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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


3. Die Zauberweiber im Walde Sauvanelin.


Schriftlich.


L. Vulliemin, d. Kanton Waat.

In der Nähe von Lausanne ist ein Eichenhain, Sauvabelin genannt. In diesem Hain ist eine lichte Stelle, von der man den Leman überblickt. Vor Zeiten war hier ber Sammelplatz grauenvoller Zauberweiber, in der Landessprache Rortzén genannt, die hier Nachts bei dämmerndem Mondschein ihre schrecklichen Künste übten. Der Anblick dieser Zauberweiber war fürchterlich. Lange schwarze Gewänder umhüllten ihren mächtigen Leib. Der dürre Arm war entblößt, das Antlitz, von giftigen Vipern umzischt, bleich und düster. In der Linken gen sie einen goldenen Zauberstab. Ihr Hauptwerk war die Befragung der Todten, die sich ihren Beschwörungen, bei denen ihre Stimme vom leisen Gemurmel bis zum orkanähnlichen Geheul anschwoll, willig stellten; doch auch die Geister ferner Welten erschienen auf



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ihren Ruf und gaben Antwort auf ihre Fragen. Diese bannten sie, indem sie dreimal mit dem Zauberstabe ihr Haupt umkreisend, mit dreifachem Ring die Scheibe des Mondes umzogen. Nie hat jedoch ein Sterblicher einer solchen Beschwörung beigewohnt, aus der Ferne nur lauschte man angstvoll den Stimmen der Norton, wenn dieselben in Nächten, die dem Zauber geweiht, aus jenem Walde erschollen.

Der Glaube an die Nortzn *) und ihre zauberhaften Handlungen in dem Sauvabelin **) erhielt sich bis zum fünfzehnten Jahrhundert. Offenbar war in ihm die Erinnerung an die Priester und Priesterinen der druidischen Lehre aufbewahrt, welche einst in dem Schatten dieses Waldes ihre Mysterien feierten. Augenblicklich ist jedoch das Andenken an sie in dieser Gestalt aus dem Volte verschwunden , sie sind jetzt zu Hexen (Moteintzas) und Hexenmeistern (Vaudais)***) geworden, die aber ihre Versammlung (Riola) unter dem Vorsitz des Teufels (Anchon) noch immer in jenem Walde halten, ein Glaube, der sich hauptsächlich noch unter den Bewohnern der eine Stunde von Lausanne entfernten Gemeinde le Mont findet, deren lebhafter Geist sich noch manche andere Spuckgestalt vormalt. So berichtet Vulliemin von kopflosen oder gehörnten Männern und von weitzen Frauen, die dort Nachts umherwandeln, von Schatten, welche um die Brunnen irren und in den benachbarten Häusern verschwinden, von einem gespenstischen Kinde, das seines Geschreies wegen der Greiuer (le pliorant) heißt, von einem bösen Geist, der die Kühe mit Stricken zusammenbindet und junge Männer nach dem Walde Sauvabelin entführt und sie zur Theilnahme an den Hexentänzen nöthigt, welche auf den Aesten der Bäume vollzogen werden. Auch auf dem Rasenplätze bei der Kirche zu le Mont sahen hellsehende Leute den Teufel bei Tanz und Schmaus sich lustig machen; im Winter läßt sich wohl auch öfters ein langbeiniger Mann sehen, der schnell über die Sraße und durch den Wald zieht ohne die geringste Spur von Fußtritten auf dem frischen Schnee zurückzulassen. Zahlreich sind auch die am Vieh ausgeübten Hexereien; allein mehrere Bauern wissen genug davon, um sie abzutreiben. (S. Vulliemin, Kanton Wagt, 2. Thl. S 124).
Copyright: arpa, 2015.

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