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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


18. Das Muttergottes-Bild am Felsen.


Mündlich aus Oberwallis.


Gebr. Grimm, deutsche Sagen.

Im Visperthal an einer schroffen Felsenwand des Rätibergs hinter St. Niklaus stehet hoch oben, den Augen kaum sichtbar, ein kleines Marienbild in Stein. ES stand sonst unten am Weg in einem jetzt leeren Kapellchen, daß die vorbeigehenden Leute davor beten konnten. Einmal aber geschahs, daß ein gottloser Mensch, dessen Wünsche unerhört geblieben waren, Koth nahm und das heilige Bild damit bewarf; es weinte Thränen: als er aber den Frevel wiederholte, da eilte es fort, hoch an die Wand hinauf und wollte sich auf das Flehen der Leute nicht wieder herunter begeben, Den Fels-hinauzuklimmen und es zurückzuholen, war ganz unmöglich; ; eher, dachten die Leute, könnten sie ihm oben vom Gipfel herab nahen, erstiegen den Berg und wollten einen Mann mit starken Stricken umwunden so weit hernieder schweben lassen, bis er vor das Bild käme und es in Empfang nehmen könnte. Allein im Herunterlassen wurde der Strick, woran sie ihn oben festhielten, unten; u immer dünner und dünner, ja als er eben dem Bild nah kam, so dünn wie ein Haar, daß den Menschen eine schreckliche Angst befiel und er hinauflief: sie sollten ihn um Gotteswillen zurückziehen, sonst wär er verloren. Da mußten die Leute von dem Gnadenbild abstehen und bekamen es nimmer wieder.

Das Blutschwitzen und Thränenvergießen der Bilder Christi, der Mutter Gottes und der Heiligen ist durchaus keine neue Erfindung. Im Jahr 622 n. E. R weinte in dem Tempel des Apollo die Statue dieses Gottes vier volle Tage. Seine Thränen deuteten die Priester auf den Untergang Griechenlands, woher die Statue gekommen war. Aehnlich vergoß das Bild der Juno Sospita (Retterin) von Lanuvium, das sich noch heute



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im Vatikan befindet, Thränen im Jahr 570 n. E. R., und Blut schwitzte das Bild Merkurs im Jahr 659 der gleichen Epoche, nicht zu erwähnen einer Unzahl anderer Wunderzeichen, welche die Götterbilder der Alten zum Erstaunen des Volkes und durch die heute noch nicht vergessene Kunst der Priester von sich gaben.
Copyright: arpa, 2015.

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