Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


130. Die Mordbrenner ziehen ab

Jetzt ist von Skarphedin zu erzählen, daß er an dem Querbalken hinauflief gleich hinter Kart; aber als er an die Stelle kam, wo der Querbalken am meisten durchgebrannt war, da brach er unter ihm ein. Skarphedin kam auf die Füße zu stehn und nahm sogleich einen zweiten Anlauf und lief an der Wand hinauf. Da schlug der Firstbalken auf ihn, und er taumelte zurück. Da sagte Skarphedin: "Jetzt ist klar, wirs gemeint ist!" Er ging dann an der Längswand hin. Gunnar Lambissohn sprang auf die Wand hinauf und erblickte Skarphedin. Er sagte dies: "Weinst du nicht jetzt, Skarphedin:" "Das war nicht," sagte er, " aber wahr ists schon, daß es mich beißt in den Augen. Aber sehe ich recht, lachst du nicht?' "Allerdings," sagte Gunnar" ,und ich habe nie wieder gelacht, seit du den Thraïn am Waldstrom erschlugst!" Skarphedin sagte: " Da ist hier ein Andenken für dich !" Er nahm da aus seiner Tasche einen Backenzahn, den er dem Thraïn ausgeschlagen hatte, und warf ihn nach Gunnar, und es kam ins Auge, so daß es sogleich über die Backe heraushing. Da fiel Gunnar vom Dach hinunter.

Skarphedin ging nun zu seinem Bruder Grim: sie faßten sich an den Händen und traten das Feuer nieder; aber als sie in die Mitte des Saales kamen, fiel Grim tot hin. Skarphedin ging noch bis zum Ende des Gebäudes; da entstand ein lautes Krachen: es krachte nun das Dach herunter. Skarphedin geriet da zwischen die Trümmer und die Giebelwand; dort konnte er sich gar nicht mehr rühren.

Flosi und seine Schar standen bei den Feuern, bis es so ziemlich Morgen war. Da kam ein Mann auf sie zugeritten. Flosi Sagte ihn nach dem Namen; er nannte sich Geirmund; er sei ein verwandter der Sigfussöhne. "Ihr habt eine gewaltige Großtat vollbracht," sagte er. Flosi antwortete: " Eine Großtat werdens die Leute nennen und eine Übeltat. Doch ist daran nichts mehr zu ändern." "Wieviel ist hier umgekommen an vornehmen :" fragte Geirmund. Flosi antwortete: "Hier sind umgekommen Njal und Bergthora und alle ihre Söhne, Thord



Thule-Bd.04-283 Geschichten v.weisen Njal Flip arpa

Karissohn und Kari Sölmundssohn, Thord der Freigelassene '; aber dann wissen wir nicht mehr genau von weiteren, die uns weniger bekannt sind." Geirmund sagte: "Da meldest du einen tot, der davon gekommen ist und diesen Morgen mit ung geplaudert hat." "Wer ist das:" fragte Flosi. "Den Kari Sölmundssohn trafen wir, ich und mein Nachbar Bard,"sagte Geirmund ,und Bard gab ihm sein Pferd, und Haare wie Kleider an ihm waren verbrannt." "Hatte er etwas von Waffen mit:"Sagte Flosi. Er hatte das Schwert Lebenslöscher,"sagte Geirmund, "und die eine Schneide war blau angelaufen: wir sagten, es werde vermorscht sein, aber er gab zur Antwort, er werde es härten im Blute der Sigfussöhne oder anderer Mordbrenner." Flosi fragte: "Was sagte er von Skarphedin oder Grim:" Geirmund antwortete: "Beide waren noch am Leben, sagte er, als sie sich trennten; aber jetzt, meinte er, würden sie tot sein." Flosi sagte: "Du hast uns Dinge berichtet, die uns kein Sitzen im Frieden verheißen; denn nun ist der Mann davongekommen, der dem Gunnar von Haldenende am nächsten kommt in allen Stücken. Das mögt ihr jetzt wissen, ihr Sigfussöhne und ihr anderen, daß es hier eine so große Mordverfolgung geben wird um diese Brandlegung, daß es manchen um seinen Kopf bringen wird, aber andre werden um die ganze Habe kommen. Mir argwöhnt nun, daß keiner von euch Sigfussöhnen sich getraut, auf seinem Hof sitzen ;u bleiben; das ist auch sehr verzeihlich. Ich will euch nun alle mir ins Ostland einladen, und ein Schicksal soll uns alle treffen." Sie dankten ihm-Da sprach Modolf Ketilssohn ein Gesätze:

Aus Njals edlem Haus nur
Ein Mann kam von dannen.
Wogenfeuers Föhren 2
Fand man tot im Brand sonst.
Goldnirs Sohn 3 entgalt da
Gräßlich den Tod Höskulds.
Fuhr zur Bank das Feuer,
Flammend brachs Haus zusammen.



Thule-Bd.04-284 Geschichten v.weisen Njal Flip arpa

Mit anderm wollen wir uns rühmen," sagte Flosi, "als damit, daß Njal drinnen verbrannt ist; denn das ist keine Ehre."

