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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


129. Der Mordbrand. Njals Tod. Kari entkommt

Sie schlugen nun Feuer und setzten einen großen Holzstoß vor der Tur in Brand. Da sagte Skarphedin:"Ihr zündet ja ein Feuer an, Bursche! Solls denn jetzt zum Kochen gebn" Grani Gunnarssohn antwortete: ",Allerdings; und heißer wirst dus nicht nötig haben zum Braten!" Skarphedin sagte: " So lohnst du es mir, wie du der Mann dazu bist, daß ich deinen Vater rächte, und achtest das höher, was dir weniger Pflicht ist"

Da gossen die weiber Wolken in das Feuer und löschten es ihnen aus. Kol Thorsteinssohn sagte zu Flosi: "Mir kommt ein Gedanke: ich hab eine Kammer gesehen in dem Schlafsaal über dem Quergebälk; in die wollen wir Feuer bringen und es anfachen mit dem Vogelgrashaufen, der hier hinterm Haus steht." Darauf nahmen sie das Vogelgras und setzten es in Brand. Eh die sichs versahen, die drinnen waren, stand der ganze Schlafsaal oben in Flammen. Flosis Leute machten nun große Feuer vor allen Türen. Da wurde das Weibervolk wehleidig, das drinnen war. Njal sagte zu ihnen: "Haltet euch brav und redet keine Angstworte! Denn das wird nur so wie ein Sturm sein, und ein zweiter derart dürfte nicht so bald kommen: vertraut doch darauf, daß Gott barmherzig ist: er wird uns nicht in dieser Welt und der andern brennen lassen." Solche Mahnreden richtete er an sie und andere, mann- haftere.

Jetzt gerieten alle Gebäude in Flammen. Da ging Njal zur Tür und sagte: "Ist Flosi in der Nähe, so daß er meine Worte hören kann:" Flosi sagte, er höre. Njal sagte: "Willst du etwa auf Vergleich eingehn mit meinen Söhnen oder etlichen von uns freien Abzug erlauben:" Flosi antwortete: "Auf vergleich mit deinen Söhnen will ich nicht eingehn: es soll jetzt zum Ende kommen zwischen uns und nicht eher ruhen, alg



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bis sie alle tot sind. Aber freien Abzug will ich erlauben den Weibern und Kindern und Knechten." Da ging Njal hinein und sagte zu dem Haufen: "Jetzt mögen alle hinausgehn, denen es erlaubt ist. Geh du denn hinaus, Thorhalla Asgrimstochter, und alles Volk mit dir, dem es gestattet ist!" Thorhalla sagte: "Jetzt wird mein Abschied von Helgi anders, als ich mir bisher dachte! Doch will ich wenigstens meinen Vater und meine Brüder anstacheln, daß sie das Morden rächen. das hier verübt wird." Njal sagte: "Du wirst brav handeln, denn du bist ein wackeres Weib."

Darauf ging sie hinaus und eine große Schar mit ihr. Astrid von Tiefachenhang sagte zu Helgi Njalssohn: "Geh du mit mir hinaus l Ich will einen Weibermantel über dich schlagen und dir den Kopfputz aufstülpen." Er verbat es sich erst, aber auf die Bitten der anderen tat ers doch. Astrid wickelte ihm den Kopfputz um den Kopf, und Thorhild schlug ihm den Mantel über, und er ging zwischen ihnen hinaus. Da ging auch Thorgerd Njalstochter und ihre Schwester Helga hinaus und viel anderes Volk. Aber als Helgi hinauskam, da sagte Flosi: "Das ist eine hochgewachsene und breit um die Schultern, die da geht: greift sie und haltet sie fest" Als aber Helgi dies hörte, warf er den Mantel ab; er hatte ein Schwert unter dem Arme gehalten und hieb nun auf einen, und es traf den Schild und trennte ihm die Spitze ab und das Bein von dem Manne. Da kam Flosi herzu und hieb Helgi in den Hals, so daß sogleich der Kopf abflog.

Flosi trat dann zu der Tür und sagte, Njal und Bergthora möchten nr Unterredung mit ihm kommen. Njal tai so. Flosi sagte: "Dir will ich freien Abzug anbieten, denn du verbrennst unverdient drinnen." Njal sagte: "Ich will keinen freien Abzug; denn ich bin ein alter Mann und bin kaum imstande, meine Söhne zu rächen, aber in Schanden leben will ich nicht." Flosi sagte zu Bergthora: "Geh du heraus, Hausmutter! Denn dich will ich um keinen Preis drinnen verbrennen." Bergthora sagte: "Als jung wurde ich dem Njal gegeben; da hab ich ihm versprochen, ein Schicksal solle uns beide treffen." Damit gingen sie beide hinein.



