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Felix Niedner Islands Kultur zur Wikingerzeit


Mit 24 Ansichten und 2 Karten

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


11. Die Königsgeschichten

Das norwegische Königtum, das an der Wiege des isländischen Volkes und des isländischen Freistaates stand, hat das ganze Heldenzeitalter hindurch auf die Verhältnisse der Insel seinen Einfluß geübt.

Auch in der stolzesten Zeit ihrer Unabhängigkeit haben die Isländer nie vergessen, daß in Norwegen ihre Kultur wurzelte Dem Herrschertum des Mutterlandes hatte Harald Haarschön die charakteristische Form gegeben. Sein Kriegsruhm, sein glänzendes Gefolgschaftswesen, seine Protektion des Skaldentums hasteten dauernd in der Phantasie des neuen Volkes. Während der ganzen Besiedelungszeit blieb dieser König als Feind oder Freund eine Macht, mit der man rechnete.

Kurze Zeit nach der Gründung des isländischen Einheitsstaates war der Begründer des norwegischen gestorben. Nach seinem Tode beginnt eine Zeit des Zwists unter seinen zahlreichen Nachkommen. Schon die Söhne des Königs befehden sich, und auswärtige Herrscher bekommen dadurch auf die Gestaltung des Reichs vorübergehend Einfluß. An allen diesen Kämpfen haben Helden der isländischen Sagazeit teilgenom

Allmählich wächst aus den hundertjährigen Unruhen in Norwegen eine festere Gestalt des Einheitsstaates hervor. Das bisher noch in Abhängigkeit vom Herrscher lebende Kleinkönigtum, die Ouelle der ewigen Thronstreitigkeiten, schwindet immer mehr. Unter Olaf Tryggvason und Olaf dem Heiligen erfolgt durch harte Kämpfe und friedliche Mission die Einführung des Christentums nr Norwegen. Das Heiligtum in Nidaros wird der Mittelpunkt.

Dort; im heiligen Drontheim, ersteht, von Olaf Tryggvason gegründet; von Olaf dem Heiligen weiter ausgebaut, die neue Hauptstadt des Reiches. Die Königoresidenz ist gleichzeitig ein lebhafter Handelsplatz, wo zahlreiche Isländer verkehren. In den Jahren, wo Snorri und Grettir, die letzten großen Helden des isländischen Freiheitsstaates, starben, fiel auch Olaf der Heilige in der Schlacht bei Stiklestad.



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In die isländischen Familiengeschichten spielen die Ereignisse des norwegischen Mutterlandes fortwährend hinein. Ihre Handlung ist aufs engste mit jenen verflochten. Daher die häufige Berufung auf norwegische Verhältnisse nr Zeitbestimmung . "Als Hakon der Gute zur Regierung kam"" ,als Jarl Hakon starb" : solche Wendungen finden sich oft zur Orientierung an bestimmten Abschnitten der Erzählung.

Mit den Söhnen Harald Haarschöns liegt der Skalde Egil in ständiger Fehde, wenn er sich auch bei Erich Anerkennung und bei Hakon sogar Unterstützung in seinem Vermögensstreit erzwingt. Der Feind und Nachfolger der Erichssöhne auf dem Throne, Jarl Hakon, hat in Norwegen den Söhnen Njals böse mitgespielt und diese zu töten versucht. Später aber ragt in die Njalssaga wie in die Geschichte vom Goden Snorri die mächtige Gestalt Olaf Tryggvasons hinein. Er steht hinter den spannenden Vorgängen bei der Einführung des Christentums auf dem Allthing. Am Hofe desselben Herrschers weilen Kjartan und sein Freund Bolli aus der Lachstalsaga. Sie kehren als Anhänger der neuen Lehre nach Island heim. Und endlich bei Olaf dem Heiligen sucht Grettir vergeblich durch ein Gottesurteil Befreiung von dem Verdacht des Mordbrands zu erlangen, der später durch die Verurteilung auf dem Allthing das Unglück seines Lebens wird.

