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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


22. Die Hexenwiese bei Prattelen.


Bruckener, Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel. Mündlich.

Unfern Prattelen ist eine Wiese, die Hexenwiese genannt. Auf dieser Wiese kamen vor Zeiten die Hexen von weit und breit zusammen, selbst von hinter dem Schwarzwald und weit



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aus dem Französischen. Von den Tänzen, die sie hier abgehalten zeigte man noch am Ende des siebzehnten Jahrhunderts die Spuren. Es waren große weite Kreise verdorrten Grases, das unter den Tritten der Hexen versengt und verbrannt. Der Teufel, der an diesen Festlichkeiten ebenfalls Theil nahm, kam gewöhnlich in einer schwarzen Kutsche angefahren. Von dieser Kutsche heißt es, daß sie sich jetzt noch zeigt, aber leer, und sie sei dann der Vorbote eines baldigen Todesfalls, höre man aber nur ihr Gerassel, so bedeute es schlecht Wetter.

Eine Erklärung der sonderbaren Erscheinung kreisförmiger Spuren versengten Grases findet sich schon S. 66. Noch sei erwähnt, daß man die Lösung dieses Räthsels auch in der höhern Luftschicht und zwar in schwefeligen Entzündungen gesucht hat. Bei Lunnern, wo sich ähnliche Kreise auf Wiesen und Feldern vorfanden, entdeckte man unter denselben bei späteren Nachgrabungen nach römischen Alterthümern Fundamente alten Gemäuers, die ebenfalls als Ursache jener Erscheinung betrachtet wurden, indem man annahm, die von dem unterirdischen Mauerwerk zurückprallende Hitze befördere an der einen Stelle das Wachsthum des Grases, während sie an der anderen es verhindere. Als einen anderen Tanzplatz, ebenfalls eigenthümlicher Art, bezeichnen alte Urkunden eine hohe Linde nicht weit von dem Schloße zu Prattelen, unter der man zur Zeit einer Pest von allen Seiten zusammengelaufen sein soll, um unter Tanz und Spiel die Todesfurcht oder den Tod selbst zu vertreiben. "Wirklich, schreibt Sinner, waren gegen Verdickung des Blutes Tanz und Spiel eine nicht übel ausgedachte Kur." Noch sei hier als in den mythischen Theil dieser Sammlung gehörend, einer merkwürdigen Polizeiordnung erwähnt, welche im Jahr 1410 Bernhard von Eptingen feinen damaligen Unterthanen zu Prattelen erließ. Dieselbe lautete: "Wenn ein Mensch des Abends nach der Betstunde einen andern in seinem Hause angreift, ihn schlägt oder verletzt, so soll man ihn als Mörder behandeln . Der Angegriffene hingegen, gesetzt auch, daß er den Angreifer tödtet, wird ledig gesprochen. Nur muß er darthun, daß er die angegriffene Partei sei. Wenn er keine anderen Zeugen aufstellen kann, so bringt er als Zeugen vor den Richterstuhl seinen Hund, seine Katze, seinen Hahn, nebst drei Strohhalmen von seinem Schaubdache, und legt über denselben den Schwur ab *). Sinner bemerkt nicht mit Unrecht, vermuthlich gestand



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man diesen Thieren diese Zeugenschaft in Erinnerung an die ehemaligen Hausgötter zu, an deren Stelle sie jetzt die Bewachung des Hauses und seines Herrn übernommen, theils mag sich jener Gebrauch dadurch erklären , daß man sie zu jener Zeit gewissermaßen als Mitglieder der Familien und mit dem Schicksale derselben verbunden betrachtete.
Copyright: arpa, 2015.

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