Flosi stieg dann auf die Giebelmauer mit Glum Htldirssohn und einigen anderen. Da sagte Glum: " Ob Skarphedin wohl tot ist Aber die andern sagten, er sei gewiß schon lange tot. Zuweilen flackerte dort das Feuer auf, und zuweilen sank es in die Asche. Da hörten sie, wie unter ihnen im Feuer ein Gesäte gesprochen wurde:

Riesenbrücken 1 Reckens
Rauhem Streit Augentau quoll:
Zähre, schien's, der Schönen
Schimmert' an der Wimper 2.
Wähne, viele in Wunden
Wühlende Speere fühlten:
Kühner Lied wie keiner
Kann noch jetzt ich, Mannen!

Grani Gunnarssohn sagte:"Ob wohl Skarphedin lebend oder tot dieses Gesätze gesprochen hat:" "Darüber stell ich keine vermutungen auf" sagte Flosi. "Wir wollen suchen," sagte Grani, "nach Skarphedin oder anderen, die hier drinnen verbrannt sind." Das tun wir nicht," sagte Flosi" ,und das sind Toren, die dir gleichen! Sammelt man doch gewiß schon Mannschaft im ganzen Kreise. Genau derselbe, der jetzt hier säumen will, wird dann so in Angst sein, daß er nicht wissen wird, wohin er laufen soll! Ich rate dazu, daß wir alle schleunigst davon reiten."

Flosi ging nun eilends zu seinen Pferden mit all seinen Mannen. Flosi sagte zu Geirmund: "Ob wohl Ingjald zu Hause in Brunnen ist" Geirmund sagte, er glaube, er werde zu Hause sein. "Das ist der Mann," sagte Flosi" ,der die Eide an uns gebrochen hat und den ganzen Treubund!" Dann sagte Flosi zu den Sigfussöhnen: "Wie wollt ihr es nun mit Ingjald balten: wollt ihr ihm die Strafe erlassen, oder sollen wir jetzt gegen ihn ziehen und ihn erschlagen:" Sie antworteten



Thule-Bd.04-285 Geschichten v.weisen Njal Flip arpa

alle, sie wollten jetzt gegen ihn ziehen und ihn erschlagen. Da sprang Flosi aufs Pferd und sie alle und ritten fort; Flosi ritt voran und nahm die Richtung nach der Krummach und dann flußaufwärts.

Da sah er einen Mann herunter reiten auf der andern Seite des Flusses: er erkannte ihn, daß es Ingjald von Brunnen war. Flosi rief ihm zu, da machte Ingjald Halt und lenkte das Pferd gegen sie ans Flußufer. Flosi sagte zu ihm: " Du hast den Vertrag mit uno gebrochen, und damit hast du Habe und Leben verwirkt. Hier sind nun die Sigfussöhne und möchten dich gerne erschlagen; aber mir scheint, du bist in einer Notlage , und ich will dir das Leben schenken, wenn du mir das Selbsturteil übergeben willst." Ingjald antwortete: "Zuerst will ich mich nun mit Kari treffen, anstatt dir das Selbsturteil zu übergeben! Aber den Sigfussöhnen geb ich zur Antwort daß mir nicht hänger sein soll vor ihnen, als ihnen vor mir." "Warte denn," sagte Flosi, " wenn du keine Memme bist! denn ich will dir eine Sendung hinüberschicken." "Ich will schon warten," sagte Ingjald.

Thorstein Kolbeinssohn, der Neffe Flosis, war neben diesem vorgeritten und trug einen Speer in der Hand; er war einer der tapfersten und geachtetsten von Flosis Leuten. Flosi langte nach seinem Speer und schoß ihn nach Ingjald, und es traf die linke Seite und durchfuhr den Schild unterm Handgriff, und der Schild barst in zwei Stücke, aber der Speer fuhr in den Schenkel über der Kniescheibe und dann in das Sattelbrett und blieb dort stecken. Flosi sagte zu Ingjald: "Nun, traf es dich:" " O ja, es traf," sagte Ingjald; " aber das nenn ich eine Schramme, keine Wunde." Dann zuckte Ingjald den Speer aus der Wunde und sagte zu Flosi: "Jetzt warte du, wenn du kein Feigling bist!" Damit schoß er den Speer über den Fluß zurück. Flosi sah, daß der Speer mitten auf ihn zusteuerte: da riß er das Pferd zurück, aber der Speer flog vor Flosis Pferd durch und verfehlte ihn. Der Speer traf mitten auf Thorstein, und er fiel sogleich tot vom Pferde. Ingjald sprengte nun in den Wald, und sie bekamen ihn nicht.

Flosi sagte zu seinen Mannen: "Jetzt haben wir einen schweren



Thule-Bd.04-286 Geschichten v.weisen Njal Flip arpa

verlust erlitten! Wir können jetzt auch sehen, nachdem dies uns zugestoßen ist, was für Mißgeschick wir haben. Ich rate nun dazu, daß wir auf das Dreihornjoch 1 reiten: von dort können wir die Leute reiten sehen über die ganze Gegend hin, Sie werden nämlich jetzt eifrigst Mannschaft sammeln, und sie werden sich denken, wir seien vom Dreihornjoch ostwärts nach der Stromhalde geritten, und sie werden sich denken, wir ritten hinüber ins Hochland und weiter nach dem Ostlande. Dahin wird der größte Teil ihrer Schar nachreiten; aber einige werden den äußeren Weg reiten, nach der Almlaudstirn, doch werden sie dort weniger auf uns rechnen. Aber ich will jetzt den Plan für uns machen, und zwar rate ich dazu, daß wir auf den Berg Dreihorn hinaufleiten und dort abwarten, bis die Sonne zum drittenmal hinunter ist." So taten sie denn.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt