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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


5. Der alte Schrank.


Joa. Nideri formicarum de malefic. deception. c. II.

In Basel wohnte nicht lange vor dem zulegt daselbst gehaltenen Concilium ein Mann, der der Zauberei verdächtig war; der hatte eine Tochter, und als er alt zu werden begann, heirathete die in's Haus. Nicht lange nachher erkrankte der Vater, der auch schon ziemlich bei Jahren war, und er sah wohl voraus, daß er nicht mehr genesen werde. Eines Tages nun wies er mit dem Finger auf einen alten Schrank und sprach zu seinem Schwiegersohn und dessen Frau, seiner Tochter : "Lasset den Schrank ruhig stehen, wenn ich sterben sollte, es würde euch sehr gereuen." — Bald darauf starb der Alte. Seine Tochter kümmerte sich nicht viel um des Vaters Warnung wegen des Schrankes, wollte selbst das Haus nicht bewohnen und in ein anderes ziehen, Ihr Mann packte also den Schrank auf den Rücken, um ihn in die neue Wohnung zu tragen, und das ging anfangs Sohl und gut, auch war der Schrank nicht sonderlich schwer; je weiter er aber ging, um so schwerer wurde derselbe, so daß er am Ende seine Frau bitten mußte, ihm helfen; so kamen sie nun mit dem Schrein in das neue Haus. Ob nun die Frau den Schrank daselbst geöffnet hat, oder was damit geschehen ist, das weiß man nicht; so viel ist ader sicher, daß, als sie mit ihrem Kindlein, welches sie gewonnen, in das Haus kam, sie wie wüthend über dessen Wiege herfiel und das Würmchen tödten wollte. Der Mann sprang gass Weise früh genug



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dazu und hielt sie davon holte auch einen Geistlichen, der sie belas. Der Teufel rief aber aus ihr, er werde nicht weichen, ohne sie zu tödten; und so geschah es auch, und sie starb unter dem Belesen. Andern Tags ging der Mann über die Straße und ein Stein fiel oben von einer Dachrinne herab, ihm gerade in's Gesicht, wodurch er so zugerichtet wurde, daß er kaum noch einem Menschen ähnlich sah.

Die Tochter wird vom Teufel besessen, wird wahnsinnig. Das vom Teufel besessen werden der Kinder als Strafe für Nichterfüllung des hinterlassenen, elterlichen Willens trifft man in der Sage öfters an. Das asha des Teufels in den Leib des Menschen und sein schädliches Wirten von Innen nach Außen, das nur durch förmliche Austreibung aufgehoben werden kann, ist jüdischer und christlicher Vorstellungsweise entsprungen. Heidnischer Glaube läßt die Geister nur von aussen her wirken. Im Uebrigen vgl. die Erläuterung zu Nr. 37. S. 77.
Copyright: arpa, 2015.

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