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Felix Niedner Islands Kultur zur Wikingerzeit


Mit 24 Ansichten und 2 Karten

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


2 .Das neuisländische Volk

Wer das altisländische Volk aus dem neuisländischen kennen lernen will, muß dem Bauer im Innenlande näher treten. Noch heute lebt dieser in ähnlichen, wenn auch nicht so günstigen Verhältnissen wie in alter seit. Hier genießt der Fremde unmittelbar die Ursprünglichkeit isländischen Volkstums, das sich seit der Wikingerzeit wenig veränderte.

Im Inland gibt es keine modernen Beförderungsmittel wie an der Küste. Ohne Illusion darf der Reisende annehmen, daß er sich ungefähr in gleicher Weise von Ort zu Ort fortbewegt wie ein Isländer vor tausend Jahren. Der stete unentbehrliche Begleiter ist das kleine Inselpferd, das schon damals den Bewohner des Landes samt seiner Reiselast trug. Gegen die furchtbaren Sandstürme und Schneegestöber des Innern benutzt man noch heute die alten natürlichen oder der Natur des Ortes angepaßten Schutzhütten. Noch jetzt müssen die reißenden Gebirgsströme fast immer ohne Brücken durchschritten oder durchschwommen werden.

Auf den Anblick hochstämmigen Waldes oder wogender Getreidefelder muß der Besucher hier verzichten. Nur in werghafter Gestalt finden sich Bäume, und Saatlaud so gut wie gar nicht. Nächst den schneebedeckten Gletschern und den bis zu 1500 Metern aufsteigenden oft vulkanischen Berggipfeln gibt die Lava-Hochebene dem größtenteils öden Innern das Gepräge.

In den mannigfachsten Formen von hohen terrassenförmigen Klippen, Zacken und Säulen bis zu ausgedehnten unterirdischen Höhlen tritt sie auf. Melancholische Seen füllen oft die erloschenen Krater der Vulkane. Alte Badeanlagen sum Auffangen des Wassers der beißen Sprudel oder malerisch in die Lava gefügte Hürden für das Vieh machen die Vorzeit lebendig. Die schönste Staffage der großartigen, aber einförmigen Landschaft ist das silberwollige Schaf. Die Herden dieses genügsamen Tieres bilden jetzt wie früher den Wohlstand der Bauern. Das Einsammeln und die Schur der wild weidenden Schafe sind fröhliche Unterbrechungen des eintönigen ländlichen Lebens.



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Bisweilen wird diese unfruchtbare Stille durch grüne Gebirgstäler unterbrochen. Da liegen Ortschaften und Gehöfte. Aus Erde, mit Rasen an Dach und Wänden bekleidet, oder aus Holz erheben sich einfache Häuser. Dicht aneinandergebaut liegen sie wie Stuben mit gesonderten Dächern nebeneinander. Wo man diese Bauart trifft, da ist man noch in Altisland.

Wie früher umgibt solche Siedlungen ein Garten mit üppigem Graswuchs. Die grünen Almen auf dem Bergabhang hinter den Häusern beweidet im Sommer das Sennvieh. Die Heuernte ist hier dem Volke das, was in günstigeren Himmelsstrichen Korn- und Weinernte darstellt. In langen Zügen sieht man die kleinen Pferde dann gehen, mit Heu hoch beladen, das in diesen Gegenden besonders duftig ist. Nächst den weidenden Schafherden der nur spärlich bewachsenen Lavafelder ist dies, wie in alter Feit, das stimmungsvollste Bild isländischen Binnenlandes.

Am wohltuendsten berührt den Besucher bei der jetzigen Bevölkerung ihre große Gastlichkeit. Der Gebildete in den Städten wie auf dem Lande behandelt den Fremden wie ein geborener Gentleman. In den größeren ländlichen Gehöften, wo neben altertümlichen Kirchen sich auch einmal ein Steinhaus erhebt, steuern Prediger und Lehrer; Arzt oder Bezirksamtmann aus reicher Kenntnis des Landes gern zur Vertiefung der Reiseeindrücke bei.