Es gibt kaum einen größeren Gegensatz als die kriegerische Stimmung, die Egils Aufenthalt in Norwegen bei den Söhnen Haralds durchweht, und das Friedensidyll, das die Helden der Lachstalsaga mit Olaf Tryggvason verbindet.

Diele beiden Kulturbilder veranschaulichen gut den Umschwung , der sich allmählich in dem Verhältnis zwischen norwegischem Fürsten und isländischem Großbauer vollzogen hat, Die Jugend Egils durchzittert noch ganz die Erbitterung gegen das Königsgeschlecht, das seine Ahnen zur Auswanderung nach Island zwang. Kjartans Jugend richtet sich auf an dem Glanz des norwegischen Herrscherhofes. Reich beschenkt und von des Königs Schwester hochgeehrt kehrt er wieder in djs Heimat zurück.

Bei aller Gegensätzlichkeit zeigen doch die Geschichten von Egils



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Vigabjargafoß der Jökulsá i Axarfirdi. Nordisland



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und Kjartans Aufenthalt am Königshofe das gleiche Hochgegefül vaterländischen Stolzes.

Die Königsfamilie und ihr Anhang kann sich in der Geschichte Egils nicht genug tun in Haß und Verfolgung gegen diesen ihren gefährlichsten Gegner. Das Bewußtsein erfüllt alle, daß, solange dieser Gewaltmensch lebt oder wenigstens in Norwegen weilt; dem Königshause ständige Gefahr droht. In der Lachstalsaga ist der König und sein ganzes Gefolge dem jungen Kjartan zugetan. Alle stimmen darin überein, daß kein besserer Mann je von Islands Gestaden herübergekommen sei. Beidemal lebt bei den Ausländern das Bewußtsein, daß der isländische Großbauernsohn ihrem König an Tüchtigkeit gewachsen ist. Beidemal haben Auftreten und Taten des Isländers diese überzeugung hervorgerufen.

Egil hat dem kriegsgewaltigen König Erich gegenüber, dessen Tapferkeit erselbst im Liede anerkennen muß, in siegreichen Fjordschlachten bewiesen, daß er dem Herrschergeschlecht ebenbürtig ist. Aber noch größer ist seine Geistesgegenwart, als er, nachdem er den König und seine Gemahlin Gunnhild mit Spottversen überhäuft hat, in dessen Gefangenschaft gerät. Hier singt er sein unerschrockenes Befreiungdlied.

Kjartan mißt sich unerkannt mit dem König im Schwimmkampf. Er zieht ihn in die Tiefe, schont aber dann sein Leben. Als er den Namen des Königs erfährt, macht dies auf ihn keinen Eindruck. Und ebenso unerschrocken gibt er, zur Rede gestellt, in der Königshalle zu, daß er dem Herrscher seiner Bekehrungsumtriebe halber am liebsten habe das Haus über dem Kopfe anzünden wollen.

Aber die Egilssaga wie die Lachstalsaga werden doch auch der Ritterlichkeit der Könige gerecht.

Nicht nur Hakon der Gute läßt Egil trotz aller seiner Übeltaten gegen sein Geschlecht Gerechtigkeit widerfahren. Auch der sonst so grausame Erich Blutart schenkt dem Gegner edelmütig das Leben. Und das Lob, das ihm der Skalde dafür im Sange spendete, war verdient und kam aus dem Herzen.

Den gleichen Edelmut zeigt Olaf Tryggvason Kjartan gegenüber . Schon als jener nach dem Schwimmwettkampf keine Notiz



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von seinem gekrönten Haupt nimmt, lohnt Olaf ihm doch seine Tüchtigkeit durch das Geschenk eines prächtigen Mantels. Indem er aber Kjartan auf sein freimütiges Bekenntnis des beabsichtigten Mordbrandes hin edelmütig verzeiht, gewinnt er ihn nach deßen eigenem Geständnis innerlich gan; und bereitet seine Bekehrung vor.

Das schroffe Vorgehen Egils gegen das Königtum wird in der Vorgeschichte seiner Saga schon aus der Zeit König Harald Haarfchöns motiviert.

Die Geschichte von Egils Oheim Thorolf ist zugleich eine Saga von jenem König. Es wird dort berichtet, wie Thorolf beim König zu den höchsten Ehren aufsteigt und in seinem Dienste die größten Taten vollbringt. Dann aber folgen Verdächtigungen . Die Eifersucht erwacht bei dem König. Endlich wird er von diesem getötet. Aber noch im Tode zeigt doch die Anerkennung des Herrschers, wie er seinen Vasallen geliebt hat.

Das Gemälde, das die Geschichte von Thorolf in der Egilssaga hinstellt, ist nicht mehr im Stil der Familiengeschichten gehalten . Hier haben wir bereits eine der vielen Sagas von norwegischen Königen, deren Handlung auf dem Boden des Mutterlandes den isländischen Ereignissen parallel geht. In ihnen herrscht nicht das dortige Großbauerntum, sondern allein der Wille des Königs, der im Kampf wie in der Festhalle nach seinem Gutdünken straft und belohnt.

Gan; ähnlich wie Harald Haarschön sind die Könige Olaf Tryggvason und Olaf der Heilige in ihren Sagas geschildert. Auch hier haben wir dieselbe Einheit des Wesens. Der feigebigste Edelmut gegenüber dem fügsamen Vasallen, die rücksichtsloseste Härte in der Verfolgung des Gegners entspringen auch bei ihnen dem Staatsgedanken, der in jenen kritischen Zeiten keinen Widerstand duldet.

Auch in den Sagas dieser beiden Könige gerät ein norwegischer Edler, Erling Skjalgsson, durch seinen stolzen und unabhängigen Charakter in unlösbaren Konflikt mit der Herrschergewalt , die ihn anfangs mit Geschenken und Ehren überhäufte. Das Mißtrauen König Olafs des Heiligen diesem mit fürstlichem



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Gefolge auftretenden Manne gegenüber wird nie ganz beigelegt, so oft auch wohlmeinende Vermittler Frieden zu stiften suchen. Erling Skjalgsson schließt sich endlich, nachdem er das Land verlassen hat, Olafs größtem Gegner, dem Könige Knut von Dänemark und England, an. Von ihm unterstützt, wagt er dann die Entscheidungsschlacht, die ihm den Tod bringt. Aber der Sang von Olafs des Heiligen Lieblingsskalden Sighvat ehrt den tapferen Gegner im Tode.

Von jenem Dichter gab es wie von Hallpred dem Königsskalden eine besondere Saga. Es reizte die Isländer wohl frühzeitig , diese beiden nächst Egil größten Dichtergestalten mit den kräftigsten Herrschergestalten nach Harald Haarschön in einer Saga zu vereinigen. Die Lebensdarstellungen Olaf Tryggvasons und Olafs des Heiligen sind die ältesten und schönsten Königsgeschichten. Sie bilden den Mittelpunkt von "Snorris Königsbuch" in "Thule" . Die Preislieder der Skalden Hallfred und Sighvat sind ihr höchster Schmuck.

Aber diese Skalden find auch Haupthelden der "Kleinen Novellen aus der Umgebung der norwegischen Könige", die an Stil und Umfang mehr den "Er;, blunden" unter den Isländergeschichten entsprechen.

In den"Königsgeschichten" tritt der isländische Mann, meist ein Skalde, in seiner Eigenschaft als Kämpfer und Dichter großen Stils ebenbürtig neben den Herrscher, dem er dient. Die"Königsnovellen" zeigen das einzigartige Vertrauensverhältnis, das so oft Norwegerkönig und Isländerhelden verbindet . Der kluge, schlagfertige, humorvolle Skalde darf sich, besonders bei Herrschern, die geistig ähnlich geartet sind, mehr erlauben als alle Männer in der Halle.

Olaf Tryggvason spricht den Skalden Hallfred in Drontheim auf der Straße an und ermahnt ihn, das Christentum anzunehmen . "Nur, wenn der König mein Pate ist", lautet die Antwort. Der König willigt ein und hängt seitdem an dem Dichter, der im Lied noch gern mit den alten Göttern liebäugelt, voll starker Treue.

