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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


157. Die Bjransschlacht. Zeichen und Wunder

Jarl Sigurd Hlödwirssohn rüstete sich zum Aufbruch von den Orkaden Flosi erbot sich, mit ihm zu ziehen; der Jarl wollte das nicht, da er seine Romfahrt zu erledigen hatte. Flosi bot ihm fünfzehn Mann aus seiner Schar zu dem Zuge an, und der Jarl nahm das an, aber Flosi fuhr mit Jarl Gilli nach den Hebriden. Thorstein Hallssohn sog mit dem Jarl, sowie Hrafn der Rote und Erling von Strominsel. Der Jarl wünschte nicht, daß Harek mitziehe, sagte aber, ihm werde er zuerst Nachricht geben.

Der Jarl kam mit seinem ganzen Heer am Palmsonntag nach Dublin. Auch Brodir war angekommen mit seinem ganzen Heer. Brodir erforschte mit Zauberkunst, wie die Schlacht verlaufen würde; aber das Orakel lautete so: wenn man am Freitag kämpfe, werde König Brjan fallen und den Sieg behalten; wenn man aber früher kämpfe, dann würden all die fallen, die ihm entgegenstanden. Da sagte Brodir, man solle nicht eher kämpfen als am Freitag.

Am Donnerstag kam ein Mann auf apfelgrauem Pferde auf Kormlöd und ihre Schar zugeritten, der hielt einen Wurfspeer in der Hand. Er sprach lange mit Brodir und Kormlöd 2. König Brjan war mit seinem ganzen Heer vor die Stadt gekommen.



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Am Freitag zog das Heer 1 aus der Stadt hinaus, und auf beiden Seiten stellte man sich in Schlachtordnung 2 . Bro dir stand auf dem einen Flügel und König Sigtrygg auf dem andern, Jarl Sigurd stand in der Mitte der Schar.

Jetzt ist von König Brjan zu berichten, daß er am Karfreitag nicht kämpfen wollte; so wurde eine Schildburg 3 um ihn geschlossen und die Schar davor aufgestellt. Ulf Unruh stand auf dem Flügel, der den Brodir gegenüber hatte; aber auf dem andern Flügel stand Ospak mit König Brjans Söhnen, da, wo man Sigtrygg gegen sich hatte; aber in der Mitte der Ordnung stand Kerthjalfad, und vor ihm wurden die Banner getragen .

Die Reihen stießen nun aufeinander; es kam da zu einer sehr scharfen Schlacht. Brodir durchschritt die feindliche Schar und fällte alle, die zuvorderst standen, aber ihn bis kein Eisen. Ulf Unruh wandte sich da gegen ihn und stach dreimal nach ihm so heftig, daß Brodir jedesmal hinfiel, und es war nah daran, daß er sich nicht auf die Füße brachte; sobald er aber in die Höhe kam, floh er davon und in einen Wald. Jarl Sigurd hatte einen scharfen Kampf mit Kerthjalfad. Kerthjalfad drang so heftig vor, daß er alle fällte, die zuvorderst waren. Er durchbrach Jarl Sigurds Linie bis zum Banner und erschlug den Bannerträger . Da besorgte der Jarl einen andern, das Banner zu tragen; es gab da aufs neue ein scharfes Schlagen. Kerthjalfad hieb diesem Mann sogleich den Todeshieb und einem nach dem andern, die in der Nähe waren. Jarl Sigurd hieß Thorstein Hallssohn das Banner tragen. Thorstein war im Begriff, das Banner aufzunehmen, da sagte Amundi der Weiße: "Trag das Banner nicht, Thorstein! denn die werden alle erschlagen, die es tragen." "Roter Hrafn:" sagte der Jarl, "trag du das Banner!" Hrafn sagte: "Trag du selbst deinen Teufel!" Der Jarl sagte: " Es ziemt sich wohl am besten, daß alles beisammen bleibe, Sack und Pack!" Damit nahm erdas



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Banner von der Stange und steckte es zwischen seine Kleider. Bald darauf wurde Amundi der Weiße erschlagen. Dann wurde auch der Jarl von einem Speer durchschossen.

