Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Die Geschichte von dem starken Grettir dem Geächteten


Übertragen von Paul Herrmann


Mit 8 Ansichten und einer Karte

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


51. Vergeblicher versuch, Grettirs Friedlosigkeit ein Ende zu machen

Thorgils Arason ritt nach dem Thinge mit zahlreichem Gefolge. Alle Herren im Lande kamen dorthin. Thorgils traf bald den Gesetzessprecher Skapti und begann mit ihm eine Unterredung.

Da sprach Skapti: "Ist es wahr, Thorgils, daß du diesen Winter die drei Männer bei dir wohnen hattest, die als die größten Kampfhähne gelten, und sind dazu alle friedlos, und hast sie so im Zügel gehalten, daß keiner dem andern ein Leid tat:"

Thorgils antwortete, das wäre wahr.

Skapti sprach: "So etwas ist rechte Häuptlingsart; aber was denkst du über ihre Sinnesart: Wie steht es mit ihrem Mut und ihrer Tapferkeit, wenn man jeden für sich allein betrachtet?'

Thorgils antwortete: " Alle halte ich für vollkommen tapferen Sinnes; aber unter ihnen sind zwei, von denen ich glaube, daß sie sich fürchten können. Doch besteht zwischen der Furchtsamkeit des einen und der des andern ein Unterschied; denn Thormod ist bange vor Gott und gewaltig glaubenseifrig, Grettir



Thule-Bd.05-139 Geschichten v.starken Grettir Flip arpa

aber ist so furchtsam vor der Finsternis, daß er sich nirgends hingetraut, sobald es zu dunkeln beginnt, wenn er seiner Stimmung nach tun dürfte. von meinem Vetter Thorgeir aber glaube ich, daß er sich nicht fürchten kann."

"Das ist gewiß ganz richtig, was du sagst," entgegnete Skapti. Darauf trennten sie sich.

Auf diesem Allthing rügte Thorodd Drapustuf den Totschlag Thorbjörns Ochsenkraft, denn es war ihm nicht gelungen, auf dem Thing der Leute vom Hunavatn wegen der Verwandten Atlis die Sache zu einer befriedigenden Entscheidung zu bringen, Er dachte, hier würde seine Klage nicht so leicht über Bord geworfen werden können. ?litis verwandte wandten sich an Skapti; er sagte, er sähe in der Klage wegen Thorbjörns Ermordung einen gesetzlichen Verieidigungsgrund, weshalb für Atli das volle Wergeld bezahlt werden müßte. Danach wurde die Sache den Schiedsrichtern übertragen, und die meisten waren der Ansicht, daß sich die beiden Totschläge, der des Ätti und der des Thorbjörn, ausgleichen würden. Als das Skapti merkte, ging er zu den Schiedsrichtern und Sagte sie, wie sie diese Entscheidung rechtlich begründen könnten. Sie antworteten, daß sie die Erschlagenen als gleichwertig ansähen.

Skapti Sagte: "Was geschah zuerst, daß Grettir geächtet wurde, oder daß Atli erschlagen wurde:"

Es wurde nachgerechnet, und es ergab sich, daß Grettir auf dem Allthing in die Acht siel, eine Woche bevor Ätti erschlagen wurde, als das Allthing schon vorbei war.

Skapti sprach:"Das dachte ich mir, daß ihr bei der Zurichtung der Anklage nicht darauf achten würdet, daß ihr als Kläger einen Mann betrachtet, der vorher schon fiedlos war und seine Sache weder verteidigen noch verfolgen konnte. Grettir hatte nichts mit der Sache zu tun; der muß die Sache rügen, der nach dem Gesetze der Nächste dazu ist."

Da fragte Thorodd Drapustuf: "Wer soll denn Rede stehen für die Tötung meines Bruders Thorbjörn:"

"Da seht ihr selber zu!" sagte Skapti. "Aber für Grettir werden seine Verwandten kein Geld verschwenden, wenn ihm doch kein Friede erkauft werden kann."



Thule-Bd.05-140 Geschichten v.starken Grettir Flip arpa

Als Thorvald Asgeirsson gewahr wurde, daß Grettir wegen der Tötung Thorbjörns nicht herangezogen werden könnte, Sagte er nach, an wen er sich dann zu hatten hätte. Die nächsten verwandten waren Skeggi, der Sohn Gamlis auf Melar; und Ospak, der Sohn des Glam von Eyrr am Bitrufjördr. Sie waren beide leidenschaftliche und streitbare Männer. Thorodd musste Buße zahlen für den an Atli verübten Totschlag; es waren zwei Hundert in Silber.

Da machte der Gode Snorri den Vorschlag: "Wollt ihr, beide Parteien, daß diese Bußzahlung niederfalle und dafür Grettir acht frei werde Denn ich denke, er wird ein gefährlicher Ächter werden."

Grettirs verwandte gingen gern auf diesen vorschlag ein und erklärten, ihnen läge nichts an dem Gelde, wenn er Frieden und Freiheit erlangte. Thorodd sagte, er sähe wohl, seine Sache stünde schlecht, und darum wäre er bereit, den Vergleich anzunehmen . Snorri riet, zuerst herauszubekommen, ob Thorir auf Gardr seine Einwilligung dazu gäbe, das Grettir acht frei würde.

Als der das hörte, wurde er sehr zornig und sagte, Grettir sollte niemals aus seiner Friedlosigkeit herauskommen, und weit entfernt davon, daß er achtien würde, wolle er noch einen höheren Preis auf seinen Kopf setzen, als je auf irgendeinen andern Geächteten gesetzt worden wäre. Durch Thorirs hartnäckigen Widerstand wurde nichts aus Grettirs Befreiung von der Acht. Gamli nahm das Geld in Verwahrung, aber Thorodd Drapustuf erhielt keine Buße seinen Bruder Thorbjörn. Er und Thorir setzten einen großen Preis auf Grettirs Kopf; drei Mark Silber jeder. Das erschien den Leuten als eine Neuerung, denn niemals war ein größerer Preis ausgesetzt worden als drei Mark. Snorri sagte, es wäre unverständig, mit solchem Eifer einen Mann in der Acht festzuhalten, der soviel Schlimmes anrichten könne; mancher würde dafür zu büßen haben. So trennte man sich und ritt vom Thing nach Hause.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt