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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


49 .Gunnar bietet Buße

Jetzt ist von Skamkel zu erzählen, daß er nach Schafen ritt an der Krummach hinauf: da sah er etwas glänzen auf dem Wege; er fand ein Messer und einen Gürtel, die kamen ihm bekannt vor. Er ging damit nach Hofkirchen. Otkel war vor dem Hause, als Skamkel kam. Dieser sagte zu Otkel: "Kennst du etwa diese Stücke:" "Gewiß kenn ich sie," sagte



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Otkel. "Wem gehören sie:" Sagte Skamkel. "Dem Knecht Melkolf," sagte Otkel. "Noch andere als wir zwei" , sagte Skamkel, "müssen sie erkennen; ich mein es nämlich ehrlich mit dir." Sie zeigten sie vielen, und alle kannten sie. Da sagte Skamkel: "Was willst du jetzt unternehmen:" Otkel sagte: "Wir wollen den Mord Walgardssohn aufsuchen und uns Kai bei ihm holen." Darauf zogen sie nach Tempel und zeigten dem Mord die Stücke und fragten, ob er sie kenne. Er sagte, er kenne sie; " was hat es denn auf sich: Glaubt ihr, in Haldenende nach etwas suchen zu müssen:" "Wir findens heikel, so etwas zu betreiben," sagte Skamkel, " wo solche Übermächtige im Spiel sind." "Ganz gewiß," sagte Mord; "doch werde ich hinter Dinge kommen in Gunnars Hauswesen, hinter die keiner von euch kommt" "Wir wollen dir Geld dafür geben," sagten sie, "daß du in der Sache nachforschest." Mord antwortete "Das Geld wird mir sauer verdient sein: Aber kann sein, daß ich drauf eingehe."

Sie gaben ihm drei Mark Silber dafür, daß er ihnen seinen Beistand leiste. Er erteilte den Rat, es sollten Weiber mit Kur waren herumziehen und den Bäuerinnen davon schenken und sehen, was man ihnen sum Lohn gebe: " denn jeder ist geneigt, das zuerst wegzuschenken, was gestohlen ist, wenn er so etwas im Besitz hat. So wirds auch hier gehn, wenn Leute daran schuld sind. Sie sollen mir dann zeigen, wovon sie überall abbekommen haben. Ich will dann der Sache quitt sein, wenn der Nachweis gelingt." Darauf gingen sie ein. Dann zogen sie nach Hause.

Mord schickte Weiber in die Landschaft aus, und sie blieben einen halben Monat fort. Dann kamen sie zurück und brachten große Packe mit. Mord fragte, wo sie am meisten bekommen hätten; sie sagten, in Haldenende hätten sie am meisten bekommen, und Hallgerd habe sich ihnen am hochherzigsten gezeigt. Er fragte, was sie dort bekommen hätten. "Käse," sagten sie. Er wünschte ihn zu sehen; sie zeigten ihn, und es waren viele Schnitten; die nahm er und verwahrte sie. Bald danach suchte Mord den Otkel auf; er bat, man solle die Käseform der Thorgerd holen, und das geschah. Er legte die Schnitten hinein, und sie



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deckten sich mit der Käseform. Da sahen sie, daß die Weiber einen ganzen Laib Käse bekommen hatten. "Jetzt könnt ihr sehen, daß Hallgerd wohl den Käse gestohlen hat." Sie stellten nun all die Anzeichen zusammen; dann sagte Ward, er finde sich dieser Sache quitt. Dann gingen sie auseinander. Kolskegg nahm Gunnar ins Gespräch und sagte: " Es ist Schlimmes zu berichten: in aller Munde ists, Hallgerd habe wohl gestohlen und den schweren Schaden verschuldet, der in Hofkirchen geschah." Gunnar sagte, er glaube wohl, daß es so sei; " was ist jetzt zu tun:" Kolskegg sagte: " Du bist der nächste, wird man finden, für dein Weib zu büßen, und mir scheint es geraten , daß du Otkel aufsuchst und ihm ein gutes Anerbieten machst." "Das ist brav gesprochen," sagte Gunnar, "und so solls sein."

Kurz darauf schickte Gunnar nach Thraïn Sigfussohn und Lambi Sigurdssohn, und sie kamen sogleich. Gunnar sagte ihnen, wohin er wolle. Sie äußerten sich lobend. Gunnar ritt selbzwölft nach Hofkirchen und rief Otkel heraus. Skamkel war eben da und sagte: "Ich will mit dir hinausgehn: es wird hier nichts schaden, seinen verstand zu brauchen! Es wäre mein Wunsch, dir am nächsten zu sein, wo dus am nötigsten hast, wies hier der Fall sein wird. Mir scheints geraten, daß du dich herzhaft gibst!"