Ein vornehmes Weib am Königshof schenkt Olaf dem Heiligen in der Nacht einen Sohn. Da das Kind schwächlich ist, verlangt



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ein anwesender Priester seine sofortige Taufe. Man bittet den Skalden Sighvat, das Ereignis dem Könige zu melden, doch dieser weigert sich, den schlafenden König zu wecken. Da der Priester fürchtet, das Kind möchte unchristlich sterben, riskiert es der Skalde, ihm selbst einen Namen zu geben und tauft es "Magnus".

Am nächsten Morgen stellt der König den Skalden ornig zur Rede. Der Dichter meint, er habe lieber zwei Menschen Gott übergeben wollen als einen dem Teufel. Olafs Sohn würde zum Herrn eingehen, und er selbst, der Skalde, hoffe es auch, selbst, wenn ihn der König töten lasse.

Der König herrscht ihn weiter an wegen des seinem Geschlecht so fremden Namens Magnus. Als aber Sighvat auf "Karl den Großen"hinweist, den berühmtesten Herrscher, von dem die Geschichte zu melden habe, da lacht Olaf der Heilige erleichtert auf. Er bezeichnet seinen Lieblingsskalden als Glücksmenschen und lobt seinen gescheiten Einfall.

Das Christentum der Könige Olaf Tryggvason und Olafs des Heiligen tritt in diesen Anekdoten schon als selbstverständliche Bedingung hervor. Es drückt auch ihren Sagas im Königsbuch das charakteristische Gepräge auf.

Wir sehen dort Olaf Tryggvason mit dem alten Heidengotte Odin im Gespräch. Sie unterhalten sich angeregt bis in die tiefe Nacht hinein über alte Zeiten, aber der Versuch des Heidengottes, Olaf Tryggvason wieder in den alten Glauben hineinzuziehen, prallt machtlos an dessen christlicher Gesinnung ab. Auf einem Weihnachtsfest zu Drontheim gibt der König eine Probe von seinem schlauen und zielbewußten Vorgehen bei der Bekehrung. Er lädt zwölf Häuptlinge und Großbauern an seinen Hof und erklärt, sie ihren alten Göttern opfern zu wollen. damit sie für immer mit diesen vereint sein könnten. Die Gäste wissen den Gefallen, den ihnen der König tun will, zu würdigen. Olaf Tryggvason hat es bei ihrer Bekehrung leicht, sie zu überzeugen, daß ihre Anhänglichkeit gegen die alten Götter denn doch hinter der Innigkeit des Christenglaubens zurückstehe.

Mehr noch als auf seinen Vorgänger ist auf Olaf den Hei



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ligen bei der Niederschrift seiner Saga der Geist der mittelalterlichen Kirche übergegangen. Den Herrscher, der nach einer siegreichen Schlacht für die Seelen seiner toten Feinde Messen lesen läßt, umgibt eine Fülle von Wunderglauben. Der heilige Schrein, in dem seine Leiche ruhte, wurde in Drontheim als Reliquie aufbewahrt. Zu ihm pilgerte man das Mittelalter hindurch, als der Dom ein Mittelpunkt der nordischen Christenheit wurde. Auch in den Sagas wirkt Olaf noch nach dem Tode fort. Er erscheint noch später norwegischen Herrschern und nordischen Männern ratend und helfend in Träumen.

Der christliche Heiligenschein, der Olaf Tryggvason und Olaf den Heiligen umgibt, läßt doch nie vergessen, daß beide, auch in der Verfolgung ihrer kirchlichen Ziele, echte Wikingergestalten sind.

Wohl zeigen sie unter den Einfluß von Priestern und aus eigener schlauer Berechnung gelegentlich Versöhnlichkeit und ungewöhnliche Milde auch gegen Widerspenstige. Aber im ganzen steht ihre Rücksichtslosigkeit bei der Ausbreitung der neuen Lehre der in ihren politischen Machtkämpfen nicht nach. Sie begnügen sich nicht, die Tempel zu verbrennen und die alten Götterbilder zu zerstören, um Raum für christliche Kirchen zu schaffen. Wo sie auf hartnäckigen Widerstand gegen die neue Lehre stoßen, da gehen sie mit ausgesuchter Grausamkeit vor. Verbannung, meist aber Verstümmelung der Glieder oder Tod ist die Strafe der Schuldigen.