Ospak hatte den ganzen feindlichen Flügel durchschritten; er war schwer wund geworden, und die Brjanssöhne hatte er beide schon verloren. Sigtrygg floh vor ihm. Da riß die Flucht in die ganze Schar ein.

Thorstein Haussohn blieb stehn, während die andern flohen, und band seinen Schuhriemen. Da fragte Kerthjalfad, warum er nicht laufe. "Darum," sagte Thorstein" weil ich heut abend doch nicht bis beim lange, da ich ja draußen auf Island daheim bin" Kerthjalfad schenkte ihm das Leben 1.

Hrafn der Rote wurde in einen Fluß hineingejagt: ihm war, als sehe er dort drunten die Hölle, und die Teufel wollten ihn an sich reißen. Da sagte Hrafn: "Apostel Petrus Ich, dein Hündlein, bin zweimal nach Rom gelaufen und würde das drittemal hinlaufen, wenn dus erlaubtest!' Da ließen ihn die Teufel los, und er gelangte nun über den Fluß.

Brodir sah nun, daß König Brjans Heer die Fliehenden verfolgte und nur wenige bei der Schildburg blieben. Da lief er aus dem Wald hervor und durchbrach die ganze Schildburg und hieb nach dem König. Der Knabe Tadkr fuhr mit der Hand dagegen, und es trennte sie ihm vom Arm und dem König den Kopf vom Rumpfe. Aber das Blut des Königs kam auf den Armstummel des Knaben, und die Wunde heilte sogleich zu. Da rief Brodir laut: "Laßt dies gehn von Mund zu Mund, daß Brjan durch Brodir siel" "

Da lief man denen nach, die die Fliehenden verfolgten, und berichtete ihnen den Fall König Brjans. Sie lenkten da sogleich zurück, Ulf Unruh und Kerthjalfad: sie umzingelten den Brodir und seine Mannen und bewarfen sie mit Hölzern; so wurde Bro dir festgenommen. Ulf Unruh schlitzte ihm den Bauch auf; führte ihn um einen Baum herum 'und zerrte ihm so die Därme aus dem Leib; und er starb nicht eher, als bis sie alle herausgezerrt waren. Brodirs Mannen wurden auch alle erschlagen.



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Darauf nahmen sie König Brjans Leichnam und machten ihn zurecht. Der Kopf des Königs war wieder an den Rumpf angewachsen.

Die fünfzehn Mann von den Mordbrennern fielen in der Brjansschlacht . Es fiel dort auch Halldor Gudmundssohn und Erling von der Strominsel.

Am Karfreitag trug sich in Caithneß der vorfall zu, daß ein Mann namens Dörrud vors Haus ging er sah Leute, zwölf an der Zahl, nach einer Frauenkammer reiten und alle drin verschwinden. Er ging zu der Kammer hin. Er sah durch das Fenster, das dran war, und sah, daß da Weiber drin waren, die hatten einen Webstuhl bezogen: Männerköpfe dienten als Gewichte und Menschendärme als Zettel und Einschlag, Schwerter dienten als Schlagbretter und ein Pfeil als Kamm. Sie sprachen diese Gesätze:

Gespannt ist mächtig
Zum Männerfall 1
Webstuhls Wolke ;
Waltau 3 regnet.
An Geren 4 hat sich
Grau erhoben
Volksgewebe,
Das die Freundinnen
Odins 5 mit rotem
Einschlag füllen.
Geflochten ist es
Aus Fechterdärmen
Und stark gestrafft
Mit Streiterschädeln;
Kampfspeere sind
Die Querstangen,
Der Webebaum Stahl,
Das Stäbchen ein Pfeil;
Mit Schwertern schlägt man
Schlachtgewebe.



