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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


30. Gunnars Seesiege

Gunnar steuerte aus der Elf hinaus; er war mit Kolskegg auf dem einen Schiffe, Hallward auf dem andern. Sie sahen bald die Schiffe vor sich. Da sagte Gunnar: "Halten wir uns einigermaßen bereit, falls sie uns angreifen; wo nicht, lassen wir sie in Rubel" So taten sie und setzten ihre Schiffe in Bereitschaft. Die drüben rückten ihre Schiffe auseinander und ließen Öffnungen dazwischen. Gunnar fuhr vorwärts zwischen den Schiffen durch. Wandil griff einen Enterhaken auf und warf ihn auf Gunnars Schiff und zog es sogleich an sich. Ölwir hatte dem Gunnar ein gutes Schwert geschenkt; Gunnar zog jetzt das Schwert — den Helm hatte er noch nicht aufgesetzt —, sprang sogleich auf den Vorderbug von Wandils Schiff und hieb sogleich einen zu Tode. Karl rückte drüben sein Schiff an und schoß einen Speer quer über Gunnars Schiff, der nahm die Richtung mitten auf Gunnar. Gunnar sah den Speer auf sich zufliegen und bog aus so schnell wie der Blitz, faßte den Speer mit der Linken und schoß ihn auf Karls Schiff zurück, und der war des Todes, den es traf. Kolskegg griff einen Anker auf und warf ihn auf Karls Schiff die eine Zacke kam in den Bord und drang hindurch, da stürzte die See koblschwarz herein, und alle sprangen aus der Jacht hinaus auf die andern Schiffe.

Gunnar sprang jetzt auf sein Schiff zurück. Da kam Hallward herzu, und jetzt begann ein scharfer Kampf. Jetzt konnten sie sehen, daß sie einen furchtlosen Anführer hatten, und es leistete jeder, was er konnte. Gunnar hieb und schoß abwechselnd, und viele fanden den Tod von seiner Hand. Kolskegg hielt ihm brav zur Seite. Karl sprang zu seinem Bruder Wandil aufs Schiff, und von dort kämpften sie den Tag lang. Kolskegg ruhte äch einmal aus auf Gunnars Schiff Gunnar sah das und sagte zu ihm: "Die andern hast du heut besser behandelt als dich, denn du hast ihnen den Durst vertrieben!" Darauf nahm Kolskegg



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einen Becher voll Met und trank und kämpfte dann wieder. Und endlich sprangen er und Gunnar auf Wandils Schiff hinauf, Kolskegg drang längs dem einen Barde vor, Gunnar längs dem andern. Dem Gunnar stellte sich Wandil und hieb sogleich nach ihm, und es drang in den Schild. Gunnar drehte rasch den Schild, eh das Schwert heraus war, und es zerbrach unter dem Griff. Gunnar führte den Gegenhieb, und es war, als seien drei Schwerter in der Luft, und der andere sah sich keine Rettung: Gunnar hieb ihm beide Beine vom Leib. Kolskegg durchbohrte den Karl mit dem Speere. Hierauf gewannen sie große Beute.

von dort steuerten sie nach Dänemark und weiter gegen die wendische Küste und waren überall siegreich. Im Herbst kehrten sie noch nicht zurück. Im nächsten Sommer steuerten sie nach Reval und stießen dort auf Wikinge. sie kämpften sogleich mit ihnen und blieben Sieger. Darauf steuerten sie nach Ösel und lagen dort eine Zeitlang unter einem vorgebirge. Sie sahen einen Mann vom vorgebirge herunterkommen, Gunnar stieg ans Land, mit dem Manne zu reden, und sie sprachen zusammen. Gunnar fragte nach seinem Namen; er nannte sich Tofi. Gunnar Sagte, was er wolle. "Mit dir reden. Drüben hinterm Kap liegen Kriegsschiffe, und ich will dir sagen, wer sie befehligt: zwei Brüder befehligen sie, der eine heißt Hallgrim, der andere Kolskegg 1; größere Kriegsgurgeln kenne ich nicht, und dazu noch haben sie Waffen nicht weniger gut: Hallgrim hat eine Hellebarde, der hat ers anhexen lassen, daß keine andere Waffe, nur sie, ihm den Tod bringen soll; dazu kommt, daß mans zum voraus weiß, wann ein Totschlag mit der Hellebarde vollbracht wird, denn dann tönt es vorher laut in ihr: so große Zauberkraft besitzt sie. Kolskegg hat ein Kurzschwert, eine bessere Waffe gibts nicht. Ihre Streitmacht ist anderthalbmal so stark wie eure. Geld und Gut haben sie auch in Menge und habens am Lande versteckt, und ich weiß genau, wo es ist. Sie haben ein Späherschiff um das Kap herumgeschickt und



