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Die Geschichte von dem starken Grettir dem Geächteten


Übertragen von Paul Herrmann


Mit 8 Ansichten und einer Karte

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


62. Hallmunds Tod

Kurz nachdem Grettir die Arnarvatnsheidi verlassen hatte, kam ein Mann namens Grim auf die Hochebene. Er war der Sohn der Witwe auf dem Hofe Kroppr. Er hatte Eid Skeggjasons Sohn auf Ass erschlagen und war darum fiedlos geworden Er ließ sich dort nieder, wo Grettir vorher gewesen war, und fischte im See. Hallmund war eifersüchtig darüber, daß Grim an Grettirs Stelle gekommen war, und dachte es so einzurichten, daß er keinen großen Vorteil davon hätte, wenn er auch viel singe.

Es geschah eines Tages, daß Grim hundert Fische sing, sie nach der Hütte trug und sie draußen umhüllte, aber am nächsten Morgen waren sie alle fort. Das kam ihm seltsam vor; er ging nach dem See und fing zweihundert Fische; erbrachte sie heim und deckte sie zu, aber es ging genau so: am nächsten Morgen waren sie alle fort. Er vermutete, das müßte alles dieselbe Ursache haben. Am dritten Tage sing er dreihundert Fische, brachte sie nach Hause und blieb die ganze Nacht über wach in seiner Hütte. Er konnte durch ein Loch in der Tür sehen, wenn jemand nach der Hütte käme. So verging eine gute Zeit. Und als etwa ein Drittel der Nacht vorüber war, hörte er jemand draußen gehen mit schweren Schritten; als Grim das bemerkte, ergriff er seine Art. es war eine sehr scharfe Waffe. Er wollte wissen, was dieser Mann machte. Der Fremde trug einen großen Korb auf dem Rücken, setzte ihn auf die Erde und blickte sich nach allen Seiten um, sah aber keinen Menschen außerhalb der Hütte. Er beklopfte die Fische und nahm eine gute Hand voll; dann warf er alle Fische in seinen Korb. Der wurde ganz voll. Die Fische waren so groß, daß Grim glaubte, kein Pferd könnte mehr tragen. Er bückte sich, um den Korb auf den Rücken zu beben. Und in diesem Augenblick, als er aufstehen wollte, sprang Grim hervor und hieb ihm mit beiden Händen nach dem Halse so daß die Art bis auf den Rücken hineindrang. Ein mächtiger Ruck durchlief den Fremden, und er lief südwärts in die Berge mit dem Korbe auf dem Rücken. Grim setzte ihm nach und wollte wissen, was aus ihm würde. Sie liefen südlich nach dem



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Balljökull, dort ging der Mann in eine Höhle. Innen in der Höhle brannte ein helles Feuer, dabei saß eine Frau, groß von Wuchs, aber doch schmuck. Grim hörte, daß sie ihren Vater begrüßte und ihn Hallmund nannte. Er warf die Bürde heftig zu Boden und stöhnte laut. Sie fragte; wovon er so mit Blut bedeckt wäre. Er antwortete und sprach:



***
50
Klar erkannt ich,
Keiner kann
Seiner Stärke
Stets vertrauen.
Mut und Mannheit
vom Manne weicht,
Glück betrügt ihn
Am Todestage.

Sie fragte ihn genau nach seinem Streite mit Grim, und er erzählte alles, wie es sich zugetragen hatte. "Nun sollst du zuhören," sagte er. "Ich will jetzt singen von meinen Taten; und während ich mein Lied dichte; sollst du es auf einen Stock ritzen." Da sang er das Lied von Hallmund, und darin heißt es:



***
51

Galt als kräftig, Als ich Grettir Zog aus der Hand Den Zaum des Hengstes- Lange sah ich Ihn besehen Immer seine Versehrten Hände.



***
52 Nach den Adlerteichen Thorir kam, Mit List zu erlangen, Was sein Mut nicht vermochte. Im Hochgebirge Wir beide kämpften

Rücken an Rücken Gegen achtzig Recken.



***
53 Schwer ihnen schienen Die Schläge, die Grettirs Hände hieben Auf die hellen Schilde. Aber noch furchtbarer, Fanden sie alle, Wären die Wunden von meiner Waffe.


***
54 Haupt und Hände Zerhieb ich denen, Die den Recken drohend Bedrängten im Rücken.



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Achtzehn Bauern Bissen ins Gras, Auf dem Boden blieben Die Besten liegen.


***
55
Ich habe gefochten
Mit Felsenbewohnern,
Mit Thurstn 1 und Trollen
Trat ich zum Kampf an.
Mit Riesen hab ich
Und Halbriesen gerungen,
Ohn Zaudern erschlug ich
Das schlimme Gezücht.


***
56
Ich hab auch Alfen
Und üble Unholde
Nicht wenig bekämpft,
Wo ich nur konnte.

viel waren der Taten, die Hallmund in seinem Liede aufzählte, denn er hatte das ganze Land durchstreift.

Da sprach seine Tochter: "Nicht ließ dieser Mann seine Beute entschlüpfen; und man konnte auch nichts anderes erwarten. denn du hast dich schlecht mit ihm gestellt. Wer, glaubst du, wird dich rächen:"

Hallmund antwortete: "Es ist keineswegs sicher, daß ich gerächt werde; doch weiß ich bestimmt, daß Grettir mich rächen würde; wenn ich ihm Gelegenheit dazu böte. Aber es wird ihm nicht leicht werden, gegen das Glück dieses Mannes vorzugehen, denn ihm ist Großes beschieden."

Gegen Ende des Gedichtes nahmen Hallmunds Kräfte sehr ab, und nicht lange, nachdem er sein Lied beendet hatte, starb er. Sie war sehr betrübt und weinte bitterlich. Da trat Grim bevor und tröstete sie: "Jeder muß gehen, wenn seine seit gekommen ist. Er ist selbst schuld an seinem Tode; denn ich konnte doch nicht ruhig zusehen, daß er mich bestahl."



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Sie sagte; Darin hätte er recht: "Unrecht sieht Unglück nach sich. -

Alles, was sie mit Grim sprach, tröstete sie in ihrer Trauer. Grim blieb viele Tage bei ihr in der Höhle und lernte das Lied auswendig; und das Verhältnis zwischen ihnen war gut. Grim hielt sich nach Hallmunds Tode den folgenden Winter auf der Arnarvatnsheidi auf. Da kam Thorkel Eyjolfsson zu ihm auf die Hochebene, um ihn zu töten, und sie kämpften mit einander. Der Streit endete so, daß Grim Thorkels Leben in seine Hand bekam, aber er wollte ihn nicht töten. Da nahm Thorkel ihn bei sich auf, half ihm aus dem Lande und gab ibm viel Gut mit; alle fanden, beide hätten anständig aneinander gehandelt. Grim wurde ein Kaufmann, und man hat eine lange Geschichte über ihn.


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