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Bergthora sagte: "Was wollen wir jetzt anfangen "Wir wollen zu unserm Beit gehn," sagte Njal, " und uns legen." Da sagte sie zu dem Knaben Thord, dem Sohne Karis: "Dich muß man hinaustragen: du sollst nicht drinnen verbrennen." "Aber du hast mir doch versprochen, Großmutter," sagte der Knabe, " wir zwei wollten uno nie trennen; und so solls auch sein. Es ist mir auch viel lieber, mit euch beiden zu sterben, als euch zu überleben." Darauf trug sie den Knaben zum Beit.

Njal sagte zu seinem Großknecht: "Jetzt kannst du sehen, ich und die Frau uns legen und wie ich uns zudecke; ich denke mich nämlich nicht mehr vom Fleck zu rühren, mag mir Rauch oder Feuer zusetzen. Du kannst nun erraten, wo nach unsern Gebeinen zu suchen ist." Er sagte, das solle geschehen. Es war ein Ochse geschlachtet worden, und die Haut lag da. Njal sagte zu dem Großknecht, er solle die Haut über sie breiten, und er versprach das. Sie legten sich nun beide in das Beit und legten den Knaben zwischen sich. Dann machten sie das Kreuz über sich und den Knaben und befahlen ihre Seele Gott, und das war das letzte, was man sie reden hörte.

Da nahm der Großknecht die Haut und breitete sie über sie und ging darauf hinaus: Ketil aus Wald fing ibn auf und riß ihn heraus. Er Sagte genau nach seinem Schwiegervater Njal, und er erzählte alles nach der Wahrheit. Keul sagte: "Das Schicksal wills bös mit uns, daß ein solcher Unstern zwischen uns treten mußte!'

Skarphedin hatte gesehen, wie sein Vater gelegt hatte und wie er sich hatte zudecken lassen; da sagte er: " Vater geht heute früh zu Bett; das ist auch begreiflich: er ist ein alter Mann." Da griffen Skarphedin und Kari und Grim nach den Feuerbränden , so oft einer herunterstürzte, und schossen sie auf die draußen; und so gings eine Zeitlang. Da schossen sie Speere nach ihnen hinein, aber sie fingen alle in der Luft auf und sandten sie zurück. Flosi hieß sie aufhören zu schießen: "denn wir werden bei jedem Waffenwechsel den kürzeren ziehen. Ihr könnt es gut abwarten, bis das Feuer sie swingt." So taten sie nun.



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Da siel das schwere Gebälk vom Dachstuhl herunter. Skarphedin sagte: "Jetzt wird mein Vater tot sein, und man hat ihn weder stöhnen noch husten hören." Darauf gingen sie an das Ende des Schlafsaals. Dort war der Querbalken heruntergefallen 1 und in der Mitte schon ziemlich durchgebrannt. Kari sagte zu Skarphedin: "Lauf hier hinaus! Ich will dir zur Hand gehn; aber ich will sogleich hinterher laufen, und dann werden wir beide davonkommen, wenn wirs so bewerkstelligen, denn aller Rauch treibt hierher." Skarphedin sagte: "Lauf du voraus und ich dir gleich auf den Fersen!" "Das ist kein Plan," sagte Kari, " denn ich kann gut noch anderswo hinauskommen , wenns hier nicht geht." "Nein, das will ich nicht," sagte Skarphedin: "lauf du zuerst hinaus, und ich will gleich hinterher." Kari sagte: "Jedem ists geboten, für sein Leben zu sorgen , solange es möglich ist; das wollen wir denn auch tun. Doch wird es jetzt zu einer Trennung zwischen uns kommen, daß wir uns nie wiedersehen werden; denn wenn ich aus dem Feuer hinauslaufe, dann wird es mir nicht drum sein, zu dir ins Feuer zurück zu laufen, und dann wird jeder von uns seinen Weg ziehen." " Das macht mich lachen," sagte Skarphedin " ,wenn du davon kommst, Schwager, daß du uns rächen wirst:"

Da nahm Kari einen brennenden Balken in die Hand und lief hinaus an dem Querbalken hinauf. Er schleuderte dann vom Dach den Balken hinaus, und er fiel auf die hinunter, die draußen davor standen; da sprangen sie weg. Die ganzen Kleider an Kari standen in Flammen und auch das Haar. Er stürzte sich nun vom Dach hinaus und sprang dann in Sätzen dem Rauch entlang. Da sagte einer, der zunächst stand: "Sprang da nicht ein Mann vom Dach herab:" "Keine Rede!" sagte ein andrer: "Skarphedin warf da einen brennenden Balken nach uns." Darauf hatten sie keinen verdacht mehr. Kari lief weiter, bis er zu einem Bach kam, und warf sich hinein und löschte das Feuer an sich. Von dort lief er dem Rauch entlang in eine Grube und ruhte sich aus; und die heißt seither die Karigrube.


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