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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


144. Mörds neue Klagen ans Fünfergericht

Jetzt schickten die Asgrimsleute einen zu Thorball und ließen ihm sagen, in welch böse Lage man geraten war. Thorhall antwortete: "Allzufern war ich da: Denn auch diesmal wär es nicht so gegangen, wenn ich dabei gewesen wäre. Ich durchschaue nun ihr Vorgehn: sie haben gewiß vor, euch vor das Fünfergericht zu laden wegen Dingirrung 1. Sie haben gewiß auch vor, in der Mordbrandssache eine Stimmenspaltung zu bewirken und das Urteil zu hintertreiben; denn jetzt sind sie so im Zuge; daß sie vor nichts Bösem zurückscheuen werden. Geb du nun schleunigst zu den Deinen und sag ihnen, Mord solle den Flosi und den Eyjolf beide vorladen, darum daß sie Geld ins Gericht getragen haben 2 , und solle auf Lebensringzaun 3 antragen. Dann soll erste vorladen mit einer zweiten vorladung, darum daß sie Zeugnisse erbrachten, die nicht zur Sache gehörten 4 , und damit eine Dingirrung bewirkten. Sag ihnen, ich hätte gesagt: wenn zwei Lebensringsachen auf einem Manne liegen, den muß man zum Waldgang verurteilen 5. Ihr müßt um so rascher eure Sache einleiten, als ihr vor ihnen zu Klage und Urteil kommen müßt."

Nun ging der Bote fort und berichtete dem Ward und Asgrim. Darauf gingen sie zum Gesetzesfelsen. Mörd Walgardssohn ernannte sich Zeugen: "ich ernenne sie dem zum Zeugnis , daß ich vorlade den Flosi Thordssohn, darum daß er dem Eyjolf Bölwerkssohn Geld gezahlt hat für Hilfe hier auf dem Ding. Ich erkläre, daß er um diese Klagesache werden muß ein geächteter Lebensringmann, nur dann führbar und durch



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vertrag loskaufbar, wenn Lebensring und Zehrungsgeld bei der Frohnung herauskommen, andernfalls aber ein friedloser Waldmann 1, Ich erkläre für verfallen seine ganze Habe, zur Hälfte mir und zur Hälfte den Viertelsgenossen, die das Ächtergut von ihm zu nehmen haben nach dem Gesetz. Ich lade diese Sache vors Fünfergericht, an welches die Sache zu kommen hat nach dem Gesetz, Ich lade nun zu verfolgung und zu voller Achtung ; ich lade mit gesetzlicher Ladung; ich lade vor aller Ohren auf dem Gesetzesfelsen."

Mit ebensolcher Ladung lud er vor den Eyjolf Bölwerkssohn, darum daß er das Geld angenommen hatte. Auch diese Klage lud er vors Fünfergericht-

Zum zweitenmal lud er vor den Flosi und den Eyjolf darum daß sie Zeugnisse auf dem Ding erbrachten, die nicht zur Sache gehörten nach dem Gesetz, und damit eine Dingirrung bewirkten . Auch dafür trug er auf Lebensringzaun an gegen sie.

Dann gingen sie fort und zur Gesetzgebungskammer; dort war eben das Fünfergericht versammelt.

Als Asgrim und Mord davongegangen waren, konnten sich die Urteiler nicht einigen, wie sie urteilen sollten, denn die einen wollten zugunsten von Flosi urteilen, aber die andern zugunsten von Mord und Asgrim. So kamen Flosi und Eyjolf in die Lage, eine Stimmenspaltung festzustellen 3. Dabei hielten sie sich auf, während die vorladungen ergingen. Bald danach wurde ihnen berichtet, dem Flosi und dem Eyjolf daß man sie auf dem Gesetzesfelsen vorgeladen habe vors Fünfergericht, jeden mit zwei Vorladungen. Eyjolf sagte: "Zum Unglück



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haben wir uns hier aufhalten lassen, da sie uns zuvorgekommen sind mit dem vorladen! Hier ist Thorhalls Schlauheit zutag gekommen; ihm kommt doch niemand gleich an Gescheitheit. Jetzt können sie zuerst ihre Sache vor Gericht verfolgen; da lag ihnen auch alles dran. Dennoch wollen wir nun zum Gesetzesfelsen gehn und eine Sache gegen sie einleiten, mögen wir auch wenig davon haben." Sie gingen denn zum Gesetzesfelsen , und Eyjolf lud sie vor um Dingirrung. Darauf gingen sie zum Fünfergericht.

Als Mord und Asgrim zum Fünfergericht kamen, da ernannte sich Mord Zeugen und entbot, zu hören auf seinen Eidschwur und auf seinen Klagevortrag und auf die Klagemittel alle, die er zu erbringen dachte wider Flosi und Eyjolf. Er entbot mit gesetzlichem Gebot vor dem Gericht, so daß die Richter es hörten vom ersten zum letzten.

