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Kapitel 

Die Geschichte von dem starken Grettir dem Geächteten


Übertragen von Paul Herrmann


Mit 8 Ansichten und einer Karte

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


40. Grettir tötet den Berserker Snäkoll

Zur Julzeit kam Grettir zu einem Bauern namens Einar. Er war ein reicher Mann, verheiratet und hatte eine heiratsfähige Tochter mit Namen Gyrid; sie war ein hübsches Mädchen und galt als eine gute Partie. Einar bat Grettir ihm über Weihnachten zu bleiben, und er nahm es an.

Damals geschah es oft in Norwegen, daß Waldbewohner und Räuber aus den Wäldern an der schwedischen Grenze



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hervorkamen und die Männer zum Holmgang forderten, um ihnen ihre Frauen wegzunehmen oder ihnen ihr Hab und Gut zu rauben, wenn nicht Leute genug da waren, um Widerstand zu leisten. So geschah es eines Tages zur Julzeit, daß eine große Menge Räuber zu Einar kamen. Der an ihrer Spitze stand, hieß Snäkoll; er war ein gewaltiger Berserker. Er forderte den Bauer Einar auf, ihm seine Tochter zu überlassen oder sie ihm streitig zu machen, wenn er sich dazu Mannes genug dünkte. Der Bauer war damals nicht jung genug mehr und kein Krieger. Er sah sich einer übeln Lage und Sagte Grettir im Stillen, wozu er ihm riete: "Denn du bist ein berühmter Mann."

Grettir bai ihn, nur in das einzuwilligen, was nicht entehrend wäre. Der Berserker saß zu Roß, hatte einen Helm auf dem Haupt, aber die Schuppenketten seines Helms waren unten nicht geschlossen; er hatte einen Schild mit einem eisernen Rande vor sich und gebärdete sich gar schrecklich. Er sprach zu dem Bauer: "Triff schnell deine Wahl! Was flüstert dir der lange Kerl zu, der neben dir steht Will er etwa ein Spiel mit mir wagen "

Grettir sagte: "Es geht mir wie dem Bauer, keiner von uns versteht etwas vom Kriegshandwerk."

Snäkoll sprach: "Bange würdet ihr werden, wenn ich zornig würde."

"Das weiß man, wenn man es erprobt hat," sagte Grettir. Der Berserker merkte, daß man die Sache durch Redensarten hinhalten wollte. Er begann darum laut zu heulen und nahm den Schild in den Mund, sperrte das Maul über den obern Schildrand, biß mit den Zähnen hinein und tat gar grausig. Grettir lief über den Platz, und als er neben das Pferd des Berserkers gekommen war, trat er mit dem Fuße so mächtig gegen den zugespitzten unteren Teil des Schildes, daß der Schildrand dem Berserker ganz in den Mund drang, so daß der Unterkiefer zerriß und ihm auf die Brust niederhing. Zu gleicher Zeit packte Grettir mit der Linken den Helm, riß den Wiking vom Roß herunter, mit der Rechten zog er sein kurzes Schwert, das er umgegürtet hatte, und schlug ihm gegen den



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Hals, so daß der Kopf vom Körper rollte. Als Snäkolls Begleiter das sahen, flohen sie davon. Grettir hatte kme Lust sie zu verfolgen, denn er sah, daß sie feige Kerle waren. Der Bauer dankte ihm sehr für diese Tat, und viele andere mit ihm. Man war sich darin einig, daß Grettir diese Tat mit Schnelligkeit und Tapferkeit ausgeführt hätte. Grettir blieb nun die Weihnachtszeit über bei dem Bauer, in hohem Ansehen; der Bauer entließ ibn aus seinem Hofe mit guten Gaben. Grettir reiste darauf ostwärts nach Tönsberg und besuchte seinen Bruder Thorstein. Der nahm Grettir herzlich auf, Sagte ihn nach seiner Reise und erfuhr, daß er den Berserker erschlagen hätte. Grettir sprach die Weise:



***
29
Durch die Speisenpforte 1
Drang der Schild der blanke;
Mit dem Fuß einen Tritt ver-
Setzt ich dem verletzten.
Und der schwere Schild schlug
Seiner Zähne Reiben:
Bis zur Brust der Kiefer
Klappte nieder schnappend.

Thorstein sprach: "Manche tüchtige Tat hast du verrichtet, lieber Bruder! Wenn nur das Unglück dich nicht verfolgen wollte!"

Grettir antwortete: "Man spricht von dem, was getan wird."


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