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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


6. Karlsstadt's Tod.


Mostrorius p. 22.

In der letzten Predigt, welche Karlsstadt zu Basel hielt, sah er, wie ein großer, schwär er Mann in die Kirche kam und sich neben den Bürgermeister setzte. Beim Ausgange aus der Kirche frug Karlsstadt, wer der Unbekannte gewesen, aber das wußte Keiner ihm zu sagen, denn Keiner hatte den Mann gesehen. Als der Prediger nach Hause kam, erzählte man ihm daselbst, der große, schwarze Mann sei vor, wenigen Augenblicken da gewesen und habe sein jüngstes und geliebtestes Kind bei den Haaren ergriffen und hoch aufgehoben von der Erde, dann gethan, als wolle er es fallen lassen oder niederwerfen g" um ihm den Hals zu brechen, doch zuletzt habe er es wieder auf die Erde geseit und ihm befohlen : "Sage



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deinem Vater, daß ich hinner drei Tagen zurückkomme und daß er sich also bereit halten mag." Karlsstadt erschrack sehr, als er das hörte; er '-legte sich zu Bette und starb drei Tage nachher.

Der Glaube, der Tod erscheine oftmals selbst, um den Sterblichen ihren Todestag zu verkünden, ist eine Ueberlieferung der heidnischen Vors- I. W. Wolf, der; oben stehende Sage mittheilt, fragt mit Recht: "Ist hier nicht der Tod mit Hel verwechselt ?" — Hel war die Sachter des bösen Asen "oke und der Riesin Angerbode, Beherrscherin der neun Welten, die zu dem Reiche Niflheim oder Helheim gehören, Königin aller derer, die nicht auf dem, Schlachtfeld, sondern an Altersschwäche und Krankheit gestorben. Die Skandinavier hatten sich ein gräßliches Bild von ihr entworfen. Offenbar, weil sie nichts Schrecklicheres kannten, als den Tod der Krankheit und Entkräftung zu sterben. Sie erschien ihnen als furchtbare Riesin, mit hrn Farben der Verwesung bekleidet, halb fleischfarben,: halb blau oder schwarz, Menschen fressend, Grauen erregend und in schrecklicher Umgebung. Die spätere, weniger wilde Phantasie hat aus ihr den nicht so fruchtbaren, doch immer noch unheimlichen, Tod verkündenden schwarzen Mann der vorstehenden Sage gemacht. Bei ähnlichen Spuckgestalten, von denen maii in Oberösterreich erzählt, tritt diese Abkunft noch deutlicher hervor, da man, ihr Geschlecht unterscheidend, sie dort noch bezeichnender die einen Todt, die andern Todtin nennt, wie überhaupt die Vorstellung von Tod im deutschen Volksglauben fast durchgängig eine persönliche ist. So kennen wir ihn als Freund Hain, Gevatter Tod, immer aber erscheint er als jenes fleischlose Gerippe, das mit dem 12. Jahrhundert das Bild des Todes zu werden anfing und das, ein Gegenbild zu der lieblichen Gestalt des Todesengels des antiken Alterthums, in seinem grellen Contrast zu den üppig blühenden Leben gewiß nicht wenig zur Entwickelung der Idee von den Todtentänzen beitrug, 'oon denen ein (r der ältesten der von Basel ist, welcher im Jahr, 1438 durch eine Seuche veranlaßt, im Jahre 1443 ausgeführt wars *.)
Copyright: arpa, 2015.

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