Edda Erster Band Heldendichtung
Übertragen
von Felix Genzmer /Mit Einleitungen
und Anmerkungen von Andreas Heusler
Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912
A. Siglind und Jung HelgiEin König namens Hjörward hatte drei Frauen, die hießen Alfhid, Säreid und Sinrjod. Er hatte ein Gelübde abgelegt, die Schönste; von der er höre, müsse sein Weib werden.
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Eines Tages stand des Königs Gefolgsmann Atli mit anderen Kriegern unter einem Baume und sie redeten davon, schönere Frauen als die ihres Herrn gebe es nicht. Da hörte Atli einen Vogel auf dem Baume zwitschern, der sagte:
Sahst du Siglind, Swafnirs Tochter, Der Mädchen schönste In Munarheim? Ob glänzend auch Im Glasirhaine Hjörwards Frauen Den Helden scheinen. |
Willst du mit Atli, Jdmunds Sohne, Weiser Vogel, Weiter sprechen ? Der Vogel. Will der Edling Mir Opfer spenden? Darf frei ich wählen Im Fürstenhof? |
Nicht wähle Hjörward, Noch des Herrschers Söhne, Noch des Schazspenders Schöne Frauen, Nicht die Frauen In des Fürsten Hof! Handeln wir ehrlich, Nach Art von Freunden! |
Einen Hof will ich Und Heiligtümer, Goldgehörnte Kühe Aus des Königs Gut, Wenn Siglind ihm Im Arme schläft Und ungezwungen Dem Edling folgt. |
Atli erzählte dies dem Könige. Der sandte ihn zu König Swafnir ins Swawaland, um Siglind zu werben.
Swafnir hatte einen Ratgeber namens Franmar, der riet seinem Herrn, daß er seine Tochter verweigere. Nachdem Atli einen Winter lang an Swafnirs Hofe gelebt hatte, zog er heim. König Hjörward fragte ihn, was er bringe. Da sagte Atli: 1
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Arbeit ward uns, Doch wenig Lohn: Die Rosse erlahmten Im rauhen Gebirg, Durch Sämorns Wasser Wir waten mußten; Versagt ward uns Swafnirs Tochter, Die herrlich geschmückte, Die wir holen sollten. |
Da befahl der König, ein zweitesmal auszuziehen, und diesmal zog er selber mit. Vom Gebirge aus sahen sie im Swawaland brennende Höfe und große Staubwolken von Reiterscharen: Ein König namens Hrodmar hatte um Siglind gefeit, er war abgewiesen worden und war nun mit Raub und Brand in das Reich eingefallen und hatte König Swafnir erschlagen. Der Ratgeber Franmar hatte die Königstochter Siglind zusammen mit seiner eigenen Tochter Alof geflüchtet und sie in einem Hause geborgen. |
Nicht fern davon schlug König Hjörward mit seinen Mannen das Nachtlager auf. Atli hielt die Wacht; er kam zu dem Hause und sah auf dem Dache einen großen Vogel sitzen. Er schoß den vogel zu Tode; in dem Hause fand er Siglind, die Königstochter; und Alof. Franmar war es gewesen, der in Adlers Gestalt die Jungfrauen gehütet hatte. Atli führte sie beide zu König Hjörward. Dann zogen sie mit ihnen heim, der König vermählte sich mit Siglind, aber Atli mit Alof.
Hjörward und Siglind bekamen einen Sohn, der wurde groß und schön, aber er war stumm, so daß kein Name an ihm haftete. Einst saß er auf einem Hügel, da sah er neun Walküren reiten; eine darunter war die ansehnlichste, die redete ihn an:
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Nie wirst du, Helgi, Hoher Kampfbaum, Der Ringe walten Noch der Rödulsflur — Früh ruft der Aar — Wenn du immer schweigst, Hegst du, Herrscher, Auch Heldenmut! |
Was nehm ich noch Zum Namen Helgi, Den du mir schenkst, Schimmernde Maid ? Wohl nun wäge Die Worte all! Nicht denk ich an Dank, Wirst du nicht mein. |
Schwerter sah ich Zu Sigarsholm, Vier nur fehlen Zur Fünfzigzahl; Doch eines ist Das allerbeste, Ein Helmverheerer, Umhüllt mit Gold. |
Am Knauf ist ein Ring In der Klinge Mut, Die Schneide schafft Schrecken dem Träger; Auf dem Blatte ruht Ein blutiger Wurm, Eine Natter ringelt Am Rücken sich |
Die Walküre hieß Swawa und war die Tochter König Eylimis. Helgi gewann das Schwert von Sigarsholm und war von der Zeit an ein tapferer Kriegsmann, und Swawa schirmte ihn in seinen Schlachten.
Für die Tötung Swafnirs, des Vaters der Siglind, war noch keine Rache genommen. Einst sprach Helgi seinem Vater:
Nicht hegst du, Hjörward, Heilsamen Rat, König der Krieger, So kühn du bist: Flammen fraßen Der Fürsten Höfe, Die keine Unbill Dir angetan. |
Doch Hrodmar darf Des Hortes walten, Der unsern Ahnen Einst gehörte; Sorglos meint er Sicher zu leben, Glaubt alle tot Des Erbes Herrn.
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König Hjörward verschaffte Helgi ein Heer. Mit diesem zogen Helgi und Atli gegen Hrodmar und brachten ihn zu Falle.
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