Im Fünfergericht 1 mußten Eideshelfer die Eide stützen; die mußten auch Eide leisten. Mord ernannte sich Zeugen "ich ernenne sie dem zum Zeugnis," sagte er, "daß ich den Fünfergerichtseid leiste — möge mir Gott so gnädig sein in diesem Leben und im andern 2 ! —,daß ich diese Klage so verfolgen werde; wie ich es weiß als Gerechtestes und Wahrstes und dem Gesetz Gemäßestes. Ich halte Flosi auch für schuldig dieser Klagesache, wenn die Gründe danach sind. Nicht 3 habe ich Geld in dieses Gericht getragen mir zur Hilfe in dieser Klage, und nicht werde ich tragen; nicht habe ich Geld empfangen und nicht werde ich empfangen, weder zu gesetzlichem noch zu ungesetzlichem Ende."

Zwei Eideshelfer des Mord traten nun vor Gericht und ernannten sich Zeugen " dem zum Zeugnis, daß wir einen Eid leisten auf das Buch, einen gesetzlichen Eid —möge uns Gott so gnädig sein in diesem Leben und im andern! —, daß wir das auf unsre Mannesehre nehmen, das wir glauben, Mord werde diese Klage so verfolgen, wie er es weiß als Gerechtestes und Wahrstes und dem Gesetz Gemäßestes; und nicht bai er Geld getragen in dieses Gericht sich zur Hilfe in dieser Klage,



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und nicht wird er tragen; nicht hat er Geld empfangen und nicht wird er empfangen, weder zu gesetzlichem noch zu ungesetzlichem Ende."

Mord hatte neun Dingfeldnachbarn zu der Klage berufen. Darauf ernannte sich Mord Zeugen und trug vor die vier Klagen, die er eingeleitet hatte wider Flosi und Eyjolf, und es gebrauchte Mord all die Worte in seinem Klagevortrag, die er gebraucht hatte in seiner vorladung; er trug diese Lebensringklagen so beschaffen vor dem Fünfergericht vor, wie er die Worte gewählt hatte, als er vorlud. Mord ernannte sich Zeugen und entbot diese neun Nachbarn auf ihren Sitz auf dem westlichen Flußufer . Mord ernannte sich Zeugen und entbot Flosi und Eyjolf , die Geschworenen zu sichten. Sie gingen, die Geschworenen zu sichten, und sahen sie sich an und kriegten keinen als ungültig heraus; also traten sie ab und waren verdrossen.

Mord ernannte sich Zeugen und heischte von den neun Nachbarn die Erbringung des Spruches, die er vorher berufen batie: die Tat entweder zu verneinen oder zu bejahen. Mords Geschworene traten dann vors Gericht, und es sagte einer den Spruch her, aber alle erklärten ihre Zustimmung —sie hatten alle den Fünfergerichtseid geleistet — und erklärten Flosi für schuldig der Klagesache und bejahten seine Tat. Sie erbrachten den Spruch so beschaffen vor dem Fünfergericht zu Handen des Mannes, an welchen Mord seine Klage gerichtet hatte 1. Darauf erbrachten sie all die Aussagen, zu denen sie verpflichtet waren, für alle vier Klagen, und es ging rechtsförmlich vonstatten.

Eyjolf Bölwerkssohn und Flosi mühten sich ab, ungültig zu machen, und richteten nichts aus.

Mord Walgardssohn ernannte sich Zeugen: "ich ernenne sie dem zum Zeugnis, daß diese neun Nachbarn, die ich berief zu diesen Klagen, die ich erhob wider Flosi Thordssohn und Eyjolf Bölwerkssohn, die Tat bejaht haben und sie für schuldig der Klagesache erklärt haben." Er ernannte sich diese Zeugen.

Zum zweitenmal ernannte er sich Zeugen: "ich ernenne sie dem zum Zeugnis," sagte er, "daß ich entbiete dem Flosi Thordosohn oder dem andern, dem er die gesetzliche Abwehr eingebändigt



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hat, die Einreden zu ergreifen denn jetzt sind die Klagemittel alle vorgebracht: zum Eidschwur entboten, der Eid geleistet , die Klage vorgetragen, das Ladungszeugnis erbracht, die Nachbarn auf ihren Sitz entboten, zur Sichtung der Geschworenen entboten, der Wahrspruch erbracht, die Zeugen zum Wahrspruch ernannt." Er ernannte sich diese Zeugen zu den Beweismitteln, die vorgebracht waren 1,

