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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


116. Hildigunn beschwört Flosi

Flosi ritt weiter nach Wörsahof. Hildigunn war vor dem Haus und sagte: "Jetzt sollen alle meine Mannsleute draußen sein, wenn Flosi in den Hof reitet; aber die Weiber sollen die Räume fegen und behängen und dem Flosi den Hochsitz zu- rüsten." Darauf kam Flosi auf den Hofplatz geritten. Hildigunn trat auf ihn zu und sagte:"Willkommen und gesegnet, Oheim! Mein Herz ist erfreut über deine Ankunft." "Wir wollen bier," sagte Flosi, " das Frühstück nehmen und dann weiter reiten. Da wurden ihre Pferde angebunden. Flosi trat ein in die Stube und setzte sich, er warf den Ehrenstuhl nebenaus auf die Bankbühne und sagte: "Ich bin weder König noch Jarl, und man braucht keinen Ehrenstuhl unter mir zu errichten und braucht mich nicht zu verhöhnen " Hildigunn stand in der Nähe und sagte:"Es ist schlimm, wenn es dir mißfällt, denn wir taten dies



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in guter Meinung." Flosi sagte:"Wenn du gute Meinung zu mir hast; wird es sich selbst loben, wenns echt ist; und es wird sich selbst tadeln, wenn es falsch ist" Hildigunn lachte ihr kaltes Lachen und sagte:"Dies hat noch nichts auf sich: es kommt schon noch schärfer vor Schluß!"

Sie setzte sich neben Flosi, und sie sprachen lange leise zusammen . Darauf wurden die Tische vorgesetzt, und Flosi und sein Gefolge wuschen sich die Hände. Flosi sah sich das Handtuch an, und es waren lauter Löcher und an einem Ende ein Stück ab. Er warf es auf die Bank und wollte sich nicht damit abtrocknen 1, riß ein Stück vom Tischtuch und trocknete sich damit ab und warf es seinen Leuten zu. Darauf setzte sich Flosi an den Tisch und hieß seine Leute essen.

Da kam Hildigunn in die Stube und strich sich das Haar von den Augen und weinte. Flosi sagte: "Du bist jetzt niedergeschlagen. Nichte; das ist auch in der Ordnung, denn du bebeweinst einen braven Mann." "Welche Mordverfolgung erlange ich von dir," fragte sie, "und welchen Beistand " Flosi sagte: "Gerichtlich verfolgen will ich deine Klage bis ans Ziel oder sie einem vergleich zuführen, der wackern Männern dafür gilt, daß er unsrer Ehre genug tue auf alle Weise." Sie sagte: "Rächen würde dich Höskuld, wenn er für dich die Mordverfolgung hätte !" Flosi antwortete: "An Unversöhnlichkeit fehlts dir nicht! Man sieht, worauf du hinaus willst." Hildigunn sagte: "Er hatte weniger verbrochen. Arnor Örnolfssohn aus Foßachwalden, an deinem Vater Thord dem Freyspriester, und doch erschlugen ihn deine Brüder Kolbein und Egil auf dem Schaftbergding 3."

Da ging Hildigunn in den Schlafsaal und schloß ihre Truhe auf: sie nahm da den Mantel heraus, den Flosi dem Höskuld geschenkt hatte und in welchem er erschlagen worden war: darin hatte sie aufbewahrt das ganze Blut 4. Sie trat dann in die Stube mit dem Mantel. Sie trat schweigend auf Flosi zu. Flosi hatte fertig gegessen, und es war abgetragen. Hildigunn breitete 1



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den Mantel über Flosi: da rauschte das Blut rings an ihm herunter. Sie sprach dazu:"Diesen Mantel schenktest du, Flosi, dem Höskuld, und jetzt will ich ihn dir zurückgeben. In ihm wurde er erschlagen. Ich nehme Gott und wackre Menschen zu Zeugen, daß ich dich beschwöre bei allen Wundern deines Christ und bei deiner Mannesehre und Tapferkeit, daß du rächest all diese Wunden, die er an seinem Leichnam trug, - oder dann ein Schurke zu heißen vor jedermann!"

Flosi warf den Mantel ab und ihr in die Arme und sagte:"Du bist das größte Ungeheuer und möchtest; daß wir etwas unternähmen, was uns allen am schlechtesten bekäme; kalt sind Weiberräte 1 !" Flosi war so erregt, daß sein Gesicht bald roi war wie Blut, bald fahl wie Gras, bald blauschwarz wie die Hel, Flosi ritt mit den Seinen fort. Er ritt nach der Felsfurt und wartete dort auf die Sigfussöhne und die andern von seiner Partei.

Ingjald, der Bruder der Hrodny, der Mutter von Höskuld Njals sohn, hatte seine Wirtschaft in Brunnen. Er und seine Schwester waren die Kinder von Höskuld dem Weißen, dem Sohn von Ingjald dem Starken, dem Sohn von Geirsinn dem Roten, dem Sohn von Sölwi, dem Sohn von Gunnstein dem Berserkertöter. Ingjald hatte zur Frau die Thraslaug, eine Tochter von Egil, dem Sohn von Thord dem Freyspriester; Egils Mutter war Thraslaug, Tochter von Thorstein Sperling ; die Mutter der Thraslaug war Unn, Tochter von Eywind Barsch. Flosi schickte dem Ingjald Nachricht, er möge zu ihm kommen; Ingjald ging sogleich selbfünfzehnt hin. Ingjald war ein großer und starker Mann, verschlossen und ein handfester Geselle und in Geldsachen hochherzig gegen seine Freunde. Flosi begrüßte ihn freundlich und sagte zu ihm:"Wir sind in große Schwierigkeiten geraten, Neffe, und es ist jetzt schwer, sich hinauszufinden: ich bitte dich darum, daß du dich von meinem Handel nicht eher los sagst, als bis es mit dieser Notlage zu Ende ist." Ingjald sagte: "Ich bin in böser Lage wegen der Verschwägerung mit Njal und seinen Söhnen und aus anderen wichtigen Gründen, die hier hereinspielen," Flosi



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sagte:"Ich glaubte doch, als ich dir meine Bruderstochter verheiratete , habest du mir versprochen, mir in jedem Handel beizustehn." " Es ist auch das Wahrscheinliche," sagte Ingjald, "daß ich das tue. Aber zuerst will ich nun nach Haus reiten und von dort aufs Ding."


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