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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


120. Die Demütigung Thorkel Unbands

Asgrim und seine Begleiter gingen zum Zelte Thorkels. Da sagte Asgrim zu den Begleitern: "Dieses Zelt gehört dem Thorkel Unband, einem großen Kämpen, und uns läge viel dran, daß wir seine Unterstützung erlangten. Wir wollen uns in Acht nehmen auf alle Weise, denn er ist eigenwillig und schwierig. Ich möchte dich nun bitten, Skarphedin, daß du dich nicht bemerklich machst bei unserm Gespräch." Skarphedin grinste dazu — und sein Anzug war der, daß er in dunkelblauem Rock war und in blaugestreiften Hosen, hoch hinaufreichende schwarze Schuhe; er hatte einen silbernen Gürtel um und in der Hand die Art, mit der er den Thraïn erschlagen hatte und die er Schlachthexe nannte; einen Tartschenschild führte er und um den Kopf eine Seidenborte und das Haar über den Ohren zurückgekämmt. Er sah aus wie ein rechter Kriegsmann, und man kannte ihn, ohne ihn gesehen zu haben. Er schritt, wies ihm angewiesen war, weder weiter vorn noch hinten.

Sie traten ein und gingen in den innern Teil des Zeltes. Thorkel saß mitten auf der Querbühne und seine Leute zu beiden Seiten von ibm. Asgrim grüßte ihn; Thorkel erwiderte höflich. Asgrim sagte zu ihm: "Dazu sind wir hergekommen, dich um Beistand zu bitten, daß du mit uns zu den Gerichten gehest." Thorkel sagte: "Wie solltet ihr meinen Beistand brauchen, da ihr doch zu Gudmund gegangen seid: Er wird euch seine Hilfe versprochen haben." "Nein, wir erlangten seine Unterstützung nicht," sagte Asgrim. Thorkel sagte: " Da erschien dem Gudmund der Handel mißliebig, und das wird er auch sein, denn eine schlechtere Tat als diese ist nie vollführt worden, und ich weiß, was dich bewogen hat, herzukommen: daß du glaubtest, ich würde es weniger genau nehmen als Gudmund und würde einem unrechten Handel beistehn." Da schwieg Asgrim, und es schien ihm mißlich. Thorkel sagte: "Wer ist dieser Große und Ungeheuerliche, dem viere vorangehn :: mit fahlem Gesicht und scharfen Zügen, unheilmäßig und wie ein Bösewicht sieht er aus." Skarphedin sagte: "Ich



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heiße Skarphedin, und du hast keinen Grund, mich mit Hohn- worten zu bedenken unverschuldeiermaßen. Mir ist das nie begegnet; daß ich meinen Vater vergewaltigt und mich mit ihm geschlagen hätte, wie dus mit deinem Vater tatest , Du, hast auch selten das Allding besucht und in Dinghändeln gearbeitet, und dir wird die Milchwirtschaft besser liegen auf deinem Hof an der Axtach mit deinen paar Leuten! Es liegt dir auch näher; dir aus den Zähnen zu stochern das Stück Mastdarm von der Mähre, das du aßest, eh du aufs Ding rittest, und es sahs dein Hirte und wunderte sich, daß du eine solche Ekelhaftigkeit begingst" Da sprang Thorkel auf großem Zorn, ergriff sein Messer und sagte: "Dieses Messer gewann ich in Schweden von dem mächtigsten Kämpen, den ich erlegte, und seither schlug ich manchen Mann damit tot; und sobald ich zu dir lange, werd ichs dir durch den Leib treiben; das hast du dann für deine Haßreden" Skarphedin stand mit erhobener Art und grinste und sagte: "Diese Art hielt ich in der Hand, als ich zwölf Ellen weit über den Waldstrom sprang, und erschlug den Thraïn Sigfussohn, und sie standen ihrer achte dabei und kriegten mich nicht zu fassen. Ich habe auch nie die Waffe gegen jemand erhoben, ohne daß sie an ihr Ziel kam"

Damit stieß er sie weg, seine Brüder und seinen Schwager Kari, und stapfte auf Thorkel zu. Skarphedin sagte nun: "Tu eins von beidem, Thorkel Unband: steck das Messer ein und setz dich — oder ich treib dir die uri in den Kopf und spalte dich bis auf die Schultern herab:" Da setzte sich Thorkel und steckte das Messer ein: und das passierte ihm sonst nie, weder vor- noch nachher.

Asgrim und die andern gingen hinaus. Skarphedin sagte: "Wohin wollen wir jetzt gebn:" Asgrim sagte: "Zurück zu unserm Zelt." "Da machen wir einen Bittgang zum eignen Zelt!" sagte Skarphedin. Asgrim drehte sich ihm zu und sagte: "Mehr als einmal bist du eher scharfzüngig gewesen; aber hier, wo Thorkel im Spiel war, hast dus ihm nur so gegeben, meine ich, wie sichs gehörte." Sie gingen nun zu ihrem Zelt



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zurück und berichteten dem Njal alles aufs genaueste. Er sagte: "So gehe es denn, wie es soll, welchen Lauf es auch nimmt:"

Gudmund der Mächtige erfuhr nun, wie es zwischen Skarphedin und Thorkel ergangen war, und sprach so: "Es wird euch bekannt sein, wie es zwischen mir und den Lauter seeleuten ergangen ist; und nie hab ich so viel Schimpf und Schande von ihnen erfahren, wie Thorkel jetzt von Skarphedin erfuhr: dies bat sich sehr gut gemacht!" Darauf sagte Gudmund zu Einar aus Zwerchach, seinem Bruder: "Mach dich mit meiner ganzen Schar auf und steh den Njalssöhnen bei, wenn die Gerichte antreten. Brauchen sie aber im nächsten Sommer Hilfe, dann werd ich selbst ihnen die Hilfe leisten. Einar sagte zu und ließ es dem Asgrim berichten. Asgrim sagte: "Wie anders ist Gudmund als die meisten Häuptlinge"


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