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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


124. Die verschwörung gegen Bergthorsbühl

Flosi entbot all seine Leute in die Allmännerschlucht 1 hinauf und ging dann selbst bin; da hatten sich all seine Leute eingefunden, und es waren zehnmal zehn Mann. Flosi sagte zu den Sigfussöhnen: "Wie kann ich euch in diesem Handel so helfen, daß es euch am meisten zusagt:" Gunnar Lambissohn sagte: "Wir sind nicht zufrieden, bis die Brüder alle tot sind, die Njalssöhne!" Flosi sagte: "Das will ich den Sigfussöhnen versprechen, daß ich mich nicht eher von diesem Handel trennen will, als bis der eine Teil am Boden liegt. Ich will auch wissen, ob hier Leute sind, die uns nicht beistehn wollen in dem Handel ." Alle aber sagten, sie wollten ihnen beistehn. Flosi sagte: "So trete denn jeder vor mich und schwöre einen Eid, daß er nicht abfalle von dem Handel." Da traten alle vor Flosi und schwuren ihm die Eide. Flosi sagte: "Wir wollen auch alle den Handschlag drauf geben, daß der Habe und Leben verwirkt haben soll, der diesen Handel verläßt."

An Häuptlingen waren es diese neben Flosi: Kol, der Sohn von Thorstein Breitbauch, ein Brudersohn Haus von der Seite; Hroald Özurssohn von Breitach, Özur, der Sohn von Önund Taschenrücken; Thorstein Geirleifssohn der Schöne, Glum Hildirssohn, Modolf Ketilssohn; Thorir, der Sohn Thords des Boshaften aus Fettzunge; Flosis verwandte Kolbein und Egil; Keul Sigfus sohn und seine Brüder Mord, Thorkel und Lambi; Grani Gunnarssohn, Gunnar Lambissohn und sein Bruder Sigurd; Ingjald von Brunnen, Hroar Hamundssohn. Flosi sagte zu den Sigfussöhnen:"Wählt euch einen Anführer, den, der euch am besten dazu geeignet scheint! Denn irgendwer wird dem Handel vorstehn müssen." Ketil aus Wald antwortete: "Wenn uns Brüdern die Wahl zustehn soll, so wählen wir ohne Zögern dies, daß dir diese Aufgabe zufalle. Du bist aus großem Geschlecht und ein mächtiger Häuptling, hartnäckig und verständig; wir rechnens dir auch so an, daß du uns zuliebe die Sache übernimmst." Flosi sagte: "Wahrscheinlich,



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daß ich einwillige in das, worauf eure Bitte geht. Ich will auch gleich vorschlagen, wie wirs anfangen sollen, und zwar rate ich dazu, daß jedermann vom Ding nach Hause reite und den Sommer zu seiner Wirtschaft sehe, solange die Dungwiesen in Arbeit sind. Auch ich will nach Haus reiten und den Sommer zu Haus sein. Aber an dem Sonntag, wenn noch acht Wochen sind bis Winteranfang, da werd ich mir zu Haus Messe halten lassen und darauf westwärts über den Lommenfluh sand reiten. Jeder von uns soll zwei Pferde mitnehme, will die Mannschaft nicht vermehren über die Zahl hinaus, die sich jetzt zum Eide gestellt hat, denn wir haben reichlich genug an ihr, wofern sie sich uns gut bewährt. Ich werde den Sonntag durch reiten und noch die Nacht dazu, aber am zweiten Nachmittag der Woche werde ich auf dem Dreihornjoch angekommen sein, eh der halbe Nachmittag um ist. Dann sollt ihr alle dort hingekommen sein, die ihr diese Sache beschworen habt; aber wenn einer dann nicht hingekommen ist, der dieser Sache beitrat, dann solls ihn grad nur das Leben kosten, wenns auf uns ankommt."

Ketil sagte: "Wie kann man das vereinigen, daß du am Sonntag von Hause abreitest und doch am zweiten Tag der Woche auf das Dreihornjoch kommst " Flosi sagte: Ich werde aus der Schaftachzunge hinaufleiten und nördlich vom Inselbergferner durch und hinunter nach Götterland ': das kann gelingen, wenn ich scharf reite. Ich will euch nun auch mein ganzes vorhaben wissen lassen, daß, wenn wir uns dort treffen, wir nach Bergthorsbübl reiten wollen mit der ganzen Schar und die Njalssöhne mit Feuer und Schwert angreifen und nicht eber von der Stelle gehn, als bis sie alle tot sind. Haltet diesen Anschlag geheim, denn unser aller Leben hängt daran. Wir wollen jetzt unsre Pferde holen lassen und nach Hause reiten."

