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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


139. Der Werbegang der Kläger

Jetzt ist fortzufahren bei Asgrim Ellidi-Grimssohn und Kari Sölmundssohn, daß sie alle zusammenkamen, auch Gizur der Weiße und Hjalti Skeggissohn und Thorgeir Klamm-Geir und Mörd Walgardssohn. Asgrim ergriff nun das Wort: "Hierüber braucht man nicht verstohlen zu sprechen, denn hier sind jetzt nur Männer zugegen, die sich gegenseitig 1



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trauen. Ich möcht euch nun fragen, ob ihr etwas wißt von den Anschlägen der Flosileute. Mir scheint, als müßten wir auch unserseits Beschlüsse fassen." Gizur der Weiße antwortete: "Der Gode Snorri schickte einen zu mir und ließ mir sagen, Flosi habe starken Zuzug erlangt von den Nordviertelleuten, aber sein Vetter Eyjolf Bölwerkssohn habe von jemand einen Goldring bekommen und halte ihn geheim, und Snorri sprach die vermutung aus, dem Eyjolf Bölwerkssohn werde es zugedacht sein, die gesetzlichen Einreden gegen die Klage vorzubringen , und dafür werde der Ring geschenkt sein." Sie kamen alle überein, so verhalte es sich gewiß.

Gisur sagte zu ihnen: . ,Nun hat mein Schwiegersohn Mord Walgardssohn den Teil des Handels übernommen, der allen am schwierigsten dünken wird: gegen Flosi zu klagen. Ich möchte nun, daß ihr die übrigen Anklagen unter euch verteilt, denn jetzt wird man bald die Klagen kundmachen müssen auf dem Gesetzesfelsen. Es wird uns jetzt auch not tun, Hilfe zu werben." Asgrim antwortete: "Das soll nun auch geschehen; aber dich möchten wir bitten, daß du die Werbefahrt mit uns machst." Gizur sagte, er wolle dies beisteuern. Darauf suchte sich Gizur alle die Klügsten aus ihrer Schar aus zur Begleitung: es waren Hjalti Skeggissohn, Asgrim, Kart und Thorgeir Klamm-Geir. Dann sagte Gizur: "Jetzt wollen wir zuerst zum Zelte des Skapti Thoroddssohn gehn."

So taten sie denn. Gizur ging voran, dann Hjalti, dann Kari dann Asgrim, dann Thorgeir Klamm-Geir, dann seine Brüder. Sie traten in das Zelt ein. Skapti saß auf der Querbühne, und als er Gizur sah. stand er vor ihm auf, bewillkommte ihn und sie alle und hieß Gizur neben sich Platz nehmen; er setzte sich denn hin. Gizur sagte zu Asgrim:"Jetzt bring die Hilfewerbung bei Skapti zur Sprache; aber ich will beisteuern, was mir gut scheint." Asgrim sagte: "Dazu sind wir hergekommen , bei dir Stärkung und Zuzug zu holen." Skapti sagte: "Das letztemal kam ich euch schwer zugänglich vor, als ich nicht mitwirken wollte bei euren Ungelegenheiten."Gizur sagte: "Diesmal liegt die Sache anders: es ist jetzt Klage zu führen um Bauer Njal und Frau Bergthora, die beide schuldlos drin



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nen verbrannt wurden, und um die drei Söhne Njals und viele andre wackre Leute; und du wirst das nie tun wollen, den Leuten Hilfe zu versagen und deinen Blutsfreunden und verschwägerten nicht beizustehn,"

Skapti antwortete: "Das hatt ich damals im Sinn, als Skarphedin zu mir sagte, ich hätte mir selber Teer auf'n Kopf gestrichen und einen Rasenstreifen über mich ausstechen lassen, und ich sei so in Angst geraten, daß Thorolf Loptssohn mich in seinen Mehlsäcken aufs Schiff hinaustragen mußte und mich so nach Island schaffte, —daß ich nicht um ihn Klage führen würde." Gizur sagte:" Daran darf man sich jetzt nicht erinnern, denn der ist jetzt tot, der dies gesprochen hat, und mir wirst du beistehn wollen, wenn dus auch nicht um der andern willen tun möchtest." Skapti antwortete: "Dieser Handel geht dich gar nichts an, wenn du dich nicht freiwillig damit abmühst ." Da erzürnte sich Gizur sehr und sagte:"Wie anders bist du als dein Vater! Galt er auch als etwas durchtrieben, so kam er einem doch immer zu Hilfe, wos am nötigsten war." Skapti sagte: "Unsre Art paßt nicht zusammen: ihr glaubt große Händel bestanden zu haben, du, weißer Gizur; als du Gunnar in Haldenende überfielst; aber Asgrim damit, daß er seinen Ziehbruder Gauk erschlug " " Asgrim antwortete: "Niemand schilt im Glimpf kennt er ärgeren Schimpf 2. Aber der Meinung sind viele, ich hätte Gauk erst erschlagen, als es mir not tat. Es ist vielleicht verzeihlich, daß du uns keine Hilfe leistest, aber das ist unverzeihlich, daß du uns Böses vorrückst. Ich möchte nur wünschen, eh dieses Ding aus ist, daß du von diesem Handel die größte Demütigung erlittest und keiner dir die Schande büßte."

