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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


1. Hirt und Teufel.


Mündlich.


Grimm, Mythologie der Deutschen.


J. J. Reithard, Geschichten und Sagen aus der Schweiz.


I.

Ein appenzeller Hirtenbub hütete einst eine Heerde Ziegen. Im Zorn über die wilden, neckischen und unbändigen Thiere, rief er einst: so wollt' ich, daß euch der Teufel hüt ! Sogleich erschien der Teufel und sagte, das wolle er wohl thun, nur dürfe der Hirtenbub das Evangelium Johannis nicht mehr hersagen. Ohne Zögern ging dieser den Pakt ein und der Teufel freute sich schon, so leichten Kaufs eine Menschenseele erhascht zu haben. Diese Freude war aber etwas zu früh, der Teufel war angeführt. Zwar hielt der Hirtenbub sein Versprechen, das Evangelium Johannis nicht mehr herzusagen dafür hat er es aber von jener Stunde an alle Tage einmal gepfiffen, was auf ein und dasselbe herauskam und dem Teufel alle Macht über den Schlaukopf nahm, dessen



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Heerde er von da an hätte hüten müssen, wenn dieser das unchristliche Bündniß nicht bereut und den Bösen nicht davon freigesprochen gehabt hätte.


II

Nicht so gut ging es einem andern Hirten, der einst sein wildes Vieh zum Teufel holen verwünscht hatte. Kaum war dieser gottlose Wunsch über die Lippen des Fluchers, so kam der Teufel in der Luft einhergebraust und stürzte ein paar Stück der schönsten Thiere über die Alpwand. Schon hatte der Teufel wieder ein Stück an den Hörnern, um es den andern zwei nachzusenden, da rief aber der Hirt, der seine Sünde erkannt reuevoll : Herr Gott, ich war im Fehlen ! und bekreuzigte sich dreimal. Diesem Spruche mußte der Teufel weichen, die Alp aber, auf da dies geschah, heißt heute noch Im Fehlen.

Das Zeichen des Kreuzes, Gebet und heilige Sprüche schützen vor der Macht des Teufels, eine hauptsächlich den Katholiken eigene frommgläuhige Vorstellung. So erzählt eine in Oberwallis verbreitete Sage:Ein Hirt wollte Abends spät seine Geliebte besuchen und der Weg führte ihn über die Visper, da wo sie in einer tiefen Felsenschlucht rauscht, worüber nur eine schmale Bretterbrücke hängt. Da sah er, der Chiltbube, was ihm sonst niemals widerfahren war, einen Haufen schwarze Kohlen auf der Brüse liegen, daß sie den Weg versperrten; ihm war dabei nicht recht zu Muthe, doch faßte er sich ein Herz und that einen tüchtigen Sprung, über den tiefen Abgrund von dem einen Ende glücklich bis dem andern. Der Teufel, der aus dem Dampf des zerstobenen Kohlenhaufens auffuhr, rief ihm nach : "Das war Dir gerathen, denn wärest Du zurückgetreten, hätt' ich Dir den Hals umgedreht, und wärst Du auf die Kohlen getreten, so hättest Du unter ihnen versinken und in die Schlucht stürzen müssen." Zum Glück hatte der Hirt, trotz der Gedanken an seine Geliebte, nicht unterlassen, vor dem Kapellchen. der Mutter Gottes hinter St. Niklas, an dem er vorbeikam, wie immer sein Ave zu beten. (Mundlich aus Oberwallis. Gebr. Grimm, deutsche Sagen, B. I S, 276, Vgl. auch Nr. 25 S. 62 dieser Sammlung.)



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Teufelsgeschichten, ähnlich den obigen, finden sich im Kanton Appenzell, wo der Teufel überhaupt noch eine große Molle spielt, viel vor; eben so häufig trifft man auch auf Sagen von Bergmännchen und geisterbewachten Schätzen; besondere charakteristische Züge, die sie von in andern Kantonen vorkommenden Erzählungen gleicher Art unterscheiden, von denen sie fast wörtliche Wiederholungen sind, bieten sie jedoch nicht, daher weitere Anführungen überflüssig; eigenthümlicher ist dagegen der unter den Appenzellern vorkommende Schwur: "Ich will den Rosenkranz dreimal beten, wenn meine Worte nicht wahr find!" ein Beweis , in wie weit sie sich der Macht des Gebetes unterwerfen, sowie der in diesem Kanton herrschende fromme Glaube, daß Kinder, welche sterben, als unschuldige Wesen geraden Weges in den Himmel steigen, daher die Eltern auch nur selten bei den Krankheiten derselben ärztliche Hülfe suchen, an deren Stelle sie Messen und Passionen lesen lassen.Die Alp Fehlen liegt am Säntis.
Copyright: arpa, 2015.

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