Edda Erster Band Heldendichtung
Übertragen
von Felix Genzmer /Mit Einleitungen
und Anmerkungen von Andreas Heusler
Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912
25. Der Kampf auf Samsey
Die drei folgenden Stücke bilden einen kleinen Zyklus, den man nach dem gefeierten Schwerte die Tyrfingsagen genannt hat. Der Ursprung des Stoffes ist in Schweden zu suchen; von der einst reichen Sagenwelt dieses Landes ist nur dieser Teil in eddischen versen auf uns gekommen. Die Gedichte, wie sie uns vorliegen, gehören dem jüngern isländischen Zeitraume an und sind angewiesen auf den ausfüllenden Bericht einer Saga. Doch mögen die fünf Strophen vom Samseykampfe Überbleibsel eines geschlossenen epischen Liedes sein. Sie haben eine unlyische, verhältnismäßig altertümliche Haltung.
Das Sterbelied Hjalmars, das sich inhaltlich unmittelbar anschließt , fällt in die Gattung der rückschauenden Elegien, hat also seine verwandten in Nr. 24, 29, 3O und weiterhin in Nr. 9—13. Sein erzählender Inhalt ist von wehmütiger Lyrik durchtränkt; die frohen Bilder des Einst spiegeln sich in dem Auge des Sterbenden, der Stolz auf seinen Heldentod und der Ausblick auf die Trauer der Geliebten werden ihm zum schmerzlichen Trost. Es webt etwas von dem gebändigten, entsagenden Geiste der Ritterballaden in diesem eddischen Spätling.
Die ergänzenden Sagapartien folgen hier in gekürzter Gestalt.
Zu Upsala in Schweden herrschte König Yngvi; erbaue eine Tochter namens Ingibjörg. Im Gefolge des Königs stand ein junger Krieger, der hieß Hjalmar der heldenmütige
Im südlichen Schweden, in Bolm, wohnten die zwölf Arngrimssöhne , Angantyr und seine Brüder; die waren berühmte Kämpen und Berserker.
Einst beim Julgelage tat Angantyr das Gelübde, die Königstochter Ingibjörg zum Weibe zu gewinnen oder aber das Leben zu lassen. Er sog mit seinen Brüdern nach Upsala, trat in des Königs Halle und brachte seine Werbung vor. Alles schwieg; nur Hjalmar der heldenmütige sprang über den Tisch und sprach: "Denke daran, König, wie oft ich dir zu Ehren mein Leben gewagt habe! Ich bin es würdiger, deine Tochter heimzuführen , als diese verhaßten Berserker."
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Der König besann sich und hätte sich gern aus dieser Notlage gezogen; endlich sagte er, seine Tochter solle selbst wählen. Sie aber wählte Hjalmar. Da sprach Angantyr:"Ich sehe, du liebst ihn. Du aber, Hjalmar, wenn du keine Memme hifi; stelle dich mir zum Holmgang diesen Mittsommer auf Samsey!" Hjalmar sagte zu.
Zur verabredeten Zeit fuhr Hjalmar mit seinem Waffenbruder Odd und zwei bemannten Schiffen nach Samsey. Hier ließ er die Schiffe in der Bucht Munarwag zurück und ging mit Odd auf die Insel hinauf, um zu sehen, ob die Arugrimssöhne schon daseien. Als sie weg waren, kamen die Zwölfe in die Bucht gefahren; sie fielen im Berserkerzorne über die zwei Schiffe her und hieben die Bemannung nieder.
Bald danach kamen Hjalmar und Odd von der Insel herab. Da sagte Odd:
Männer schreiten von Munarwag, Gierig nach Streit, In grauen Wämsen; Begonnen haben Die Grimmen Kampf: Unsre Schiffe liegen Leer am Strande. |
Kämpen kommen von Kriegsschiffen, Zwölf an der Zahl, Die zuchtlosen; Wir sind heut Abend Odins Gäste. Zwei Ziehbrüder, Doch die zwölf leben. |
Weichen wir nicht Den Waffenbäumen, Scheint überstark Auch ihre Schar! Sie sind heut Abend Odins Gäste, Zwölf Berserker, Doch wir zwei leben! |
Als die Arngrimssöbne mit den zwei Helden zusammentrafen sprach Angantyr:
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Kühne Kämpen Kamet ihr her, Beherzte Helden, Auf Holzschiffen: Gefallen sind Die Gefährten euch, (Eure Schiffe liegen Leer am Strande.) |
Wilde Kämpen Kamet ihr her, Zwölf an der Zahl, Ihr zuchtlosen; Einzeln schreitet Zu scharfem Kampf; Mann wider Mann, Wenn der Mut euch taugt! |
Odd erbot sich, den Angantyr zu bestehen, denn der führte das Schwert Tyrfing, das von Zwergen geschmiedete, das durch Eisen und Stein drang, und er war der gefährlichste Gegner unter den Zwölfen. Aber Hjalmar sagte: "Ich bin der Häuptling in diesem Holmgang!" und duldete es nicht anders, als daß erselbst mit Anganng kämpfe; die anderen elfe sollten der Reihe nach gegen Odd antreten.
So geschah es, und Odd streckte einen nach dem andern zu Boden. Angantyr aber schlug sich lange und erbittert mit Hjalmar, bis er tödlich getroffen niedersank.
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