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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


27. Die drei Kreuze auf dem Hurderfelde.


A. Henne, Schweiz. Merkur. Jahrg. 1932. S. 21.

Wenn man aus Rappersweil über die berühmte Brücke in das Schweizerdörfchen Hurden, und aus demselben auf das Feld tritt, stehen einsam drei hölzerne Kreuze am Wege. Gewöhnlich sind sie Zeichen, daß man dort in alter Zeit einen die Schweiz besuchenden römischen Kaiser von Obrigkeitswegen bewillkommte. Von diesen will es jedoch die Sage, die bekanntlich ihre eigenen Duellen hat, und die pergamentenen nicht sehr achtet, weil sie jeden Augenblick ihr räuberisch in's uralte Gebiet einfallen, besser wissen. Nach ihr waren einst drei rappertswyler Bursche in weiter Ferne und kehrten eines Abends bei einem alten Mütterchen am Wege ein. Ueber'm Essen redeten sie vom lieben Schweizerland und der freundlichen Halbinselstadt, die sie geboren, und äußerten von Herzen



Schw.Sagebuch-285 Flip arpa

den Wunsch, dort zu sein und die monatlange Reise ersparen zu können, um die alten Eltern schneller zu grüßen. Die Wirthin meinte, da könnte wohl Rath werden, und zauberte die drei Jungen in einen Schlaf. Als sie aus selbem erwachten, wollte eben der Tag aufgehen und sie hörten ein Glöcklein klingen. EI, rief der Eine verwundert aus, wär's nicht so viele Meilen, wie wollt' ich wetten, das sei das Kapuzinerglöckchen und läute zur Morgenmette! — Kaum gesagt, so fanden sie, daß sie sich auf freiem Felde befanden, und sahen die alterdunkeln Thürme des Grafenschlosses über'n See herüberschauen. Erstaunt Sengten sie sich, dankten Gott, kehrten zu den Ihrigen und pflanzten am Orte, wo sie erwacht, die drei Kreuze.

Die so häufig vorkommende Sage von der Erfüllung sehnsüchtiger Wünsche nach kurzem oder längerem Schlaf erklärt sich durch die Traumgesichte, welche dieser Zustand, unserer Seelenthätigkeit im Wachen folgend, als Bilder der Wirklichkeit gebiert. Daß man aber die Wirklichkeit selbst an die Stelle des Traumes treten lassen könne, war eine zauberhafte Handlung, welche schon die Zauber und Zauberinnen griechischen und römischen Alterthums vermittelst gewisser Mittel übten, die besonders lebhafte Träume hervorriefen und deren Kenntniß, wie wir sahen, auch das spätere Hexenthum besaß (s. S. 113-29).
Copyright: arpa, 2015.

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