Aber auch der einfache Mann auf dem Lande legt eine natürliche Herzlichkeit in den Empfang, die auf alte Volksgewohnheit weist. In abgelegenen Gegenden wird der Fremdling in naiver Weise oft geradezu als Hausgenosse betrachtet. Die Gastlichkeit wird schon in den ältesten Liedern Islands als selbstverständlich vorausgesetzt. Uns Deutschen ist dieser nordgermanische Zug schon von den übrigen skandinavischen Völkern her vertraut. Es mag natürlich sein, daß er sich auf der einsamen Insel noch besonders steigerte.

Die Gastlichkeit ist freibeitliebenden Völkern besonders eigen. Man denkt an ein anderes edles Volk, die Araber, das, wie die Isländer, auf eine große Vergangenheit zurückblickt. An dies erinnert auch sonst manches im Charakterbild des Isländers:



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sein vornehmes Selbstbewußtsein, sein natürlicher Verstand . Die Fragen, die auf Island an den Besucher gestellt werden, geschehen mit einer ruhigen Würde und erheben sich weit über die gewöhnliche Neugier, die bei jedem der Kultur fernen Volke natürlich ist. Hier sind sie fast immer auf wirklichen Wissensdrang gegründet. Dies in kleine und enge Lebensbedingungen eingespannte Völkchen wirtschaftet auch heute noch mit der reichen Phantasie und dem hohen Verstand seiner Vorfahren.

Nur konnten beide in den unglücklichen geschichtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, denen die Insel im Mittelalter bis in die Neuzeit ausgesetzt war, selten eine wirksame Betätigung M die Gegenwart finden. Dänische und andere Monopole lasteten auf dem Handel der Insel von je. Eine nennenswerte Industrie kam nie zur Entwicklung. Noch jetzt sind geschäftliche Betriebsamkeit und Erwerbssinn bei der Bevölkerung wenig ausgebildet. An der Küste haben Ausländer anregend eingewirkt. Das Innenland hat im alten Bauerntum verharrt. Aber es fehlt ibm die Rührigkeit, die durch die Aufregungen der Wikingerzeit in dieses hineingetragen wurde.

So ist der Sinn auch des einfachen Isländers vorwiegend nach Innen gewendet. Er ist ein Denker, Grübler oder Träumer. Die Durchschnittsbildung des Volkes ist sehr hoch. Einfache Männer nehmen oft an den Gesprächen Gebildeter, ja Gelehrter unbefangen teil, ohne daß man den Unterschied geistigen Niveaus gegenseitig stark empfände. Alle hängen mit der gleichen Liebe an der alten Vergangenheit ihrer Heimat. Jeder weiß wenigstens etwas davon. Die ersten vollständigeren Ausgaben altisländischer Erzählungen und Dichtungen wurden durch Subskription veranstaltet. Sehr hoch war die siffer aus einfachen Fischer- und Bauernkreisen, die sich verständnisvoll daran beteiligten.

Der wissenschaftliche und künstlerische Sinn der Vorfahren steckt dem Volke noch tief im Blute. Von jeher bildete das Lesen der alten Geschichten aus der Heimat seine Lieblingsbeschäftigung . Außer der isländischen Laienbibel, der Geschichte vom weisen Njal, gibt es noch etwa ein Dutzend alter Erzähungen,



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die allgemeiner bekannt sind. Jeder größere Distrikt nennt aus der Vorzeit eine geschriebene Heimatgeschichte sein Eigen. Oft wandert jetzt das gedruckte Exemplar von Haus zu Haus, bis das ganze Kirchspiel es gelesen hat.

Noch beliebter ist das Vorlesen, das die uralte Form des mündlichen Vortrags dieser Erzählungen heute vertritt. Nach Art unserer Spinnstuben sammelt sich an den langen Winterabenden ein aufmerksamer Kreis, der an den Lippen eines modernen Sagamannes hängt. Besonders Frauen und Mädchen werden durch die alten Geschichten hingerissen und bekunden durch Ausrufe des Staunens und der Freude ihre Teilnahme an der spannenden Erzählung. So ans Herz gewachsen ist dieser Brauch dem Volke, daß es früher an hohen kirchlichen Festtagen als größte Enthaltsamkeit galt, wenn man an diesen darauf verzichtete. So hoch war die Autorität dieser alten Volkserzählungen, daß jetzt Bauern die Lektüre moderner Novellen aus Island oder der Fremde ablehnen, weil nur ein einzelner sie gemacht habe.