Das gleiche rücksichtslose Vorgehen wenden beide dem Ausland gegenüber an. Der Aufenthalt vornehmer isländischer Jünglinge in Norwegen nimmt besonders im letzten Menschenalter der Sagazeit unter Olaf dem Heiligen bedeutend zu. Wenn es nicht gelingt, die Isländer für die christlichen Zwecke. die man mit ihnen verfolgt, gefügig zu machen, behält man sie im Lande zurück. Schon zu Harald Haarschöns Zeit spielte das Ausfahrtsverbot aller Schiffe aus den norwegischen Häfen in kritischen Zeiten eine große Rolle. Mit der Gefährlichkeit der inneren Zustände konnte jeder König, auch wenn er es nicht mit den Ausländern verderben wollte, eine solche Hafensperre stets rechtfertigen. Man hatte auf diese Weise Geiseln, die



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jederzeit getötet werden konnten, und gewann so auf die Bekehrung Islands, Grönlands und der norwegischen Kolonien leicht einen entscheidenden Einfluß.

Mehr noch als die Ausbreitung des Christentums nahmen die politischen Kämpfe die ganze Heldenkraft der beiden Könige in Anspruch.

Erling Skjalgsson, der Widersacher Olafs des Heiligen, war keine vereinzelte Erscheinung des Widerstandes im Inland. Die Selbständigkeitsgelüste der einzelnen norwegischen Landschaften machten das Erscheinen der Herrscher bald im hohen Norden bei den Helgeländern, bald im mittleren Gebirgsland, bald im Süden am Kristianiafjord notwendig. Dazu traten die Kämpfe mit auswärtigen Herrschern, die Olaf den Heiligen sogar zwingen, das eigene Land zu verlassen und seine Königsresidenz in Drontheim mit einem Aufenthalt bei seinem Schwager, dem Normannenfürsten Jarisleif, ;u Nowgorod in Rußland zu vertauschen.

Die Porträts, die die Saga von den beiden Königen entwirft , lassen keinen Zweifel, daß sie nicht nur ihrer Geburt und ihrem Rang nach wert waren, die Ersten in ihren Ländern zu heißen. Ein ganz besonderer Glanz des Wikingertums umgibt die Jugend und die letzten Lebensschicksale der beiden Könige.

Beide haben ein unstetes Wikingerleben geführt, ehe sie sich in schweren Kämpfen die Anerkennung in Norwegen errangen. Olaf Tryggvason ist in harter Jugend am Hofe des Normannenfürsten Waldemar in Nowgorod aufgewachsen, hat als Wiking in Rußland, Dänemark, Flandern und Friesland geheert, das ganze britische Normannengebiet durchschweift und auf den Scillyinseln in Südengland die Taufe empfangen. Auch Olaf den Heiligen haben seine Jugendkämpfe dort überall hingeführt Er hat mächtig auf der Themsebrücke in London gekämpft und in Frankreich Fehden ausgefochten, bis ihm zu Rouen in der Normandie ein Traum kündet, daß er um König in Norwegen bestimmt sei,

Bei Svoldr an der pommerschen Küste fand die große Seeschlacht statt, in der Olaf Tryggvason im Jahre 1000 der Übermacht der Feinde erlag. Es war die Gegend, wo die wilden



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dänischen Wikinger von Jomsborg ihren Seeräuberstaat gebildet hatten.

Allen voran focht der König, um den die Schildburg klirrte, gegen die anstürmenden Dänen und Schweden, deren Herrscher sich gegen Olaf verbündet hatten. Ihr norwegischer Bundesgenosse , des Königs treuloser Jarl Erich von Lade, und Thorkel , der das stolze Schiff Olafs führte, taten Wunder der Tapferkeit. Von Wunden bedeckt sprang der Herrscher in die Tiefe. Manche erzählten, der König sei gerettet. Doch der Dichter glaubt es nicht! "Wehe, der Norwegerkönig ist tot. Ehe werden Himmel und Erde zusammenstürzen, als solch ein Mann wie Olaf wiedergeboren wird." So klang das Totenlied Hallfreds des Skalden aus.

