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Kapitel 

Edda Erster Band Heldendichtung


Übertragen von Felix Genzmer /Mit Einleitungen und Anmerkungen von Andreas Heusler

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


31. Die Fridthjofstrophen

Die Erzählung von Fridthjof, ein echter Liebesroman, ist eine Frucht des Hochmittelalters, und damals war es, auch auf Island, , vorbei mit der alten Kunstform des erzählenden stabreimenden Liedes. Dessen Erbe war die Saga; aber sie ließ noch der gebundenen Rede Raum: man liebte es, gehobene Aussprüche der Gestalten da und dort in Verse zu fassen. Die Fridthjofgeschichte ist an solchen"Losen Strophen" besonders reich. verschiedene Erzähler mögen sich um diesen Schmuck bemüht haben: auch die hier folgenden, im schlichteren Eddastil gehaltenen Gesätze sind ungleichen Wertes; neben dem rednerischen Glanzstück Str. 21 stehen obenan die Meeresstrophen 2-8, die aus Schiffernöten, Liebes sehnsucht und Trollenschreckbildern ein überzeugendes Ganze weben.



***
Fridthjof hat die Königstochter Ingibjörg, während ihre zwei Brüder im Kriege waren, täglich besucht und Treueide mit ihr getauscht. Eines Morgens, wie er nach ihrem Gehöft hinüberschaut , erkennt er auf dem Dache das verabredete Zeichen, das ihm die Rückkehr der Könige meldet. Er spricht:


***
1
Meinen Mannen
Will ichs melden:
Die Minnefahrten
Müssen enden;
Nicht schreiten mehr
Zum Schiff die Krieger,
Denn das Linnen
Liegt auf der Bleiche.


***
Die beiden Könige schicken Fridthjof nach den Orkaden, damit er die Steuer für sie eintreibe. Mit siebzehn Begleitern besingt er das gute Schiff Ellidi. Auf hoher See überfällt sie ein gewaltiger Sturm: zwei Zauberinnen, von Ingibjörgs Brüdern geworben, haben das Unwetter erregt. Während die Wogen über Bord fegen, sprechen Fridthjof und sein Freund Björn ihre Strophen.



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***
2 Fridthjof.
Zu Framnes wars
Früher anders:
Ich ruderte oft
Zu Ingibjörg;
Im kalten Seesturm
Segle ich jetzt,
Frisch eilt vorwärts
Der Flutenrenner.


***
3
Das Meer bricht herein;
Der Maid bringt Kummer
Bald mein Schlummer
Im Schwanenhügel —
Wasser nahm über
Nun Ellidi —,
Wo das Linnen
Lag auf der Bleiche.


***
4 Björn:
Eine traute Maid
Zum Trunk uns entbeut,
Die lichte im Saal
Lädt uns zum Mahl;
Salzige Lauge
Läuft mir ins Auge,
Vom Anblick der schönen
Die Augen mir tränen.


***
5 Fridthjof:
Auf gepolsterter Bank
Im Baldershag
Sang ich vieles
Der Fürstenmaid.
Bald ruh ich bei Ran
Auf rauhem Bett,
Ein andrer aber
Bei Ingibjörg.


***
6
Fortriß mir vier
Gefährten das Meer,
Liebe Freunde,
Die leben sollten;
Doch Ran bietet
Den raschen Knaben,
Die sittenlose,
Sitz und Lager.


***
7
Zauberinnen seh ich
Zwei auf der Flut,
Helgi hat sie
Hierher gesandt;
Mitten entzwei
Muß ihnen schneiden
Den Leib Ellidi,
Solang sie noch schwimmt!


***
8
Heil, Ellidi!
Eile durchs Meer,
Die Zähne zerbrich
Den Zauberinnen!
Kinn und Kiefer
Zerkrachen sollen,
Beide Beine,
Den bösen Heren!



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Endlich legte sich der Sturm, sie ruderten der Küste zu und schaffen sich ans Land. Fridthjof sprach:



***
9
Acht Freunde trug ich
Zur Feuerstatt,
Schiffer, geschwächt
vom Schneegestöber;
Zum Sande kam
Mein Segel nun;
Des Meeres Macht
Nicht mild sich wies!


***
10
Tapfre dürfen
Tod nicht scheuen;
Seid alle froh,
Gefährten mein!
Trügt nicht der Traum,
So trifft es ein:
Mein Eigen wird
Noch Ingibjörg.

In der Nähe lag das Gehöft des Orkadenjarls. Er saß beim Gelage, und wie es bei ihm Brauch war, mußte einer der Mannen, Hallward, draußen vor der Dachluke Ausschau halten, während eine Magd ihm das gefüllte Trinkhorn hinausreichte. Hallward sprach:



***
11
Nicht ist der Giebel
Gut als Trinkplatz
Dem Westlandswiking
Wie der weite Saal!
Doch beherzter sind,
Die den Hengst der Wogen
Schöpfen, die Schiffer,
Im Schneegestöber.


