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Kapitel 

Die Geschichte von dem starken Grettir dem Geächteten


Übertragen von Paul Herrmann


Mit 8 Ansichten und einer Karte

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


38. Grettir wird unschuldig wegen Brandstiftung angeklagt

Thorir hieß ein Mann, der auf Gardr im Adaldalr wohnte. Er war der Sohn des Skeggi, des Sohnes des Bödolf.



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Skeggi hatte Kelduhversi in Besitz genommen bis Keldunes. Er war verheiratet mit Helga, der Tochter des Thorgeir auf Fiskilökr. Sein Sohn Thorir war ein großer Häuptling, unternahm viel Reisen zur See und trieb Handel. Er hatte zwei Söhne: Thorgeir hieß der eine, Skeggi der andere; sie waren beide vielversprechende Jünglinge und voll erwachsen, als dieses geschah. Thorir war den Sommer. als König Olaf von England kam, in Norwegen gewesen und hatte sich die Gunst des Königs und des Bischofs Sigurd erworben; und das ist ein Zeichen der Wahrheit dieser Mitteilung, daß Thorir ein großes Kauffabrteischiff im Walde hatte bauen lassen und den Bischof Sigurd bat, es zu weihen, und er tat es auch. Darauf reiste Thorir nach England zurück, ließ das Schiff aufhauen, da er keine Lust mehr zu Handelsreisen hatte, und setzte die am Steven zusammenlaufenden Bretter des Schiffes über die Haustür, wo sie lange standen; sie zeigten das Wetter an. denn wenn Südwind zu erwarten war, tönte es in dem einen, und wenn Nordwind zu erwarten war, in dem andern. Als Thorir hörte, daß König Olaf die Alleinherrschaft über ganz Norwegen bekommen hatte, glaubte er vom Könige Freundschaftsbeweise erwarten zu können. Darum sandte er seine Söhne nach Norwegen zum König und wünschte, daß sie seine Gefolgsleute werden möchten. Sie kamen nach dem südlichen Norwegen spät im Herbste, verschafften sich dort ein Ruderfahrzeug, reisten damit nordwärts die Küste entlang und gedachten zum Könige zu fahren. Südlich von der Halbinsel Stadtland gingen sie in einem Hafen vor Anker und blieben dort einige Nächte. Sie waren gui versehen mit Speise und Trank und festen die Reise nicht fort, weil kein gutes Wetter war.

von Grettir und seinen Gefährten ist zu sagen, daß sie zu derselben Zeit nordwärts die Küste entlang fuhren; sie hatten oft schlechtes Wetter, denn es war Winters-Anfang. Auf der Reise bekamen sie südlich von Stadtland einen Schneesturm mit strengem Frost erreichten eines Abends mit Mühe und Not Land und waren von den Anstrengungen ganz ermattet. Da wo sie landeten, war eine geringe Erhebung des Bodens am Strande, und sie konnten dort ihr Hab und Gut und die Lebensmittel



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bergen. Die Kaufleute klagten und jammerten, daß sie kein Feuer hätten, denn darauf beruhte nach ihrer Meinung ihr Leben und ihre Gesundheit. So lagen sie da am Abend, in dieser traurigen Verfassung. Spät am Abend bemerkten sie, das ein großes Feuer auf der anderen Seite des Sundes, wo sie waren, sichtbar wurde. Als Grettirs Schiffsgefährten das Feuer sahen, sagten sic, daß der glücklich wäre, der Feuer hätte, und sie dachten einen Augenblick daran, das Schiff loszumachen und über den Sund zu rudern, aber es schien ihnen doch mit zu großer Gefahr verbunden zu sein. Sie redeten viel darüber, ob es denkbar wäre, daß irgend jemand Feuer holte. Grettir mischte sich nur wenig in ihr Gespräch und sagte nur, daß man früher Männer gefunden haben würde, die das nicht gehindert hätte. Die Kaufleute antworteten, ihre Lage wäre deshalb um nichts besser, weil es früher solche Männer gegeben hätte, wenn sich nicht jetzt jemand fände, der dazu imstande wäre. "Oder getraust du dich, Grettir, das Feuer zu holen "sagten sie. "Denn du giltst ja als der tüchtigste und geschickteste aller Isländer, und du weißt, wieviel uns daran gelegen ist."

Grettir antwortete:" Es ist keine Heldentat, das Feuer zu holen, aber ich weiß nicht, ob der Lohn nach verdienst ausfällt, wenn ich es tue."