Da standen sie alle auf, gingen hinaus und dann zum Zelte des Goden Snorri und traten in das Zelt ein. Snorri saß auf der Querbühne im Zelte; er erkannte die Männer sogleich und stand vor ihnen auf, hieß sie alle willkommen und gab ihnen Plätze neben sich zum Sitzen. Darauf Sagten sie einander nach den landläufigen Neuigkeiten. Asgrim sagte zu Snorri: "Da



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bin ich mit Vetter Gizur hergekommen, dich um Unterstützung zu bitten." Snorri antwortete: " Du sprichst da von etwas, wozu du allen Grund hast, —die Klage zu führen um solche Verschwägerte, wie du sie besaßest. Wir erhielten manchen erwünschten Rat von Njal, wenn auch jetzt wenige mehr dran denken! Jedoch weiß ich nicht, welche Art Hilfe ihr am nötigsten findet." Asgrim antwortete: "Am nötigsten ist sie uns, wenns zum Kampf kommt auf dem Ding." Snorri sagte: "Ganz richtig, dann kommt für euch viel drauf an. Das Wahrscheinliche ist, daß ihr die Klage mit Leidenschaft betreibt, und sie werdens mit der Abwehr ebenso halten, und kein Teil wird dem andern das Recht gönnen; ihr werdet euch das dann nicht bieten lassen und sie angreifen: das ist dann auch das einzige; denn sie wollen euch dann eure Toten mit Schimpf bezahlen und den Verlust der Blutsfreunde mit Demütigung." Man merkte, daß er sie mit allem anstachelte.

Da sagte Gizur: "Du redest brav, Snorri, und immer zeigst du dich dann am bravsten und herrenhaftesten, wenn am meisten drauf ankommt." Asgrim sagte:"Ich möchte wissen, womit du uns beistehn willst, wenn es so geht, wie du sagst." Snorri sagte:"Ich werde dir einen Freundschaftsbeweis geben, der euer aller Ehre zugut kommen soll. Doch vor die Gerichte werd ich nicht gehn; wenns aber zum Kampf kommt auf dem Ding, so greift sie nur dann an, wenn ihr euch alle ganz sicher fühlt, denn gewaltige Kämpen stehn euch gegenüber! Aber wenn ihr den kürzern zieht, dann könnt ihr euch hierher, auf uns zu, treiben lassen; ich werde nämlich meine Schar hier in Schlachtordnung stehn haben und gerüstet sein, euch zu helfen. Aber wenn es so geht, daß sie vor euch weichen, dann vermute ich, daß sie vorhaben, in die Allmännerschlucht zu dem Bollwerk 1 zu laufen, aber wenn sie dorthin gelangen, dann werdet ihr nie über sie Meister. Ich will es auf mich nehmen, ihnen meinen Schlachthaufen in den Weg zu legen und das Bollwerk zu verwehren; aber nachrücken werden wir ihnen nicht, ob sie nun nach Nord oder Süd am Fluß hin ziehen. Und wenn ihr dann aus ihrer Schar ungefähr so viele er



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schlagen habt, daß ich schätze, ihr könnt die Geldbußen noch tragen, ohne daß ihr eure Godentümer und das freie Wohnen im Gau drangebt, dann werd ich hinzulaufen mit allen meinen Mannen und euch trennen: ihr müßt mir das dann zuliebe tun, wenn ich dies tue."

Gizur dankte ihm sehr und sagte, dies sei zu ihrer aller Bestem geraten. Dann gingen sie alle hinaus. Gizur sagte: "Wohin solls jetzt gehn" "Zum Zelt derer von Labkrautfelden," sagte Asgrim.


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