***
12
Sechs seh ich schöpfen
Und sieben rudern,
Schiffer, geschwächt
vom Schneegestöber;
Ein Streitkühner
Am Steven sitzt,
Fridihjof, der kräftig
Vorwärts rudert.
Er warf das Trinkhorn durch die Luke hinein und rief der
Magd zu:


***
13
Heb vom Boden
Das Horn nun auf,
Leichtschreitende! Geleert hab ichs.
Männer seh ich,
Seesturmmatte,
Dem Hafen nahn,
Die Hilfe brauchen.



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Da befahl der Jarl, die Männer gut aufzunehmen, wenn es Fridthjof sei, der Sohn seines Freundes Thorstein. Einer der Mannen aber ein trotziger Wiking, wollte erproben, ob Fridthjof sein Gelübde halte und niemand um Frieden bitte; er ging selbzehnzt auf die Fremden zu und forderte Fridthjof heraus. Der erwiderte:



***
14
Nicht sollt ihr uns
Überwinden, Unbeherzte
Eilandsmannen! Ehe ich euch
Angeh um Frieden,
Fecht ich einer
Mit allen zehn.

Aber der Jarl ließ ihnen Willkomm bieten und begrüßte sie ehrenvoll in der Halle. Björn, nach ihrer Fahrt befragt, sprach die Verse:



***
15
Wir schöpften —doch über kam
Eiskalte See —
Eisig an Bord,
Achtzehn Tage;
Ein Heldenstück wars
Beherzter Mannen,
Als wir fuhren
Auf Fridthjofs Schiff.

Als Fridtbjof nach der Heimat zurückkam, fand er seinen Hof verbrannt; das war das Werk der beiden Könige. Er sprach:



***
16
Früher tranken
Zu Framnes wir,
Kühne Männer,
Mit meinem Vater:



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verheert seh ich jetzt Den Hof vom Feuer; Ahnden muß ichs An den Edlingen!

Dann ruderte er mit seinen Mannen zum Königsgehöft hinüber Er sprach zu ihnen



***
17
Allein steig ich
Vom Strand hinauf,
Brauch kein Geleit
Zum Königssaale;
Werfet Feuer
In der Fürsten Hof,
Kehr ich abends
Zu euch nicht heim!

Fridthjof trat vor die beiden Könige, hob den Beutel mit Silber in die Höhe und schlug ihn dem Helgi an die Nase, daß ihm zwei Zähne herausflögen :



***
18
Da hast du den Schoß,
Heldenkönig,
Vorn in den Zähnen;
Zufrieden sei nun!
Silber des Beutels
Boden bedeckt,
Das wir, Björn und ich,
Beide holten.

Damit eilte er hinaus zum Schiff, und sie stießen ab. König Helgi wollte ihm einen Pfeil nachschießen; er spannte den Bogen so heftig, daß der zersprang. Da warf sich Fridthjof in die Ruder und sprach :



***
10
Ich küßte die junge
Königstochter, Betis Tochter,
Im Baldershag.



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So mögen die Ruder In meiner Hand Beide brechen Wie der Bogen Helgis.

So entkamen sie der Verfolgung.

Die Königstochter Ingibjörg war an Hring, den greisen Schwedenkönig, vermählt worden. Fridthjof aber legte sich aufs Wikingleben, bis er dessen müde war und sich von dem Freunde Björn trennte mit den Worten:



***
20
Nicht mein Eigen
Wird Ingibjörg,
Betis Tochter,
Im Baldershag;
Doch hin geh ich,
Hring zu treffen,
Wie auch der Fürst
Den Fremdling aufnimmt.

In schlechter Kleidung, als alter Salzbrenner, betrat Fridthjof die Königshalle. Hring saß neben Ingibjörg. Er bemerkte den Fremden, rief ihn vor sich und Sagte ihn nach seinem Namen. Fridthjof antwortete:



***
21
Da hieß ich Frieddieb,
Als ich fuhr mit Wikingen,
Doch Heerdieb,
Als ich Harm den Frauen schuf,



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Speerdieb, Als ich Spieße schleuderte, Kampfdieb, Als ich Kriegsscharen angriff, Holmdieb, Als ich heerte auf Eilanden, Heldieb, Als ich Kinder hinstreckte, Waldieb, Als ich das Wehrvolk führte. Dann gesellte ich mich Zu Salzbrennern, Hilfsbedürftig, Bis her ich kam.

Nachdem Fridthjof ein Jahr lang bei Hring gelebt hat, will er zu seinen Kriegsgefährten zurück. Er tritt vor das Königspaar, reicht der Jngibjörg seinen kostbaren Ring, und auf des Königs Bitte, er möge zum Schutze des Reiches dableiben, antwortet er:



***
22
Lebe, König,
Lange und heil,
Edelster Fürst
Unter Ymirs Schädel!
Bewache wohl
Weib und Lande!
Ewig meid ich
Nun Ingibjörg.


***
23 Hring:
Fahr von hinnen,
Fridthjof, nicht so,
Trefflichster Held,
Trüben Sinnes!



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Deine Gaben Vergelten will ich, Reicher als du, Recke, es ahnst.


***
24
Ich geb dir die Frau,
Fridthjof, du kühner;
Alle Habe
Nimm hin mit ihr!
Fridthjof:
Deine Gaben
Begehr ich nicht eher,
Als bis du, König,
An Krankheit starbst.


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