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Die Geschichte vom weifen Njal


Mit einer Karte


Übertragen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diedrichs in Jena 1914


12. Thorwalds Vater sucht Genugtuung

Da kamen Thorwalds Leute herunter mit den Lasten. Thjostolf besann sich nicht lange: er hieb mit beiden Händen in den Bord der Schute, und die Planken barsten über zwei Fächer hin; dann sprang er in sein Boot. Aber in die Schute stürzte die See kohlschwarz, und sie sank mit ihrer ganzen Last. Da versank auch der Leichnam Thorwalds, und sie konnten nicht sehen, wie er zugerichtet war, aber das wußten sie, daß er tot war.

Thjostolf ruderte Föhrde einwärts, aber sie wünschten ihm alles Böse und lebenslangen Fluch: er antwortete nichts und ruderte, bis er nach Hause kam, zog das Boot auf den Kiel und ging zum Hofe, die Art hatte er geschultert, und sie war ganz blutig. Hallgerd war vor dem Hause und sagte:" Deine Art ist blutig; was hast du begangen " "Jetzt habe ichs besorgt," sagte er, "daß man dich zum zweitenmal verheiraten kann." "Du meldest also den Tod des Thorwald," sagte sie. " So ists," sagte er; "jetzt mach etwas für mich ausfindig!" "Gut denn," sagte sie",ich will dich hinüberschicken zur Björnsföhrde nach Swansbübl . Swan wird dich mit offenen Armen aufnehmen, und er ist Manns genug, daß dich dort keiner faßt."

Er sattelte ein Pferd, das ihm gehörte, saß auf und ritt hinüber zur Björnsföhrde nach Swansbühl. Swan nahm ihn mit offenen Armen auf und fragte ihn nach Neuigkeiten, aber Thjostolf erzählte ihm den Totschlag mit seinen Begleitumständen . Swan sagte: " Das nenn ich noch Männer die nicht bei allem Gänsehaut bekommen! Ich will dir versprechen, wenn sie dich hier fassen wollen, sollen sie mit Schimpf und Schande ab ichen."

Nun ist fortzufahren bei Hallgerd, das sie Ljot den Schwarzen,



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einen verwandten, aufforderte, ihre Pferde zu satteln und mit ihr zu reiten: "ich will nach Hause zu meinem Vater Er machte alles fertig. Sie ging zu ihren Truhen und schloß sie auf, ließ das ganze Gesinde herrufen und gab allen irgendein Geschenk; ihnen allen aber tat ihr Weggehn leid. Dann ritt sie nach Hause zu ihrem Vater, und er nahm sie freundlich auf denn er hatte die Neuigkeit noch nicht gehört. Höskuld fragte Hallgerd: "Warum kam Thorwald nicht mit dir:" Sie antwortete: "Er ist tot." Höskuld sagte:"Daran wird Thjostolf schuld sein." Sie sagte, so sei es. "Das trifft wohl selten daneben, was Hrut mir sagt, — daß der Handel hier zu großem Unglück führen werde. Aber es nützt nichts, sich um Geschehenes anzuklagen." Nun ist fortzufahren bei den Begleitern Thorwalds, daß sie warteten, bis Schiffe vom Lande kamen. Sie erzählten den Totschlag und baten um ein Boot für die Überfahrt; man lieb es ihnen sogleich, und sie ruderten hinüber nach der Rauchspise 1 , suchten den Oswifr auf und erzählten ihm die Neuigkeit. Er sagte: "von übler Tat kommt üble Saat 2. Ich seh jetzt hinterher, wie alles gegangen ist. Hallgerd wird den Thjostolf nach der Björnsföhrde geschickt haben, und sie wird zu ihrem Vater nach Hause geritten sein. Sammeln wir nun Mannschaft schaft und verfolgen wir ihn 3 !"So taten sie, warben um Hilfe und hatten guten Erfolg; sie ritten zur Steingrimsföhrde und dann zum Ljotachtal und zum Robbenachtal und weiter gegen die Björnspöhrde.

Zu dieser seit fing Swan stark zu gähnen an und sagte:"Jetzt ziehen die Folgegeister Oswifrs heran!" Da sprang Thjostolf auf und nahm seine Art. Swan sagte: "Geh mit mir hinaus. Hier brauchts nicht viel Umstände." Damit gingen sie beide hinaus. Swan nahm ein Ziegenfell, wickelte sichs um den Kopf und sagte: " Es komme Nebel und komme Verblendung und Spuk über alle, die dich verfolgen !"