Sie sprachen: "Warum hältst du uns für solch schändliche Leute, daß wir es dir nicht gut lohnen sollten:"

"So will ich es versuchen, da ihr so viel Wert darauf legt; aber mir ahnt, daß für mich nicht viel Gutes dabei herauskommen wird.

Sie sagten, das würde niemals eintreten und wünschten ihm alles Gute und alles Glück.

Darauf machte sich Grettir zum Schwimmen fertig und warf die Kleider von sich. Er zog einen Mantel an und grobe Hosen; er schürzte den Mantel auf und schlang sich ein Bastseil mitten um den Leib, ein Gefäß hatte er auch bei sich. Darauf sprang er über Bord. Er schwamm quer über den Sund und ging an Land. Er sah da ein Haus stehen und hörte Stimmen und viel lustiges Lärmen aus der Richtung. Grettir ging auf das Haus zu.



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Die Leute, die darin saßen, waren Thorirs früher erwähnte Söhne und ihre Begleiter. Sie hatten sich hier mehrere Nächte aufgehalten und auf günstigen Fahrwind gewartet, um nordwärts nach Stadtland zu gelangen. Sie waren im ganzen zwölf und saßen und tranken. Sie lagen in dem inneren Hafen, und dort hatte man den Leuten eine Herberge zum Aufenthalt gebaut, die die Küste entlang fuhren, eine Menge Stroh war gestreut. Ein großes Feuer brannte auf dem Fußboden. Grettir ging in das Haus hinein und wußte nicht, wer diese Leute waren. Der Mantel war ganz mit Eis bedeckt, sobald er an Land kam, und er war furchtbar groß anzusehen, wie wenn er ein Riese wäre. Die Leute. die drinnen waren, erschraken bei seinem Anblick und glaubten, daß er ein Unhold wäre. Sie schlugen nach ihm mit allem, was sie zu fassen kriegten, und es entstand ein großer Lärm. Aber Grettir stieß sie mit den Armen von sich. Einige schlugen mit Feuerbränden nach ihm, die Funken flogen durch das ganze Haus. Er entschlüpfte mit dem Feuer und kehrte zu seinen Gefährten zurück. Sie rühmten sehr seinen Weg und seine Tapferkeit und sagten, er hätte nicht seinesgleichen. Nun verging die Nacht; und sie sahen sich als gerettet an, weil sie Feuer bekommen hatten. Am nächsten Morgen war das Weiter gut. Die Kaufleute erwachten zeitig und machten sich fertig, weiter zu segeln. Sie sprachen davon, die Leute zu besuchen, die das Feuer angezündet hatten, um zu wissen, wer sie wären. Sie machten das Schiff los und ruderten über den Sund. Sie fanden da kein Gebäude mehr, sondern sahen dort einen großen Haufen Asche, und darin fanden sie viele Menschenknochen. Es war ihnen nun klar, daß die Unterkunftshütte mit all den Leuten, die darin gewesen waren, bis auf den Grund niedergebrannt war. Sie fragten Grettir, ob er schuld an diesem Unglück wäre, und sagten, das wäre eine ganz gemeine Tat. Grettir erwiderte, jetzt wäre erfüllt, was er geahnt hätte, daß sie ihm sein Feuerholen schlecht lohnen würden, und fügte hinzu, Kerlen von so erbärmlicher Gesinnung sollte man niemals helfen. Davon hatte Grettir großen verdruß, daß die Kaufleute überall, wo sie hinkamen, erzählten, Grettir hätte diese Leute verbrannt. Man erfuhr



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bald, daß es Thorirs Söhne von Gardr waren, die Suber erwähnt worden sind, die in diesem Hause ihren Tod gefunden hätten, und ihre Begleiter. Die Kaufleute jagten Grettir von ihrem Schiffe fort und wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben. Er wurde nun so verachtet, daß keiner ibm etwas Gutes antun wollte. Die Aussichten schienen ihm recht kläglich zu sein, aber jetzt wollte er um jeden Preis zum Könige fahren und reiste deswegen nordwärts nach Drontheim. Der König hielt sich dort auf und war bereits von allein unterrichtet, ehe Grettir kam; er war sehr beim Könige verleumdet worden. Grettir war einige Zeit in der Stadt, ehe er es erlangte; zum Könige zu gehen.


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