An Beliebtheit mit dieser Volksunterhaltung kann sich nur der Vortrag der schönen Reimdichtungen messen, die seit alter Zeit auf Island im Schwange find. Neben Volksmärchen und Rittersagen des Mittelalters haben auch hier wieder die isländischen Heimatsgeschichten den reichsten Stoff beigesteuert. Auch diese Gedichte werden im häuslichen Kreis unter Musikbegleitung vorgetragen. Aber auch auf den ländlichen Tanzfesten spielen diese Lieder eine Rolle. Willkommen ist der wandernde Spielmann, der viele solcher Weisen kennt und sie schön vorzutragen weiß. Hochangesehen ist, wer sie durch eigene Zudichtung im alten Volksstil zu mehren versteht. Denn jeder Isländer , selbst der geringste, ist seiner Neigung nach ein Dichter. Viele sind es auch an Begabung.

Volksweisheit in Spruchform blüht hier seit den ältesten Zeiten. Das gewandte Improvisieren wird schon Knaben leicht, und bei erwachsenen Männern fliegt schnell im Wechselgespräch dichterische Anrede und Antwort in Reimen hin und her. Alltägliche Vorkommnisse, etwa der Auftrag, den der Herr seinem Knecht gibt, werden gern in Verse gekleidet. In witzigen gereimten



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Bonmots werden gelegentlich der Pfarrer, der Arzt oder der bäuerliche Nachbar verspottet. Auch Frauen und Mädchen sind in solchen Improvisationen gewandt, die freilich oft auf leere Silbenstechereien und nichtiges Reimgeklingel hinauslaufen.

Ganze Sangeswettkämpfe werden von besonders dichterisch geübten oder veranlagten Bauern ausgeführt. Es gilt, an festgesetzten Abenden dem Gegner mit der Kenntnis oder der Dichtung immer neuer Strophen aufzuwarten. Man überbietet sich bei diesen improvisierten Liederkämpfen durch die gewagtesten Sprach- und Reimspielereien. Oft währt es den ganzen Winter, bis einer dieser beiden bäuerischen Skalden als Sieger hervorgeht.

Im Binnenlande gibt es wohl keine Stätte, die durch großartige Natur und gewaltige geschichtliche Erinnerungen gleich ausgezeichnet wäre wie die Lavawildnis von Thingvellir. Sie liegt etwa einen Längengrad von Reykjavik landeinwärts. Nahe beim fischreichen größten Landsee der Insel breitet sich auf weiter Hochebene das alte Thingfeld aus.

Hier fand in der Zeit des alten Freistaates alljährlich im Hochsommer die große Volksversammlung statt, in der vierzehn Tage lang über das Wohl und Wehe des ganzen Volkes verhandelt wurde. Hier wurde aber auch bei der Tausendjahrfeier der Besiedelung Islands vom dänischen König die Bestimmung bestätigt, die eine neue freiheitliche Entwicklung des jetzigen Island einleitete. Darum ist dieser Platz dem modernen Isländer doppelt geweiht.

Auf dem Gesetzesfelsen der mächtigen von reißenden Gebirgswassern durchströmten Lavaschlucht stand einst der Oberste des Landes, der unten harrenden Volksmenge das Recht zu künden Hier im Gedächtnis des alten mächtigen Wikingerstaateg schärft sich der Drang nach einer politisch freien Zukunft, der in jüngster Zeit alt und jung auf Island beherrscht.

In der Ebene, wo sich einst zur Mittsommerzeit ganz Island in buntem Gewühl tummelte, spielte sich viel aus den alten Isländergeschichten ab, und diese gingen selbst dort später von Mund zu Mund. Hier darf der Neuisländer die Demütigungen



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Die Allmannagja-Schlucht bei Thingvellir. Westisland



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vergessen, die er unter norwegischer, dänischer und zeitweise englischer Herrschaft über sich ergehen lassen mußte. Hier kann er sich mit Stolz sagen, daß er sein literarisches Erbe gewahrt hat und auch heute eine Literatur besitzt, die einen hohen und eignen Geist atmet.