In des Skalden Sighvat Totenlied auf König Olaf den Heiligen wird auch dieses Herrschers letzte Schlacht, die ihm das Leben kostete, als seine höchste Ruhmestat gepriesen. Bei Stiklestad im Drontheimfjord wollte König Olaf von den mit Knut von Dänemark verbündeten norwegischen Großen sich das Reich wieder ertrotzen, aus dem er nach Rußland hatte flüchten müssen.

"Neben dem Bannerträger schritt der König. Zu wenig Mannen brachte er, der das goldgezierte Schwert schwang, aus dem Osten mit. Aber die Erde erdröhnte unter den Schritten der erzgepanzerten Helden, die der Übermacht der Drontheimer Bauern entgegenrückten. Das war ein Waffensturm in Stiklestad! Die Bauern wagten nicht in Olafs stolze Löwenaugen zu schauen. Die Drontheimer ertrugen nicht die Schärfe seines Schlangenblicks. Das Volk griff seinen teueren König an. Wehe, er fiel! So stark war die Macht der Freisassen und des Bauernvolkes nie, daß sie einen solchen König töten konnten."

An den Schlachten von Svoldr und Stiklestad hafrete das Gedächtnis der Isländer. Ihre Skalden hatten sie besungen. Aber auch König Knut von Dänemark und England, Olafs des Heiligen großer Gegner, war ein Freund der Skalden. Und in dem heißen Kampf von Lid-Vaag an der norwegischen Küste, wo die Seekrieger von Jomsbarg den Norwegerkönig



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Hakon Jarl vernichten wollten, hatten vornehme Isländer mitgefochten.

So entstanden auch Sagas, die den von dem Dänen Palnatoki gegründeten Wikingerstaat in Pommern verherrlichten. Und neben den Geschichten der norwegischen Könige erzählte man auch von den Dänenherrschern, vor allem von Knut, der letzten großen Heldengestalt des Wikingerzeitalters.

Die historisch sichere Regierungszeit der Herrscher gibt den Königssagas noch mehr den Charakter geschichtlicher Wahrheit als den Familiengeschichten. Die Zeit, in der jene spielen, schloß mit dem Jahre 1030. Anderthalb Jahrhunderte länger währt die Zeit für die alten Königsgeschichten und für die diesen nahe verwandten Sagas von den ritterlichen Jarlm auf den Orkneys. Alle diese Geschichten umspannen noch die etwa fünf Menschenalter währende verhältnismäßig friedlichste Zeit Islands nach dem Heldenzeitalter. Besonders die "Kleineren Novellen aus der Umgebung der älteren norwegischen Könige" treiben noch weit über die eigentliche Sagazeit hinaus treffliche Blüten, wo die Geschichte vom durchtriebenen Ofeig in den Familiengeschichten als einziger verspäteter Schößling erscheint.

Vor allem am Hofe Haralds des Harten durften der Witz und die Sangeskunst vornehmer Isländer sich geltend machen. Dieser Herrscher war noch ein lebensvoller Nachzügler der Wikingerzeit. Er hatte sich im Dienste der griechischen Kaiser zu Konstantinopel hervorgetan. Mit einer tausend Mann starken Elitetruppe von jungen Nordländern hatte er sich auf Kriegszügen im Orient getummelt. Aber er war auch geistsprühend und redegewandt. Er hetzt seine Skalden gern im Lied und Wortgefecht aneinander. Er sieht einmal einen Schmied und einen Gerber sich auf der Straße in Drontheim zanken. Da läßt er sich jene durch scherzhafte Skaldenverse in der Rolle von Sigurd und Fafnir und dann in der Thors und eines feindlichen Riesen vorführen. Und der König freut sich, als ein Skalde ihm seine eigene Saga aus Griechenland vorträgt, die jener von einem isländischen Teilnehmer an Haralds Kriegszügen auf dem Allthing hat erzählen hören.



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Kratersee an der Krafla. Nordisland


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