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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


123. Der vergleich scheitert

Der Gode Snorri sprach so: "Wir sind hier nun zwölf Urteiler, denen diese Sache unterstellt ist. Ich möchte euch alle bitten, daß wir dieser Sache keine Schwierigkeit bereiten. so daß sie nicht um vergleich kämen." Gudmund sagte: "Wollt ihr vielleicht Gauächtungen verhängen oder Landesverweisungen: " "Nein," sagte Snorri, "denn das ist oft schlimm ausgefallen, und man hat sich deswegen totgeschlagen und sich veruneinigt. Aber eine Geldleistung will ich verhängen so hoch, daß niemand teurer gewesen sein soll hierzulande als Höskuld." Seine Worte fanden Beifall. Darauf besprachen sie die Sache und konnten sich nicht einigen, wer zuerst antragen solle, wie hoch die Geldstrafe sein solle; und es kam dahin daß sie losten, und es traf Snorri, den Antrag zu stellen.

Snorri sagte: "Ich will nicht länger hierüber brüten; ich will euch gleich sagen, was mein Antrag ist: daß ich den Höskuld will büßen lassen mit dreifacher Mannesbuße, aber das sind



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sechs Hunderte Silbers 1. Andert ihr nun daran, wenn es euch zu viel oder zu wenig scheint." Sie antworteten, sie wünschten nicht- dran zu ändern. "Dies ist einbedungen, daß die ganze Summe hier auf dem Ding erlegt werden soll." Da sagte Gizur der Weiße: "Das scheint mir kaum möglich; denn sie werden nur einen kleinen Teil bei sich haben zur Zahlung ihrer Schuld." Gudmund sagte: "Ich weiß, was Snorri will: er will, daß wir Schiedsmänner alle beitragen, soviel als uns die Hochherzigkeit gebietet; und das werden dann viele nachmachen." Hall von der Seite dankte ihm und sagte, er wolle gern beitragen , soviel wie nur einer beitrage. Dann sagten alle Schiedsmänner zu. Hierauf gingen sie auseinander und machten noch ab, Hall solle den Schiedsspruch auf dem Gesetzesfelsen vortragen .

Hierauf wurde geläutet, und alles ging zum Gesetzesfelsen. Hall stand auf und sprach: "Über diese Sache, in der wir verhängt haben, sind wir einig geworden und haben verhängt sechs Hunderte Silbers. Wir wollen die Hälfte erlegen, wir Schiedsmänner, und es soll alles bier auf dem Ding gezahlt werden. Ich richte die Bitte an die gesamte Gemeinde, daß sie einiges beitrage um Gottes Willen." Alle aber gaben gute Antwort. Da ernannte Hall Zeugen zu dem Schiedsspruch, daß ihn keiner solle brechen dürfen. Njal dankte ihnen für den Schiedsspruch. Skarphedin stand dabei und schwieg und grinste dazu.

Man ging vom Gesetzesfelsen fort und nach den selten. Aber die Schiedsmänner trugen in dem Gemeindekirchhof 2 das Geld zusammen, das sie versprochen hatten beizusteuern. Die Söhne Njals gaben das Geld heraus, das sie mithatten, so auch Kari; das war ein Hundert Silbers. Njal holte das Geld, das er mithatte; das war ein zweites Hundert Silbers. Darauf wurde dieses Geld in der Gesetzgebungskammer alles zusammengetragen , und nun gaben die andern soviel dazu, daß kein Pfennig mehr fehlte. Njal nahm ein seidenes Schleppkleid und englische Stiefel und legte sie oben auf den Haufen.



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Danach sagte Hall zu Njal, er solle seine Söhne holen, "aber ich will Flosi holen, und es leiste nun jeder Teil dem andern die Friedensschwüre." Da ging Njal zu seinem Zelt zurück und sagte zu seinen Söhnen:"Jetzt ist unser Handel zu einem guten Ende gekommen: wir sind ausgesöhnt, und das Geld ist alles beisammen. Jetzt sollen beide Teile vortreten und einander Frieden und Treuschwüre leisten. Ich möchte euch nun bitten, daß ihr nichts an der Sache verderbt." Skarphedin strich sich über die Stirn und grinste dazu. Sie gingen nun alle zur Gesetzgebungskammer .