Die alten Geistesschätze der Heimat waren für die Isländer in den seiten ihrer politischen Ohnmacht und der Mißwirtschaft der Fremden auf der Insel ein nationaler Trost. Seit der Reformation setzte eine lebhafte gelehrte Beschäftigung auf Island mit ihnen ein. Besonders, als zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges die vornehmste Handschrift der Eddalieder wieder entdeckt wurde, die später für unser gesamtes Wissen vom germanischen Altertum von so hohem Wert wurde.

Neben der aufblühenden geistlichen Dichtung entstanden damals und später Lieder meist nach dem Muster und im Stil der alten Zeit. Die Islandgeschichten oder die "Sagas", wie sie mit einheimischem Namen hießen, feierten wie die alten Skaldenlieder in dieser Epigonendichtung nach Stoff und Form manche Auferstehung.

Mit der größeren politischen Selbständigkeit zog im 19. Jahrhundert auch ein neuer Geist in die Literatur ein. Übersetzungen aus den übrigen europäischen Literaturen mehrten sich. Literarische Strömungen, besonders aus den germanischen Ländern, wirkten auf die einheimische Dichtung ein. Von der Romantik Deutschlands bis auf Brandes' radikale Schule in den skandinavischen Ländern traten diese Einflüsse hervor. Die Novellendichtung kam in Aufschwung. Selbst das Drama im Stile Ibsens. Eigenartig aber entfaltete sich eine neuisländische Lyrik, die mit ihrem Empfindungs- und Gedankenreichtum eine Zierde des kleinen Landes bildet.

Hier tritt uns der moderne Isländer lebensvoll entgegen in seinem Träumen und Sehnen nach der Vergangenheit, in seinem Sinnen und Hoffen für die Zukunft.

Den Snäfellsjökull, d. h. Schneefeldferner, auf der großen Halbinsel im Westen besingt Steingrimur Thorsteinsson. Sein in des Himmels Blau ragender Eisgipfel ist ihm ein Wahrzeichen der Schönheit und Reinheit seines Vaterlandes. Der



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rübezahlähnliche Schutzgeist dort; der den furchtsamen Wanderer neckt, wird ihm zum Sinnbild des isländischen Volkes, das keine Schlaffheit duldet.

Den alten Feind des Landes, das furchtbare Polareis, stellt Matthias Jochumsson vorwurfsvoll zur Rede. Das tausend Eispfeile sendende Schreckgespenst des Nordens ruft ihm die Erinnerung wach an alle die feindlichen Gewalten, die Freiheit Kraft und Wissensmacht der Heimat so oft zu ersticken drohten. Aber er hofft. Der Silbergürtel des Seien blauen Meeres wird doch wieder schimmern, wie das isländische Volk sich immer wieder aus allen Gefahren zum Leben emporreckte.

Jonas Hallgrimsson steht sinnend auf dem ehrwürdigsten Schauplatz der Njalssaga. Er weiß sich eins in der Bewunderung der schönen Heimat mit Gunnar von Haldenende. Dieser sollte wegen eines Totschlages das Land verlassen. Das Drachenschiff liegt bereit. Doch als er den letzten Blick auf die herrliche Gegend tun will, vermag der Geächtete nicht zu scheiden. Er wird, ein Opfer seiner Vaterlandsliebe, von den rachedurstigen Feinden getötet. Und der Dichter preist in jenem Gunnar der Saga den Heldensinn seines Väter.

In einem andern Gedichte hält erin Thingvellir mit seinen Landsleuten Abrechnung. Er schildert die kraftvolle Rührigkeit der alten Zeit und fragt bekümmert, was seitdem in sechshundert Jahren aus der Isländer Arbeit geworden sei. Zornig ruft er, warum das Allthing nicht mehr hoch oben auf der Lava tage; weshalb des großen Snorri Zelt jetzt ein Stall sei und auf dem heiligen Gesetzesberg nur noch, Kindern und Krähen zur Lust; die blauen Beeren wüchsen. Noch wäre das Land liebenswert und schön wie einst, aber der Vorfahren Ruhm sei dahin und vergehen.

