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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


12. Was die hundertjährige Megger-Meili aus Luzern Alles in den Ruinen von Neuhabsburg gesehen hat.

Ein altes Mütterchen, welches Gott mit einem Alter von 100 Jahren gesegnet hatte, und in Luzern und dessen Umgebung noch vor wenigen Jahren unter dem Namen die Megger-meili bekannt war, erzählte von gar wunderbaren Erscheinungen , welche sie in den Ruinen von Neuhabsburg, besonders an gewissen Tagen gehabt haben wollte. Oftmals wenn sie des Morgens frühe oder des Abends in der Dämmerung an ihnen vorbeigegangen oder in einem Kahne auf dem Vierwaldstättersee von dem Burgweidli nach der Angelfluh geschifft



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sei, habe sie stattliche Ritter, oft wie Höflinge mit seidenem Wamms bekleidet, dann wieder in Stahl gehüllt, mit Helm und Schwert gesehen. Im ersten Falle hätten sie ihr von den Ruinen herab freundlich zugenickt, oder ihr wohl gar gewinkt, hinauf ;u kommen; im letzteren dagegen hätten sie mit den Schwertern geklirrt und ihr mit geballten Fäusten und drohenden Geberden zu verstehen gegeben, sie solle sich so schnell als möglich entfernen. Einmal habe sie, nach einer so freundlichen Einladung, es gewagt, die Keine zwischen dem See und der Burg befindliche Wiese zu betreten. Dort habe sie zu nicht wenig Erstaunen und Entzücken gesehen, wie die Ritter mit einem .goldenen Kegelspiel sich ergötzten. Gern hätte sie eine der schön glänzenden Kugeln in ihrer Schürze aufgefangen, allein es sei ihr unmöglich gewesen, indem dieselben ihr Ziel nie überschritten gehabt hätten oder ihr nahe gekommen wären.

An die Ruinen von Neuhabsburg, welche auf der Ramenflue, einem zwischen Luzern und Küßnacht aus dem Vierwaldstättersee steigenden Felsen, liegen, knüpfen sich große historische Erinnerungen. Der Erbauer dieser Burg, welche nach Cysat der Lieblingsaufenthalt Rudolfs von Habsburg war, ist unbekannt *). Die dritte Abtheilung dieses Werkes wird uns nochmals auf sie zurückführen, bei welcher Gelegenheit ein Mehreres von ihr.Die bald zum Kampf gerüsteten, bald mit Sammet und Seide zu Spiel und Tanz auges anan Ritter, mit denen obige Sage Neuhabsburg bevölkert, so wie nicht minder das goldene Kegelspiel, das der Volksglaube an ähnlichen Stellen sich sehr häufig wiederholen läßt **), sind Reminiscenzen heidnischer Vorstellungsweise. Die Ritter sind die



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Einherien Wallhallas, welche an diesem Orte der Freude ihre früheren Gewohnheiten fortsetzen, täglich zum Kampfe ausziehen, sich tödten und Wunden schlagen, nach diesem aber sich wieder beim fröhlichen Mahle am Abend als Freunde versammelt sehen, während die goldenen Kegel an die "goldenen Würfel" erinnern, welche nach der Völuspa "die Götter im Anfang der Zeiten besessen." Diese goldenen Würfel waren aber nichts anderes als die Sterne, eine Deutung, der auch das Kegelspiel unterliegt, und die unter dieser Form sich auf unsere christliche Zeit verpflanzte, wofür ein Bild in der Hauptkirche zu Annaberg, auf welchem die Engel sich mit Kegelschieben beschäftigen, ein sprechendes Zeugniß ist.
Copyright: arpa, 2015.

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