Hall hatte den Flosi aufgesucht und sagte: "Geb jetzt zur Gesetzgebungskammer , denn jetzt istalles Geld richtig erlegt und an ein e Stelle zusammengekommen." Flosi hieß die Sig fus söhne mit ihm gehn; sie gingen nun alle hinaus. Sie traten an die Ostseite der Gesetzgebungskammer. Njal und seine Söhne traten an die Westseite der Kammer. Skarphedin ging zur mittleren Bankreihe und nahm dort Stand. Flosi trat in die Kammer , um sich das Geld anzusehen, und sagte: "Das ist vieles und gutes Geld und richtig ausgezahlt, wie zu erwarten war."

Danach hob er das Schleppkleid auf und Sagte, wer dieses wohl beigetragen habe; aber keiner antwortete ihm. Zum zweitenmal schwenkte er das Schleppkleid und fragte, wer es wohl beigetragen habe, und lachte dazu; und keiner antwortete . Flosi sagte: "Stehts so, daß keiner von euch weiß, wem dieser Anzug gehört hat, oder wagt ihrs nicht, es mir zu sagen: Skarphedin sagte: "Wer glaubst du daß es beigetragen hai:" Flosi sagte: "Wenn dus denn wissen willst, so will ich dir sagen, daß ich glaube, dein Vater bat es beigetragen, der Alte ohne Bart; denn viele wissen nicht, wenn sie ihn sehen, ob er ein Mann oder ein Weib ist 1." Skarphedin sagte: "Das ist schnöde, auf sein hohes Alter zu sticheln, wozu kein Ehren



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mann bisher sich verstanden hat! Ihr könnt das schon wissen, daß er ein Mann ist, denn er hat Söhne bekommen von seinem Weibe: selten hat ein Verwandter von uns ungebüßt an unserm Zaun gelegen, ohne daß wir Rache genommen hätten."

Damit zog Skarphedin das Schleppkleid an sich und warf eine blaue Hose nach Flosi und sagte, die werde er nötiger brauchen. Flosi sagte: "Warum soll ich die nötiger brauchen :" Skarphedin sagte: "Darum: wenn du die Geliebte des Schweinsberg- Asen 1 bist, wie man sich erzählt, daß er dich zum Weib mache jede neunte Nacht."

Da trat Flosi nach dem Gelde und sagte, keinen Pfennig mehr wolle er davon behalten; eins von beidem müsse geschehen, daß Höskuld unvergolten bleibe oder daß sie ihn rächten. Flosi wollte nun keinen Frieden zusichern und keinen annehmen und sagte zu den Sigfussöhnen:"Gebn wir jetzt nach Haus Ein Schicksal soll uns alle treffen." Damit gingen sie zum Zelt zurück. Hall sagte:"Allzu arge Unglücksmenschen sind hiermit im Spiele"

Njal und seine Söhne gingen zum Zelt zurück. Njal sagte: "Jetzt erfüllt sich, was mir schon lange die Ahnung sagte, daß dieser Handel uns Böses bringen wird!" "Daran ists nicht," sagte Skarphedin: "sie können uns nie nach dem Landrecht verfolgen ." "Dann wird sich erfüllen," sagte Njal, " was für alle das schlimmste ist."

Die Männer sprachen davon, die das Geld gegeben hatten, sie wolltens zurück nehmen. Gudmund sagte: "Die Schande tu ich mir nicht selber an, etwas wiederzunehmen, was ich schenke, weder hier noch anderwärts." "Das ist brav gesprochen," sagten sie; keiner wollte's mehr zurücknehmen. Der Gode Snorri sagte: "Ich rate dazu, daß Gizur der Weiße und Hjalti Skeggissohn dieses Geld verwahren bis zum nächsten Allding: mir sagt die Ahnung, daß es nicht lange gebn wird, bis mans nötig hat, nach diesem Geld zu greifen." Hjalti nahm die Hälfte des Geldes in Verwahrung und Gizur das übrige. Dann gingen die Leute nach ihren Zelten. 1


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