Einem andern Dichter erscheint, als er träumend am Großen Geysir liegt, der Sprudel wie ein Symbol des Vaterlandes. Mit Gedröhne schießt er empor im mächtigen Strahl, zuoberst jedoch biegt er jäh sich zurück und fällt kraftlos wieder in denselben Schlund hinab. Nicht als Strahl, der immer in dasselbe Gleis zurückfällt, sondern als Ouell eines mächtigen



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Stromes möchte dieser Poet sich in Zukunft sein Heimatland denken

Die Vaterlandsliebe des Isländers, die aus allen diesen Gedichten spricht, entspringt nicht der Unkenntnis der Fremde.

Die Isländer stellen in Kopenhagen eine ansehnliche Kolonie. Es ist ja der Ort, wo der Gebildete meist auf der Universität seine 'Ausbildung empfängt. Hier lagern auch aus der Zeit der unumschränkten Dänenherrschaft Islands seine Geistesschätze in den Handschriften auf den Bibliotheken. Wie gern der Isländer aus Kopenhagens verfeinerter Kultur in die urwüchsige Heimat zurückkehrt, malt stimmungsvoll sein Nationallied.

Ein großer Teil des Volkes ist wegen der kümmerlichen Lebensverhältnisse nach Amerika ausgewandert und hat besonders am Winnipegsee eine neue Heimat gefunden. Zäh wird auch dort der geistige Zusammenhang mit dem Mutterlande gewahrt . Isländische Sprache und Dichtung herrschen. Auch die Herzen und Gedanken jener amerikanischen Ansiedler sind, wie es in ihren Liedern heißt, "jenseits der wogenden See".

Der Adel der Seele, die Feinheit und Lebendigkeit der geistigen Anlage befähigt und berechtigt die Isländer; sich noch heute als ein jedem andern ebenbürtiges Mitglied der germanischen Völkerfamilie zu fühlen.

Vorwiegend germanische Dichter haben in die reiche Übersetzungs literatur der Isländer Aufnahme gefunden. Aus England sind von Shakespeare und Byron, aus Dänemark von Solberg und Ohlenschläger, aus Schweden von Bellman und Tegnér, aus Norwegen von Björnson und Ibsen Dichtungen übertragen. Von deutschen Dichtern sind Goethe, Schiller und Heine heimisch geworden. Kenner des Landes behaupten, daß die Isländer für deutsches Dichten und Denken großes Verständnis an den Tag legen.

Eigentümlich berührt es, in der isländischen Literatur ein prächtiges Gedicht über Bismarck anzutreffen. Der Dichter des Liedes rühmt ihn als die mächtige Kraft dieses Jahrhunderts, der sein großes Werk gans allein fürs ganze Geschlecht vollbracht habe. Er vergleicht ihn mit Asathor; wenn dieser nach Osten ins Riesenland fuhr, und mit dem König



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Heidrek aus der altisländischen Saga. Wie dieser mit dem aus dem Grabe eines alten Wikings geholten Schwerte durch wunderbare Taten dessen Geschlecht zu neuem Leben erweckte — dieses Sagenbild wendet er symbolisch auf den Schöpfer des Deutschen Reiches an.

Hier scheint neben der Bewunderung Bismarcks ähnlich die Sehnsucht nach einem großen Mann im eigenen Volk zusprechen wie in der Napoleonverehrung Goethes und Byrons.

Jon Sigurdsson, der diese Hoffnung der Isländer erfüllte, ist der Stolz und die Liebe des ganzen Volkes. Er, auf den die jetzige freiheitlichere Verfassung zurückgeht, lebt im Gedächtnis der Nation als Vaterlandsfreund für immer. Die Tausendjahrfeier aber, wo der wichtigste Schritt zu der heutigen unabhängigeren Stellung der Isländer geschah, lenkt ihren Blick immer wieder zurück auf die Anfänge ihres Volkstums.

Norweger waren es, die 874 zuerst auf der Insel zur Besiedelung landeten. Nur aus der Geschichte der skndinavischen Urheimat sind die Anfänge des isländischen Volkes zu verstehen.


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