Danach gingen sie hinaus, Otkel und Skamkel, Hallkel und Hallbjörn. Sie begrüßten Gunnar. Otkel fragte, wohin die Reise gehe. "Nicht weiter als hierher," sagte Gunnar; " mein Zweck ist, dir zu sagen von dem schweren Schaden, der hier geschehen ist: daß meine Frau ihn verschuldet hat und der Knecht, den ich dir abkaufte." , Das war vorauszusehn," sagte Hallbjörn. Gunnar sagte: "Ich stell dafür einen guten Antrag: ich trage an, daß die vornehmen der Landschaft den Spruch fällen." Skamkel sagte: " Der Antrag hört sich gut an —und ist unbillig: du bist beliebt bei den Bauern, und Otkel ist unbeliebt!" "So trag ich an, selbst den Spruch zu tun und ihn sogleich zu eröffnen, und lege meine Freundschaft obendrauf und entrichte die ganze Summe jetzt, und zwar will ich dirs zwiefach büßen." Skamkel sagte: "Auf diese Bedingung



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gehst du nicht ein! Es ist gedankenlos, ihm das Selbsturteil einhändigen zu wollen, wo es vielmehr dir selber zustände." Otkel sagte: "Das Selbsturteil bändige ich dir nicht ein, Gunnar ." Gunnar sagte: "Ich merke hier fremde Einflüsterungen, gleichviel ob ihnen ihr Lohn wird. So urteile du selbst!" Otkel beugte sich zu Skamkel und Sagte: "Was soll ich hierauf antworten "Du erklärst dies für einen guten Antrag, stellst aber deinen Fall nr dem Weißen und dem Goden Geir anheim. Dann werden viele sagen, du gleichest deinem Großvater Hallkel, der ein gewaltiger Kämpe gewesen ist 1 ." Otkel sagte: "Dein Antrag ist gut, Gunnar; aber doch möcht ich, du ließest mir Seie Zeit, mit Gizur dem Weißen zu reden." Gunnar sagte: "Verfahre nun, wies dir gut scheint! Aber das werden die Leute sagen, du verstehest dich nicht auf deine eigene Ehre, da dir diese Bedingungen nicht recht sind, die ich dir biete."

Gunnar ritt nach Hause; und als er fort war, sagte Hallbjörn: "Zwei Ungleichere kenn ich nicht: Gunnar machte dir gute Anträge, und du wolltest auf keinen eingehn. Wie kannst du dir denn nur einbilden, dich mit Gunnar ernstlich zu befehden, wo er doch nicht seinesgleichen hat ! Übrigens ist er so anständig, daß er diesen Antrag aufrecht halten wird, auch wenn du ihn erst später annimmst. Ich sind es geraten, daß du Gizur den Weißen und den Goden Geir aufsuchst jetzt sogleich."

Otkel ließ sein Pferd holen und machte sich fertig. Otkel hatte kein scharfes Geaicht. Skamkel begleitete Otkel vor den Hof. Er sprach mit Otkel: "Ich fand es seltsam, daß dein Bruder dir diese Mühe nicht abnehmen wollte. Ich biete dir an, statt deiner hinzugehn, da ich weiß, daß du dich schwer zu Reisen entschließest." "Das nehm ich an," sagte Otkel, "sprich aber recht nach der Wahrheit!" "Das soll geschehn," sagte Skamkel Da übernahm Skamkel sein Pferd und sein Reisekleid, aber Otkel ging zurück.

Hallbjörn war vor dem Hause und sagte zu Otkel: "Freundschaft mit dem Knecht gern sich rächt 2. Das wird uns noch 1 Das bloße Hinhalten eines mannes wie Gunnar soll tapferes Wagestück sein. 2 Im Urtext ein stabendes Sprichwort.



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lange reuen, daß du umgekehrt bist, und es ist töricht gehandelt , den verlogensten Menschen zu schicken mit diesem Auftrag trag, von dem man wohl sagen kann, daß Menschenleben daran hängen!" "Du würdest schön bange," sagte Otkel, " wenn Gunnar erst die Hellebarde schwange, da dus schon so bist!" Niemand weiß, wer dann am bängsten ist. Aber davon wirst du erzählen können, daß Gunnars Hellebarde nicht lange zielen wird, wenn er in Zorn ist!" Otkel sagte: Ihr zuckt alle zurück außer Skamkel!" Und nun waren sie beide zornig.


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