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wissen alles von euch. Sie sind jetzt auch eifrig am Rüsten und haben vor, euch anzugreifen, sobald sie fertig sind. Ihr müßt jetzt eines von beidem, entweder sogleich davon rudern, oder ihr rüstet euch zur Wehr, so schnell ihr könnt. Wenn ihr aber Sieger bleibt, werd ich dich zu dem Schatze hinführen."

Gunnar schenkte ihm einen goldenen Fingerring und ging darauf zu seinen Mannen zurück und erzählte ihnen, drüben hinterm Kap lägen Kriegsschiffe, " und sie wissen alles von uns. Greifen wir zu unsern Waffen und rüsten wir uns gut zur Wehr, denn hier gibts Reichtümer zu verdienen!" Danach rüsteten sie sich, und als sie fertig waren, sahen sie die Schiffe auf sich zufahren. Es begann eine Schlacht, und sie kämpften lange, und es gab eine Menge Tote. Gunnar erschlug viele. Hallgrim und sein Bruder sprangen auf Gunnars Schiff. Gunnar trat dem Hallgrim entgegen; der stach nach ihm mit der Hellebarde. Quer über das Schiff lief ein Balken, über den sprang Gunnar rücklings hinweg; sein Schild blieb diesseits des Balkens: Hallgrims Stich drang durch ihn und in den Balken hinein. Gunnar hieb auf Hallgrims Arm, und der Knochen ging in Stücke, aber das Schwert biß nicht; da fiel die Hellebarde bin, Gunnar faßte sie und trieb sie dem Hallgrim durch den Leib. Gunnar führte diese Hellebarde seither immer. Die beiden Namensvettern kämpften miteinander, und es ging auf ein Haar, welchem es besser fleckte; da kam Gunnar herzu und gab dem Kolskegg den Todeshieb. Hierauf baten die Wikinge um ihr Leben. Gunnar sagte, das könnten sie haben. Er ließ dann die Walstatt mustern und das Gut nehmen, das den Toten gehört hatte, den andern aber ließ er Waffen und Kleider, denen er das Leben schenkte, und sagte, sie sollten in ihre Heimat fahren. Sie steuerten davon, aber Gunnar nahm all das Gut, das zurückblieb.

Nach der Schlacht kam Tosi zu Gunnar und erbot sich, ihn zu dem Schatze zu führen, den die Wikinge versteckt hatten; dort sei mehr und Besseres, als was sie schon erbeutet hatten. Gunnar sagte, es sei ihm recht; er ging mit Tosi ans Land, und Tosi voraus zum Walde, Gunnar hinterdrein. Sie kamen zu einer Stelle, iro Holz zusammengetragen war in Menge.



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Tofi sagte, da sei der Schatz drunter. Sie räumten nun das Holz zur Seite und fanden da Gold und Silber, Kleider und gute Waffen; diese Habe trugen sie aufs Schiff. Gunnar fragte Tofi, was er von ihm zum Lohn haben wolle. Tosi antwortete: "Ich bin ein Däne von Abstammung und möchte, daß du mich zu meinen verwandten schafftest." Gunnar fragte, wie er hier in die baltischen Lande gekommen sei."Ich wurde von Wikingen gegriffen," sagte Tofi, " und wurde hier auf Ösel ans Land gesetzt; hier hab ich seither gelebt."

Gunnar nahm ihn auf und sagte zu Kolskegg und Hallward: "Jetzt wollen wir nach den nordischen Landen steuern." Sie warens zufrieden und sagten, er solle bestimmen.


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