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Nun ist davon zu berichten, daß Oswifr und die Seinen das letzte Joch hinaufritten. Da kam ihnen ein dicker Nebel entgegen. Oswifr sagte: "Daran wird Swan schuld sein, und es wäre gut, wenn nicht noch schlimmeres folgte!" Wenig später sank es ganz schwarz vor ihren Augen herab, so daß sie nichts mehr sahen; sie fielen vom Sattel und verloren die Pferde und gerieten selbst in die Sümpfe oder andere in den Wald, so daß es hart an Leibesschaden kam; die Waffen kamen ihnen abhanden. Da sagte Oswifr:"Fände ich meine Pferde und Waffen wieder, dann würd ich umkehren!" Und als er dies ausgesprochen Batie, sahen sie wieder ein wenig und fanden ihre Pferde und Waffen. Da trieben viele wieder an, es mit dem Weiterreiten zu versuchen man tat so, und es kam sogleich derselbe Spuk; und so gings dreimal. Da sagte Oswifr: " So verfehlt der Zug ist, wir müssen jetzt umkehren. Gehn wir jetzt auf ein anderes Ziel los, und zwar denk ich vor allem daran, den Höskuld aufzusuchen und ihn um die Sohnesbuße zu bitten- denn wer viel Ehre hat, kann davon abgeben."

So ritten sie zu den Breitföhrdetälern, und zu berichten ist bier nichts, bis daß sie nach Höskuldstätten kamen. Dort war gerade Hrut anwesend. Oswifr ließ Höskuld und Hrut herausrufen. Sie gingen beide hinaus und begrüßten ihn, dann traten sie zum Gespräch beiseite. Höskuld fragte den Oswifr, woher des Weges er komme. Er sagte, er habe nach Thjostolf gesucht und ihn nicht gefunden. Höskuld meinte, er werde nach Swansbübl gekommen sein, "und das ist nicht jedermanns Sache, ihn dort zu fassen." "Deshalb bin ich hergekomnen," sagte Oswifr, "weil ich dich um Sohnesbuße bitten will." Höskuld antwortete: "Ich hab deinen Sohn nicht erschlagen, und ich hab ihm nicht den Tod geraten. Aber begreiflich ist es, daß du irgendwo den versuch machen willst." Hrut sagte: "Die Nase ist den Augen benachbart 1, Bruder, und es ist nötig, böses Gerede niederzuschlagen und ihm seinen Sohn zu büßen und so der Stellung deiner Tochter aufzuhelfen. Denn das ist jetzt das einzige, daß dies weggeschafft werde; denn es ist besser, daß man wenig drüber schwatze." Höskuld jagte: "Willst du dann



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den Schiedsspruch tun?" "Das will ich," sagte Hrut, "und ich werde dich dabei nicht schonen; denn die Wahrheit zu sagen, deine Tochter hat ihm den Tod geraten."

Dann schwieg Hrut eine Weile, stand danach auf und sagte zu Oswifr: "Reich mir nun die Hand und sichre das Erlöschen der Klage zu 1 " Oswifr stand auf und sagte: "Ein ebenmäßiger Vergleich ist das nicht, daß sein Bruder 2 den Spruch tue. Doch hast du dich so gut dazu geäußert, daß ich dir in der Sache wohl vertrauen kann." Damit schlug er in Höskulds sand ein, und sie einigten sich auf den Vergleich, daß Hrut Schiedsrichter sein und den Spruch fällen solle, eh Oswifr abzöge. Darauf tat Hrut den Spruch und sagte:"Für die Erschlagung Thorwalds verhänge ich zwei Hunderte Silbers 3 , —das galt damals als gute Mannesbuße —" und es ist sogleich zu bezahlen, Bruder, und nach Wunsch zu erledigen ." Höskuld tat so. Da sagte Hrut zu Oswifr:"Zum Geschenk will ich dir einen schönen Mantel geben, den ich von der Reise mitbrachte." Er dankte ihm für das Geschenk und war jetzt zufrieden, so wie die Dinge lagen, und sag nach Hause.

Hrut und Höskuld kamen nach Berg und lösten das Heiratsgut aus in bestem Einvernehmen mit Öswifr und zogen mit der Habe nach Haus. Oswifr tritt jetzt aus der Geschichte ab. Hallgerd bat Höskuld, daß Thjostolf zu ihnen ziehen dürfe; er erlaubte es ihr. Und noch lange gab es Gerede über den Totschlag Thorwalds. Das Vermögen der Hallgerd wuchs und wurde ansehnlich.


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