, aber in der Nacht hörten sie einen lauten Krach in der Schlafstube am Beit des Bauern. Keiner wagte aufzustehen und nachzusehen, was geschehen war, denn es waren nur wenige Leute da. Die Frau kam am Morgen nach Hause, aber der Bauer war verschwunden, und keiner wußte, was aus ihm geworden wäre. So verging ein Jahr. Im nächsten Winter wollte die Hausfrau wieder die Abendmesse hören und bat ihren Knecht; daheim zu bleiben. Er hatte nicht viel Lust dazu, ließ sich aber zuletzt doch dazu bewegen. Alles geschah auf dieselbe Weise, der Knecht war verschwunden. Das kam den Leuten seltsam vor. Man sah einige Blutspuren an der Außentor. Da glaubte man zu wissen, daß Unholde die beiden geholt hätten. Das Gerücht davon verbreitete sich weit in der Gegend. Grettir bekam es auch zu erfahren; und da er Glück dabei hatte, Spukgestalten und Wiedergänger unschädlich zu machen, so reiste er nach dem Bardardalr und kam am Weihnachtsabend nach Sandhaugar. Er machte sich unkenntlich und nannte sich Gest, d. h. Gast. Die Hausfrau sah, daß er ein ungewöhnlich großer Mann war, und die Leute auf dem Hofe waren sehr bange vor ihm. Er bat um Herberge. Die Hausfrau sagte, Essen könnte er bekommen."Aber die verantwortung trägst du selbst." Er antwortete, das wollte er gerne."Ich will zu Hause bleiben, fügte er hinzu. "Aber geb du nur zur Messe, wenn du willst.

Sie erwiderte: "Das nenne mutig, wenn du wagst zu Haus zu bleiben."

"Ein Leben ohne Abwechslung ist langweilig," meinte er.

"Übel dünkt es mich, daheim zu bleiben," sagte sie. "Aber ich kann nicht über den Fluß."

"So will ich dir hinüberhelfen," sagte Grettir.

Danach machte sie sich fertig zur Messe, und ihre kleine Tochter mit ihr. Draußen war Tauwetter, das Eis auf dem Flusse war aufgebrochen, es war Eisgang auf ihm.

Da sprach die Hausfrau: "Der Fluß ist für Menschen und Pferde nicht zu durchschreiten."



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"Es gibt wohl Furien," antwortete Gest. "Du brauchst keine Angst zu haben.

"Trag zuerst das Kind," sagte die Frau, " es ist leichter." "Ich habe keine Lust; zweimal die Fahrt zu machen," sagte Gest. "Ich will dich auf meinen Armen tragen."

Sie bekreuste sich und sprach: "Das ist unmöglich; aber wie willst du es mit dem Kinde machen:"

"Da werde ich schon noch Rat schaffen", antwortete er, hob sie beide empor, setzte die Kleine der Mutter in den Schoß und trug sie so auf dem linken Arme; aber den rechten Arm hatte er frei, und so watete er durch den Fluß. Sie wagten nicht zu schreien, so bange waren sie. Das Wasser reichte ihm sogleich bis an die Brust. Eine große Eisscholle trieb ihm entgegen, aber er schob sie mit der freien Hand beiseite. Es war so tief, daß der Strom ihm bis an die Schultern ging. Er watete rüstig weiter, bis er an das andere Flußufer kam, und setzte sie an Land. Dann kehrte er um, und es war dämmerig geworden, als er nach Sandhaugar kam; er verlangte zu essen. Und als er satt war, gebot er den Leuten, tiefer in das innerste Ende der Stube hinein zu gehen. Er nahm alle Tische und losen Holzstücke, schichtete sie quer in der Stube auf und machte eine große Scheidewand, so daß keiner vom Gesinde hinüber konnte. Keiner wagte ihm zu widersprechen oder im geringsten zu murren. Die Stubentür war an der Seitenwand am Hintergiebel des Hauses, und unmittelbar neben dem Eingange war eine Bank. Auf ihr legte Gest sich nieder, aber zog sich nicht aus. Licht brannte in der Stube der Tür gegenüber. So lag Gest bis in die Nacht hinein. Die Hausbau war nach Eyjadalsa zur Messe gekommen, und alle wunderten sich, wie sie über den Fluß gekommen wäre.

Sie sagte, sie wüßte nicht, ob sie ein Mann übergesetzt hätte oder ein Troll.

Der Priester meinte, es müßte ein Mensch gewesen sein, wenn er auch wenigen gleich wäre: "Aber laß uns schweigen darüber: kann sein, daß er bestimmt ist, dir aus deiner schwierigen Lage zu helfen."

Die Frau blieb dort während der Nacht.


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