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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


12. Sage vom Schloß Schwanau.


Bridel, Conservateur suisse.

Auf einer der Inseln des See's von Lauwerz erhebt sich ein in Ruinen zerfallener alter Thurm, die letzten Ueberbleibsel des Schlosses Schwanau. Dieses Schloß war ehemals der Sitz tyrannischer Beamten der Grafen von Habsburg, welche von hier aus, durch Felsen und Wasser geschützt, in der umliegenden Nachbarschaft die größten Gräuelthaten ausübten.

Im Jahre 1308 hatte einer dieser Schloßherrn ein junges Bauernmädchen des Dorfes Art nach seiner Insel entführt , um sie zum Opfer seiner Lüste ;u machen. Er erreichte seinen Zweck, aber nicht ungestraft. Die beiden Brüder der Geraubten lauerten dem schändlichen Entführer bei einem seiner Ausrisse auf, überfielen und erwürgten ihn und warfen ihn dann in den See. Die Rache des Oberherrn fürchtend,



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suchten sie nach vollbrachter That Hülfe bei ihren Nachbarn, den Schwyzern. Diese theilten ihren gerechten Zorn, belagerten mit ihnen das Schloß, nahmen es ein und zerstörten es; seinen mittleren Thurm ließen sie jedoch stehen als ein Denkmal jener Gräuelthat und ihrer Rache, späterer Zeit zum Gedächtniß.

Den Entführer des jungen Mädchens aber verfolgte der Fluch jener Schandthat noch nach dem Tode. In jedem Jahre einmal, an dem Jahrestage des Verbrechens, erzittern um die Stunde der Mitternacht die Ruinen des ehemaligen Zwingherrensitzes unter heftigen Donnerschlägen — entsetzliches Wehgeschrei erfüllt den Thurm — ein junges Mädchen, in einem weißen Kleide, verfolgt, eine Fackel in der Hand, auf dem Firste der Mauer einen Ritter, der ihr ;u entfliehen sucht; sie aber läßt nicht ab, bis er unter schrecklichem Geheul sich in den See stürmt, der 'ihn sofort verschlingt; dann erst verschwindet das Fantom, um im nächsten Jahre den Verfluchten der gleichen Rache zu unterwerfen.

Der Name Schwanau leitet sich nach Einigen von den Schwänen ab, die sich früher auf dem See von Lauwerz aufgehalten haben sollen. Da Schwäne indessen in der Schweiz sehr selten sind, scheint die Annahme Stumpf's, diese Benennung finde, ihren Ursprung in dem Umstand, daß die ehemaligen Herren dieses Schlosses einen Schwanen im Wappen geführt hätten, die richtigere.
Copyright: arpa, 2015.

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