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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


29. Blicker von Steinar.


Mitgetheilt aus Bern.

Auf der nicht weit von dem kleinen Städtchen Arbon gelegenen Burg Stemach hauste einst ein edles Rittergeschlecht.



Schw.Sagebuch-287 Flip arpa

Von einem Gliede desselben, das unter dem Namen "Ritter Blicker von Steinach" unter den Dichtern jener Zeit rühmend genannt wird, geht die Sage, daß seine Harfe, mächtiger als die des Orpheus und Arion, im Stande war, die heftigsten Stürme zu beschwören, daß sie schonend über seine alte Heimath und die Burg seiner Väter hinzogen.

Daß Burg Steinach am Bodensee wirklich der Stammsitz des Ritters und Sängers, dessen dichterisches Talent zu der Allegorie obiger Sage Anlaß gab, gewesen, ist noch nicht zur Genüge erwiesen. Mit der Schweiz streitet sich die Pfalz, welche ebenfalls edle Geschlechter dieses Namens zählt, um den Besitz dieses Dichters *). Etwas Bestimmtes für seine Ansprüche vermag jedoch auch dieses Land nicht beizubringen. Beide Geschlechter, sowohl das in der Pfalz als das am Bodensee, führten eine Harfe in ihren Wappen, bei diesem war sie jedoch nach der manessischen Sammlung im pariser Codex golden im blauen und nach dem weingartischen Codex weiß im rothen Felde, bei jenem dagegen war die Harfe schwarz und das Feld golden, eine Aehnlichkeit und Verschiedenheit, die die Lösung der Frage nach der Heimath des Dichters eher erschwert als erleichtert. (S. die Schweiz in ihren Ritterburgen B. II. S. 447.) So ruhmvoll und segnend die Sage des Ritters Blicker von Steinach gedenkt, so wenig Gutes weiß sie von Conrad von Steinach, dem letzten Sprößling dieses Geschlechtes, zu berichten, von dem sie, wie folgt, erzählt:


Der lette Herr von Steinach

lebte als rauher gefühlloser Herrscher auf seiner Burg. Die Unterthanen erschracken, wenn der Zwingherr aus seiner Festung trat; denn ohne Erbarmen züchtigte er die, welche ihm nicht gefielen, oder seinen Befehlen ungehorsam waren, auf das Härteste. Sein Herz verschloß sich vollends, als eine bittere Fehde zwischen ihm und dem Herrn von Wartensee ausbrach ; mit kaltem Blute verbrannte er die Dörfer und Höfe, erschlug er die Leibeigenen und Knechte seines Feindes und ihre Weiber und Kinder.
sin zunge, die die Harfe treit
si hat zwo volle sälikeit
daz sind die wort, daz ist der sin
diu zwei die harfent under in.



Schw.Sagebuch-288 Flip arpa

Der Herr von Wartensee suchte umsonst seinem Gegner beizukommen; bei Tage war derselbe immer wohl bewehrt, wenn er auf die Jagd ritt, und in der Nacht zog er die Fallbrücke auf, schob er gewaltige Riegel vor das Burgthor, wachten blutgierige Hunde hinter den Mauern. Ein Mädchen endlich, das bei dem Herrn von Steinach hausete, wurde von Wartensee gewonnen, daß es, wenn sein Herr zur Mahlzeit an das Fenster sitze, das gegen Wartensee hinaufschaue, ein weißes Tuch hinaushänge. Es geschah; und sogleich flog der Pfeil von der Armbrust des auf der Lauer stehenden Herrn von Wartensee durch das Fenster und durchbohrte Rücken und Brust des Zwingherrn mit solcher Gewalt, daß die Spitze im Tische stecken blieb. Den Blutflecken dieses Mordes löschte auf dem Boden kein Wasser aus.
Der Vater des letzten Herrn von Steinach hieß Heinrich, seine Mutter, Margaretha, war eine geborne von Wartensee. I. I. Pupikofer, dessen Beschreibung der Burg Steinach (die Schweiz in ihren Ritterburgen . B. II. S, 479) vorstehende Sage entlehnt, glaubt nicht mit Unrecht daß dieselbe den Umstand, daß in dem Sohne Margaretha's von Wartensee der Hauptstamm des Geschlechtes von Steinach erlosch, besonders scheint im Auge gehabt zu haben, als sie den letzten dieses Namens durch einen Herrn von Wartensee umkommen ließ.
Copyright: arpa, 2015.

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