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Hild geht weben
Und Hjörthrimul,
Sangrid, Swipul 1
Mit Siegesschwertern.
Schäfte brechen,
Schilde krachen,
Durch Harnische
Der Helmwolf 2 dringt.
Webet, webet
Gewebe des Speers 3,
Wie längst es kannte
Der Königssproß !
Vorwärts stürmet
Ins Feindesheer,
Wo unsre Freunde
Wir fechten sehn!
Webet, webet
Gewebe des Speers
Folget hinfort
Dem Fürstensohn:
Voll Blut erblickt man
Blanke Schilde,
Wo den König Gunn
Und Göndul 1 schirmen.
Webet, webet
Gewebe des Speers,
Wo kühner Fechter
Fahnen schreiten!
Last sein Leben
Ihn nicht verlieren!
Walküren lenken
Der Walstatt Los.



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Die Männer werden
Der Marken walten,
Die fern am Strand
Zuvor gehaust 1.
Dem tapfern König 2
Ist Tod bestimmt.
Der Fürst 3 sinkt hin,
Gefällt vom Speer.
Auch die Iren
Wird Unheil treffen,
Das nie erlischt
In der Leute Sinn. —
Das Werk ist gewoben,
Die Walstatt rot;
Volksverderben
Fährt durch das Land.
Nun ist Schrecken
Rings zu schauen:
Blutige Wolken
Wandern am Himmel;
Rot ist die Luft
Von der Recken Blut,
Denen unsre Lose
Zum Leid fielen .
Dem jungen König
Kündeten wir
Siegeslieder.
Uns Singenden Heil!
Doch der es hört,
Behalte wohl
Der Walküren Sang
Und sag ihn den Mannen!



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Spornt die Rosse
Zu raschem Lauf!
Mit bloßen Schwertern
Schwingt euch von hinnen!

Dann rissen sie das Gewebe herunter und in Stücke, und es nahm jede mit, was sie in der Hand hielt. Dörrud ging nun fort vom Fenster und nach Hause, sie aber stiegen auf ihre Pferde und ritten sechs nach Süden, die andern sechs nach Norden.

Die gleiche Erscheinung hatte auf den Färöer Brand Gneistissohn.

Auf Island, in Schweinsberg, fiel am Karfeitag Blut auf das Meßgewand des Priesters, so daß er es ablegen mußte. In Waschach zeigte sich am Karfreitag dem Priester neben dem Altar ein Meeresschlund, darin sah er viele Schrecknisse, und es währte lange, bis er die Messe singen konnte.

Auf den Orkaden trug sich dies zu, daß Harek den Jarl Sigurd und einige Männer mit ihm zu sehen glaubte 1. Da nahm Harek sein Pferd und ritt dem Jarl entgegen: man konnte sehen, wie sie sich trafen und unter einen Abhang ritten; aber man bekam sie nie mehr zu Gesicht, und von Harek fand sich kein Bröslein.

Dem Jarl Gilli auf den Hebriden träumte, es komme ein Mann zu ihm und nenne sich Hersinn und sage, er komme aus Irland. Dem Jarl war, als frage er nach Neuigkeiten von dort der Mann sprach dieses Gesäte:

Eh'rnen Kampf auf Irland
Ansah ich der Mannen.
Mächt'ger Schall der Schilde!
Schlag der Waffen krachte.
Fällten im Streit des Volkes
Fliegende Speere Sigurd.
Brannte manch blutige Wund, eh
Brjan fallend hielt die Walstatt.



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Flosi und der Jarl sprachen viel über diesen Traum. Eine Woche später kam Hrafn der Rote an und erzählte ihnen alle Neuigkeiten aus der Brjansschlacht; den Fall des Königs und des Jarls Sigurd und Brodirs und aller Wikinge. Flosi fragte: "Was hast du mir von meinen Leuten zu melden:" "Sie sielen dort alle," sagte Hrafn, " aber dein Schwager Thorstein ließ sich von Kerthjalfad das Leben schenken und ist jetzt bei ihm."

Flosi sagte dem Jarl, er wolle aufbrechen: " wir haben unsrer Romfahrt nachzukommen." Der Jarl sagte, er möge ziehen, wie es ihm passe, und schaffte ihm ein Schiff und was er dazu brauchte und viel Silber. Sie segelten denn nach Wales und verweilten dort eine Zeit.


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