Sie gingen nun zu ihren selten. Darauf ließ Flosi seine Pferde satteln, und sie machten sich auf den Heimritt und warteten 1 Man sieht, der Erzähler sich der heroischen Steigerung bewußt. vgl. die maßangaben zu Kap. 126. 2 Diesen Bergweg wählt Flosi nicht so sehr, um abzukürzen, als um die bewohnte Gegend im Westland zu vermelden.



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niemand ab; Flosi wollte seinen Schwiegervater Hall nicht treffen, denn er zweifelte nicht, daß der ihm von allen Fehdetaten abraten würde.

Njal ritt vom Ding nach Hause und seine Söhne, und sie blieben alle den Sommer über zu Haus. Njal fragte den Kari, ob er vielleicht nach Torholm hinüberreiten wolle zu seiner Wirtschaft . Kari antwortete: "Nein, ich will nicht hinüberreiten, denn ein Schicksal soll mich und deine Söhne treffen." Njal dankte ihm und sagte, das war von ihm zu erwarten. Es waren beständig an die dreißig waffenfähige Mannsleute im Hof mit den Knechten.

Eines Tages war es, daß Hrodny Höskuldstochter nach Brunnen kam. Ihr Bruder Ingjald hieß sie freundlich willkommen. Sie erwiderte seinen Gruß nicht, sondern hieß ihn nur mit sich hinausgehn. Ingjald tai so und ging mit ihr hinaus, und sie gingen beide zusammen aus dem Hofplatz; dann faßte sie nach ihm, und sie setzten sich. Sie sagte: "Ist es wahr, daß du einen Eid geschworen hast, gegen Njal zu ziehen und ihn und seine Söhne zu erschlagen " Er antwortete: "Ja, das ist wahr. Ein Erzschurke bist du," sagte sie, " wo doch Njal dich dreimal vom Waldgang befreit hat." "Jetzt stehts doch einmal so," sagte er, "daß mein Leben dran hängt, wenn ich das nicht tue." Daran wirds nicht sein," sagte sie: " du wirst trotzdem leben und ein Ehrenmann heißen, wenn du den nicht verrätst, dem du am meisten schuldest" Sie nahm da eine leinene Mütze aus ihrem Beutel, blutig über und über und zerlöchert; und sagte: "Diese Mütze hatte Höskuld Njalssohn auf dem Kopfe, damals, als sie ihn erschlugen: um so weniger ziemt es dir, meine ich, denen zu helfen, die auf der Seite dort stehn!" Er antwortete: "So wirds auch werden, daß ich mich nicht gegen Njal stelle, was auch hinterdrein komme. Ich weiß freilich, daß sie es mich werden ausfressen lassen." Sie sagte: Dann kannst du jetzt dem Njal einen großen Gefallen tun und seinen Söhnen , wenn du ihm diesen ganzen Anschlag erzählst." "Das werd ich nicht tun!' sagte Ingjald, denn dann bin ich ein Schurke vor jedermann, wenn ich das wiedersage, was sie mir anvertrauten. Das aber ist eine mannhafte Tat, sich von diesem



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Handel zu trennen, wenn man auf Rache rechnen muß 1. Aber sag du dem Njal und seinen Söhnen, sie möchten auf ihrer Hut sein diesen ganzen Sommer — denn damit rät inan ihnen aut - und viel Mann um sich haben:"

Darauf ging sie nach Bergthorsbühl und berichtete dem Njal dieses ganze Gespräch. Njal dankte ihr und sagte, sie habe brav gehandelt: "denn er würde sich am schwersten vergehn von allen, damit daß er gegen mich zöge." Sie ging dann nach Hause, aber Njal erzählte dies seinen Söhnen.

In Bergthorsbühl lebte ein altes Weib namens Säunn; die hatte so ihr Wissen und sah in die Zukunft, doch war sie uralt, und die Njals söhne nannten sie die Alterstolle, weil sie viel schwatzte — und doch traf viel davon ein. Eines Tages war es, daß sie einen Prügel in die Hand nahm und hinters Haus ging zu einem Haufen Vogelgras: sie schlug auf den Unkrauthaufen und verwünschte ihn, ein elendiges Ding, das er sei. Skarphedin lachte drüber und fragte, warum sie so wütig sei auf den Unkrauthaufen. Die Alte sagte: "Diesen Unkrauthaufen wird man nahmen und Feuer damit anmachen, wenn Njal drinnen verbrannt wird und Bergthora, mein Ziehkind: werft ihn ins Wasser", sagte sie, "oder verbrennt ihn schleunigst!" "Das wollen wir nicht tun," sagte Skarphedin, " denn es findet sich schon anderes zum Feueranmachen, wenns das Schicksal so will, auch wenns nicht der Haufen ist." Die Alte schwatzte den ganzen Sommer von dem Unkrauthaufen, man solle ihn hereintragen; doch wurde nichts draus.


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