Da stand der auf, zu dessen Handen die Klage vorgetragen worden war; und wiederholte die Sache er wiederholte zuerst, wie Mord entbot zu hören auf seinen Eidschwur und auf den Klagevortrag und auf alle Klagemittel; demnächst wiederholte er, wie Mord den Eid leistete und seine Eideshelfer; dann wiederholte er, wie Mord die Klage vortrug, und ließ sich so vernehmen, daß er all die Worte gebrauchte in seiner Wiederholung, die Mord zuvor gebraucht hatte in seinem Klagevortrag und gebraucht hatte in seiner Ladung: " und ertrug die Klage so beschaffen vor vor dem Fünfergericht, wie er die Worte gewählt hatte, als er vorlud." Dann wiederholte er, wie sie das Ladungszeugnis erbrachten, und sagte all die Worte her, die Mord zuvor gebraucht hatte in seiner Ladung, und die sie brauchten in ihrer Zeugenaussage, " und die ich jetzt brauche" —sagte er — " in meiner Wiederholung; und sie erbrachten das Zeugnis so beschaffen vor dem Fünfergericht, wie er die Worte gewählt hatte, als er vorlud." Darauf wiederholte er, wie Mord die Nachbarn auf ihren Sitz entbot; demnächst wiederholte er, wie er dem Flosi entbot, die Geschworenen zu ächten "oder dem andern, dem er die gesetzliche Abwehr eingehändigt hatte." Dann wiederholte er, wie die Nachbarn vor Gericht traten und die Tat bejahten und Flosi für schuldig der Klagesache erklärten: "sie erbrachten diesen Neunnachbarnspruch so beschaffen vor dem Fünfergericht." Dann wiederholte er, wie Mord Zeugen dazu ernannte, daß die Tat bejaht war. Dann wiederholte er, wie Mord Zeugen ernannte zu den Beweismitteln, und wie er nr Einrede entbot.



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Mord Walgardssohn ernannte sich Zeugen: "ich ernenne sie dem zum Zeugnis,"sagte er" daß ich verbiete dem Flosi Thordssohn oder dem andern, dem er die gesetzliche Abwehr eingehändigt hat, die Einreden ;u ergreifen 1; denn jetzt sind alle Klagebeweise vorgebracht, die zu der Klage gehören, nach Wiederholung der Sache und Erbringung der Beweismittel." Darauf wiederholte der Wiederholer auch diesen Zeugenaufruf.

Mord ernannte sich Zeugen und heischte von den Urteilern, in der Sache zu urteilen. Da sagte Gizur der Weiße: "Noch weiteres wird dir obliegen, Mord; denn vier Dutzende werden nicht urteilen dürfen 2 !,, "

Flosi sagte zu Eyjolf:, Was ist jetzt zu tun:"Eyjolf sagte dann: "Jetzt ist guter Rat teuer, aber laß uns noch warten: Setzt vermut ich, daß sie einen Fehler machen in der Klage, denn Mord heischte ja gleich schon das Urteil in der Sache. Aber sie haben aus dem Gericht sechs Männer auszuscheiden, darauf haben sie vor Zeugen uns zu entbieten, weitere sechs Männer auszuscheiden: wir aber wollen das nicht tun, denn dann haben sie diese sechs Männer auszuscheiden, und das werden sie übersehen . Dann ist ihre ganze Klage durchgetan, wenn sie dies nicht tun; denn drei Dutzende haben in der Sache zu urteilen." Flosi sagte:"Ein gescheiter Mann bist du doch, Eyjolf Dir tritt nicht so bald einer auf die Hacken."

Mord Walgardssohn ernannte sich Zeugen: "ich ernenne sie dem zum Zeugnis," sagte er, "daß ich diese sechs Männer aus dem Gericht ausscheide" —und er nannte sie alle mit Namen — "ich verweigre euch, in dem Gericht zu sitzen; ich scheide euch aus nach gültiger Alldingsrede und Volksrecht."

Darauf entbot er Flosi und Eyjolf vor Zeugen, weitere sechs männer aus dem Gericht auszuscheiden 3. Sie aber wollten ächt. Mord ließ nun urteilen in der Sache. Und als das Urteil gesprochen war 4, ernannte sich Eyjolf Zeugen und erklärte



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ihr Urteil für hinfällig und all das, was sie vorgenommen hatten . Als Grund nannte er, daß dreieinhalb Dutzende geurteilt hatten, da doch nur drei zu urteilen hatten: "Wir wollen jetzt unsre Fünfergerichtsklagen gegen sie betreiben und sie in die Acht bringen."

Gizur der Weiße sagte zu Mord: "Schwer hast du dich da versehen, daß du diesen Fehler begehn solltest! So etwas ist ein arges Missgeschick! — Was ist jetzt anzufangen, Vetter Asgrim:" Sagte Gizur. Asgrim sagte: "Jetzt wollen wir zu meinem Sohn Thorhall schicken und sehen, was er uns einen Rat erteilt."


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